Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

WM-Glotzblog
«Erliechterig?» – Dialekt-Verwirrung bei Manuel Akanji

Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Die Sekunden ziehen sich in die Länge. Zehn, fünfzehn sind vorbei, noch immer steht Manuel Akanji im Glauben da, SRF-Reporter Jeff Baltermia habe ihn gerade gefragt, ob er sich nach einem 1:6 im WM-Achtelfinal erleichtert fühle. «Erniechterig», sagt Baltermia. «Erliechterig?», fragt Akanji. Säuerlich wird die Miene des Schweizer Verteidigers, er ist ein ziemlich cooler Typ, ein begabter Kopfrechner, multipliziert mal eben 22 mit 92 in Sekundenschnelle.

Vom Basler Baltermia weiss der Linguist, dass er die hochalemannischen Umlaute entrundet, dass das «ü» zum «ie», die «Ernüchterig» zur «Erniechterig» wird. Das löst im intuitiven Sprachverständnis des Winterthurers Akanji trotz seiner drei Jahre beim Basler Fussballclub Verwirrung aus, weil man auf seiner Seite dieser Sprachgrenze – eine Isoglosse! – die Vokal-Verdumpfung nicht gewohnt ist. 

Zu den wunderbaren Eigenheiten dieses Landes zählt, dass Akanji und Baltermia 100 Kilometer voneinander entfernt aufwachsen – und trotzdem ganz verschieden sprechen.

Das ist alles schön und recht, aber dafür hat Manuel Akanji in dem Moment nun wirklich keinen Kopf. 1:6, es passte so einiges nicht im Spiel des Jahres für das Schweizer Nationalteam: die taktische Aufstellung, die emotionale Einstellung, die physische Bereitschaft. So viele Gegentore wie zuletzt 1954 an einer WM, damals sprach man im Fernsehen noch konsequent Hochdeutsch.

Und nach all dem soll sich dieser Akanji erleichtert fühlen? «Erliechterig?», fragt er noch einmal, der sich vom Reporter langsam, aber sicher verschaukelt fühlt. Und es ist weder die Schuld des einen noch des andern. 

Während der WM präsentieren wir den «Glotzblog» – denn Sportgrossanlässe sind immer auch Fernsehgrossanlässe. Meinungen, Ratings, Quizzes: Schalten Sie sich zu, wenn wir das Geschehen vom Fernsehsessel aus verfolgen.

Vielmehr zählt es zu den wunderbaren Eigenheiten dieses Landes, dass Akanji und Baltermia derselben Generation angehören, etwa 100 Kilometer voneinander entfernt aufgewachsen sind – und auf diese Ernüchterung trotzdem ganz verschieden hören.

Das Intermezzo zwischen den beiden reiht sich ein in die wunderbaren Missverständnisse der kommunikativ ja nie ganz einfachen Emotionsbewirtschaftung der Sportlerinterviews. 

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

«Isch ’abe gemacht fünf Jahre mehr», sagte Franck Ribéry einst zu seiner Vertragsverlängerung beim FC Bayern München. Es war per se ein Kraftakt, dass ein Franzose sich mitten in München vor 40’000 Leuten auf Deutsch ausdrückt. Insofern ist es nur verständlich, dass Ribéry bei der Meisterfeier mit den Bayern zuvor im Stadion für einen grossen Lacher sorgte. Ob er für ihn mit der Meisterschale einmal in die Kamera jubeln könne, fragte der Reporter. Ribéry, strahlend wie ein Maikäfer, reckte die Schale in die Kamera und sagte: «Jubeeeel.»

In der Zwischenzeit wissen es auch wir, 22 mal 92 ergibt 2024. Da findet die nächste EM statt, in Deutschland, wo man sich kaum je auf Dialekt verständigt. Akanji wird dann fast 30 Jahre alt und bestimmt wieder dabei sein, genauso wie Reporter Baltermia. Vielleicht bekommen sie noch einmal die Gelegenheit, zusammen erleichtert zu sein.