Präsident der PlanungsgruppeEr wird angegriffen wegen Tempo 50 auf der Seestrasse
Die ZPZ habe die Temporeduktion auf der Seestrasse am Stimmvolk vorbeigeschmuggelt, ist zu lesen. Präsident Martin Arnold hat für solche Vorwürfe kein Verständnis.
«Schattenregierung», «fehlende demokratische Legitimation» oder gar «rot-grüner Tarnkappenbomber» – zurzeit prasselt heftige Kritik auf die Zürcher Planungsgruppe Zimmerberg (ZPZ) ein. In Facebook-Gruppen, Leserbriefen und politischen Vorstössen wird die ZPZ zum Thema. FDP, SVP und die Auto-Lobby haben sich wegen der Einführung von Tempo 50 auf weiten Teilen der Seestrasse im Bezirk Horgen auf dieses Gremium, das aus Gemeinderäten des Bezirks Horgen besteht, eingeschossen. Martin Arnold (SVP), Präsident der Planungsgruppe und Gemeindepräsident von Oberrieden, reichts jetzt. Er stellt klar: «Nicht die ZPZ hat entschieden.»
Für die Einführung des neuen Temporegimes zwischen Horgen und Zürich sei die Kantonspolizei Zürich zuständig. Der Antrag, die geltenden Geschwindigkeiten zu überprüfen, kam von der ZPZ, das sei schon richtig, sagt Arnold. Doch habe die ZPZ den Antrag nicht eigenständig beschlossen. «Die Gemeinden brachten den Antrag ein, nachdem die Stadt Zürich auf der Seestrasse Tempo 50 eingeführt hatte» sagt er. Das war 2017.
Oberrieden war dagegen
Die Gemeinderäte von Kilchberg, Rüschlikon und Thalwil hätten sich damals für Tempo 50 ausgesprochen. Horgen, Wädenswil und Richterswil hätten mit Vorbehalt zugestimmt. Ausgerechnet Oberrieden war damals noch dagegen. «An der Versammlung, an der ich zum Präsidenten der ZPZ gewählt wurde, wurde beschlossen, einen Antrag an die Kantonspolizei auszuarbeiten», erklärt Arnold. Er habe dann gesagt, dass sich Oberrieden nicht gegen den Rest des Bezirks wehren werde, wenn überall Tempo 50 eingeführt werde.
Aufklärung bietet auch die Antwort des Regierungsrats auf die kantonsrätliche Anfrage zur Seestrasse. Marcel Suter (SVP, Thalwil), Sandy Bossert (SVP, Wädenswil) und Hans-Peter Brunner (FDP, Horgen) stellten Fragen zur Legitimation der ZPZ und zum Einbezug der Gemeinden in die Frage der Temporeduktion. Der Regierungsrat stellt jetzt klar, dass die Gemeinden sehr wohl in den Entscheidungsprozess involviert waren. Die ZPZ habe alle Gemeinden bereits vor Einreichung ihres Antrags an die Kantonspolizei in die Entscheidungsfindung eingebunden.
Ausführlich diskutiert
Die Kantonspolizei ihrerseits habe nach der verkehrstechnischen Begutachtung der Strecke am 21. Oktober 2020 eine Informationsveranstaltung durchgeführt, zu der Vertretungen aller betroffenen Gemeinden und der ZPZ eingeladen gewesen seien. «Die beabsichtigten Temporeduktionen wurden ausführlich vorgestellt, begründet und diskutiert», heisst es in der Antwort. In der Folge wurde das erarbeitete Konzept bei den Gemeinden einzeln in die Vernehmlassung gegeben.
Auch die Befürchtung, dass die Dorfzentren jetzt mehr Verkehr schlucken müssen, sieht der Regierungsrat nicht als akut an. «Die Gefahr von unerwünschten Verkehrsverlagerungen kann als sehr gering eingestuft werden», schreibt er. Schliesslich befänden sich dort viele Tempo-30-Zonen.
Er macht seinen Job
SVP-Mann Martin Arnold ist genervt, auch weil er zum Teil persönlich angegangen wird. So werfen ihm Leserbriefschreiber oder Facebook-Nutzer vor, in der falschen Partei zu sein und die «Schuld» an der Änderung zu tragen. Arnold sagt, er mache einfach seinen Job als gewählter Präsident der ZPZ. Allein entscheiden könne er gar nichts. Es stimme sicher auch nicht, dass die ZPZ die Änderung «clever am Stimmvolk vorbei eingefädelt» habe, wie ein Facebook-Kommentator meint. Arnold verweist auf den Prozess, der von den Gemeinden angestossen wurde.
Letztlich sei der Antrag bloss ein Vorschlag, so Arnold. Entscheiden kann nur die Kantonspolizei. So hätte sie beispielsweise in der Au Tempo 50 einführen können, obwohl Wädenswil dies nicht will.
Ein müdes Lächeln hat Arnold für den «rot-grünen Tarnkappenbomber» übrig, wie der Stadtzürcher FDP-Kantonsrat Marc Bourgeois die ZPZ bezeichnet. Abgesehen vom Horgner SP-Gemeinderat Joggi Riedtmann und Lorenz Rey (SP, Langnau) seien keine Linken bei den Delegierten und Geschäftsführungsmitgliedern der ZPZ zu finden.
Wie bei der Gurtenpflicht
Er kritisiert zudem die Bezirksparteien von FDP und SVP. Bei wichtigeren Fragen, welche die ZPZ behandle, etwa zum regionalen Richtplan, höre er nie etwas von diesen. Auch die erwähnte Anfrage an den Regierungsrat, die von SVP-und FDP-Kantonsräten eingebracht wurde, wäre seiner Meinung nach nicht nötig gewesen. «Diese Fragen hätten sie auch ihren Parteikollegen in den Gemeinderäten stellen können.»
Die Aufregung über die Temporeduktion kann der Oberriedner Gemeindepräsident nicht nachvollziehen. Sie erinnere ihn an die Zeit, als die Gurtenpflicht in der Schweiz eingeführt worden sei. Einige hätten das damals für den Weltuntergang gehalten. Heute werde diese nicht mehr infrage gestellt. «Die Fahrtzeit zwischen Horgen und Zürich verlängert sich mit Tempo 50 um zwei Minuten. Ich finde es erstaunlich, wie sich gewisse Leute so darüber echauffieren können.»
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