Champions League: PSG gegen BarcelonaKylian Mbappé sitzt jetzt an einem Tisch mit Messi und Ronaldo
Mit 22 schon nahe an den ganz Grossen: Der Wunderstürmer trägt Paris auf seinen Schultern – aber wie lange noch?
Wenn einer so blitzartig aufsteigt wie Kylian Mbappé, der Jungstar von Paris Saint-Germain, und dabei Rekord an Rekord reiht, türmen sich die ganz grossen Momente schnell zu einem unüberschaubaren Stapel.
Mit 18 war er der zweitteuerste Transfer in der Geschichte des Fussballs: Für 180 Millionen Euro wechselte er von Monaco zu PSG. Mit 19 schon wurde er Weltmeister mit Frankreich, und die Franzosen sangen: «Liberté, Égalité, Mbappé.» Mit 21 stand er im Final der Champions League – ohne Fortüne zwar, doch wer hatte im Endspiel schon mit Paris gerechnet?
Nun ist Kylian Mbappé aus Bondy, einer Pariser Banlieue, 22 Jahre alt, und in Frankreich sagt man, er habe gerade die Dimension gewechselt, er sitze jetzt an einem Tisch mit Lionel Messi und Cristiano Ronaldo.
«L‘Équipe» findet gar, Machtübergabe und Generationenwechsel seien bereits passiert: vor zwei Wochen, im Camp Nou zu Barcelona – so etwas wie seine Weihestunde. Mbappé erzielte gegen Barça im Achtelfinal-Hinspiel der Königsklasse drei von vier Pariser Toren zum 4:1 und leistete damit eine ideale Ausgangslage für das Rückspiel am Mittwochabend im Prinzenpark. Möchte man meinen.
Wobei es da eine Vorgeschichte gibt, die wie ein Präzedenzfall über der Begegnung hängt: Februar 2017, Achtelfinal. Paris hatte daheim 4:0 gewonnen und schied dann doch aus, nach einem verrückten Spiel in Barcelona, 1:6. Aber gut, das war vor Mbappé. Und auch vor Neymar – der spielte an jenem memorablen Abend noch für Barça, überragend.
Mbappé flog nun durch das Hinspiel, wie man das nur selten zu sehen bekommt. Ein Bild bleibt haften wie eine Ikone. Man sieht darauf, wie er mit typisch ausladenden Laufschritten Barças Verteidiger Gerard Piqué enteilt, der ihn strauchelnd am Trikot zupft. Überpowert, verzweifelt.
Mbappé hat mit 22 mehr Tore erzielt in der Champions League als Messi und Ronaldo, als die so alt waren – 24 sind es bereits. Und wenn Tore auch nicht alles sind im Leben: Von Mbappé ist überliefert, dass er sich seine persönlichen Statistiken ganz genau anschaut – für vergleichende Studien.
Das Spiel in Barcelona war für ihn auch deshalb so wichtig, weil da Neymar fehlte, sein Sturmpartner und gelegentlicher Rivale im Rennen um Superlative. Ángel Di María war auch nicht dabei, alle Verantwortung lastete auf ihm. Vor dem Spiel soll Mbappé seinen neuen Trainer, den Argentinier Mauricio Pochettino, gefragt haben, wie oft der in seiner Karriere schon im Camp Nou gewonnen habe.
Dazu muss man wissen, dass «Poche» früher lange für Espanyol Barcelona gespielt und den zweiten Verein in der Stadt später auch gecoacht hatte. «Einmal», sagte Pochettino. Darauf Mbappé: «Dann gewinnen wir jetzt ein zweites Mal.» Nach dem Spiel ging er schnurstracks zu Pochettino und sagte mit frischem Übermut, abgemischt mit etwas Hochmut: «Voilà, da hast du den zweiten Sieg.»
Die Hierarchie in Paris gerät ins Wanken
Kylian Mbappé war mal wieder unwiderstehlich schnell, mit und ohne Ball, wie zu guten Zeiten. Eine Rückkehr sozusagen. In der ersten Hälfte der laufenden Saison war das nämlich nicht immer so gewesen. PSG bezahlte wohl für die lange Anstrengung mit dem Finalturnier der Champions League in Lissabon und dem sofortigen Neustart der Ligue 1. Oft wirkte Mbappé gereizt, nur halb anwesend.
Pochettinos Staff soll die Mannschaft nach Thomas Tuchels Entlassung zu Weihnachten dann physisch wieder in Form gebracht haben: mit harten, langen Trainingseinheiten. Das wenigstens erzählt man sich in Paris. Besonders augenfällig ist die Formverbesserung bei Kylian Mbappé.
Es ging also auch ohne Neymar, ohne den Supersuperstar des Vereins. Die Hierarchie in Paris gerät nun ins Wanken, und das ist keine Bagatelle.
Die katarischen Besitzer von PSG sind gerade dabei, ihre zwei wichtigsten Werbeträger davon zu überzeugen, noch eine Weile in Paris zu bleiben – mindestens bis zum Winter 2022, wenn in Katar die WM stattfinden wird. Der Emir will sich auch dann noch damit brüsten können, zwei grosse Namen zu beschäftigen in seinem Pariser Schaufenster. Seit Monaten laufen die Vertragsverhandlungen.
Der Traum von Real
«Ney» möchte wohl bleiben, denn: Wer zahlt schon noch 30 Millionen Euro Jahresgehalt in Europa, netto, nach den Einbussen wegen der Pandemie? Mit Mbappé laufen die Gespräche offenbar etwas harziger. Der wird gelockt und träumt zuweilen von Real Madrid, seinem Lieblingsverein aus der Kindheit. Und ein bisschen auch vom FC Liverpool.
«Ne les quitte pas», titelte L’Équipe neulich, frei nach «Ne me quitte pas», dem berühmten und traurigen Lied des Chansonniers Jacques Brel: Verlass sie nicht. Mit «sie» waren wohl alles und alle gemeint: Paris, die Pariser und PSG. Der junge Mann aus der Banlieue trägt gerade die ganze Stadt auf seinen Schultern, scheinbar unbeschwert.
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