Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Michael Frey bei Schalke 04
Er hat sich den eigenen Namen auf die Brust tätowiert

Noch muss Michael Frey auf sein Premierentor für Schalke warten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Es ist vorbereitet. Als Michael Frey am Sonntag im Heimspiel gegen Köln nach einer Stunde eingewechselt wird, steht es 0:0. Über 60’000 Zuschauer sehnen sich nach einem Tor. Träfe Frey, die Fans würden ihn sofort ins Herz schliessen.

Die Lage des Traditionsclubs, letzten Sommer aufgestiegen, ist prekär. Seit dem 6. Spieltag hat Schalke 04 nur eine Partie gewonnen, aber zehn verloren. Die Königsblauen liegen am Tabellenende. Deshalb haben sie diesen Winter gleich sieben Spieler verpflichtet – darunter den Schweizer Stürmer.

Frey ist einer der Hoffnungsträger. Er soll die harmlose Offensive beleben. Nicht mit technischen Kabinettstücken, diese gehörten nie zu seinen Vorzügen, sondern mit Power, Einsatz, Kampfgeist, Wille, Eigenschaften, die in der Schalker Nordkurve besonders geschätzt werden. Bei seiner Vorstellung stellte Frey klar: «Ich bin einer, der auf alles geht, was sich bewegt.»

Gegen Köln tut er das vergebens, die Partie endet torlos. Nach 3 Einsätzen und 118 Minuten wartet Frey auf seinen Premierentreffer. Aber er hat zumindest angedeutet, eine Verstärkung zu sein. 

Sein Spitzname Michi als Kontrast

Mit 28 Jahren ist er angekommen, wo er hinwollte. Als er vor zehn Jahren für die «Berner Zeitung» einen Fragebogen ausfüllte, kreuzte er bei der Lieblingsliga die Option Bundesliga an. Eine weitere Multiple-Choice-Frage lautete, an wen ihn sein Spielstil erinnere: Thomas Müller, Neymar oder Wayne Rooney? Frey schrieb seinen eigenen Namen hin. 

Frey ist Frey. Was wie eine Plattitüde klingt, trifft es. Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel, der den Stürmer seit dessen Teenagerzeit kennt, formuliert es so: «Er ist eckig, natürlich, roh und manchmal rau – eben nicht so angepasst, wie man es in dieser öffentlichkeitswirksamen Welt schnell wird.»

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

189 Zentimeter gross, kahl geschorener Kopf, Waschbrettbauch, breites Kreuz und den eigenen Namen auf die Brust tätowiert – Frey könnte als Türsteher in Gelsenkirchen durchgehen, sein Spitzname Michi als Kontrast. Er ist auch ein begabter Maler, der seine Bilder für den guten Zweck versteigert. Frey passt in kein Schema. «Er ist authentisch und trägt sein Herz auf der Zunge», sagt Uli Forte, der den Angreifer in Bern und Zürich trainierte. 

Als Frey 2015 von YB zu Lille in die Ligue 1 weitergezogen war und wegen einer Knöchelverletzung ein Jahr ausfiel, wetterte er im Berner Lokalradio über den französischen Clubarzt. «Der Dorfmetzger von Münsingen hätte das genauso gut gemacht», sagte er. Der Dorfmetzger schenkte Frey ein Schoggistängeli. Aber bei Lille war er fortan unerwünscht. Als ihn die Franzosen zum FC Luzern verliehen hatten, sagte er während eines Gesprächs: «Ich kann zehn vernünftige Dinge sagen und etwas, das aneckt. Geschrieben wird dann Letzteres.» Da war er 21-jährig.

Knäbel erzählt, wie er vor über zehn Jahren als Technischer Direktor des Schweizer Fussballverbandes bei der Familie Frey am Tisch sass. Frey bestritt von der U-15 bis zur U-21 fünfzig Länderspiele. In den vergangenen Wochen, als sich die Königsblauen um die Verpflichtung Freys bemühten, trafen sie sich erstmals wieder. Der 56-Jährige sagt: «In so einer Zeitspanne entwickelt man sich natürlich. Michi ist gefestigter, bestimmter und klarer geworden.»

Frey ist auch vorsichtiger geworden. Er ist nicht mehr der überschwängliche, arglose Plau­de­rer. Für Interviews steht er meist nur noch zur Verfügung, wenn er schriftlich antworten kann. Frey sei enorm gereift, findet auch Forte. Die beiden stehen nach wie vor in Kontakt. Der Trainer hätte den Stürmer letzten Sommer gerne zu Arminia Bielefeld geholt. Der Transfer war für den Club aus der 2. Bundesliga jedoch nicht finanzierbar.

Für die «Bild» ist er der «Streit-Schweizer»

Forte hat während seiner kurzen Zeit in Nordrhein-Westfalen ein Gefühl für die Leute in der Region entwickelt. Er glaubt, dass Frey im nahe gelegenen Ruhrgebiet gut ankommen werde, weil es eine «Malochergegend» sei. In Münsingen nannten sie Frey als Kind «Rasenmäherli», da er den Platz wie wild beackerte. Frey passe zu hundert Prozent zu Schalke, ist Knäbel überzeugt. Leidenschaftlich und fussballverrückt sind zwei Adjektive, die ihm zum Stürmer einfallen. 

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Frey spielte für YB, Lille, Luzern, den FC Zürich, für den er beim Cupsieg 2018 im Wankdorf gegen YB das 1:0 erzielte, worauf er Frey-like vor YB-Trainer Adi Hütter jubelte, weil dieser in Bern nicht auf ihn gesetzt hatte. Er wechselte nach Istanbul zu Fenerbahçe, nach Nürnberg in die 2. Bundesliga und von dort nach Belgien. Für Beveren und Royal Antwerpen schoss er in 74 Ligapartien 41 Tore. In einer Liga, die stärker als die Super League ist. 

Frey geht seinen Weg: unbeirrt, ehrgeizig, selbstbewusst. Als Teenager sagte er: «Ich setze mir keine Limiten. Ich will der beste Stürmer der Welt werden.» Länger als zwei Jahre hielt er es nur in Bern aus. Mehrmals waren seine Wechsel von Nebengeräuschen begleitet, wie zuletzt bei Royal. Als ihm Trainer Mark van Bommel wieder einmal einen anderen Stürmer vorgezogen hatte, verschaffte Frey seinem Ärger öffentlich Luft. Kurz darauf war sein Wechsel vollzogen. «Schalke holt Streit-Schweizer», titelte die «Bild».  

Von Yakin ignoriert 

Solche Geschichten haben Frey den Ruf eingebracht, einen schwierigen Charakter zu haben. Jene, die ihn kennen, teilen diese Meinung nicht. Kay Voser, heute SRF-Experte, damals Freys Teamkollege in Zürich, sagt, dieser sei im positiven Sinne ein Spinner gewesen. «Er war emotional, sehr selbstkritisch, hilfsbereit, meistens gut gelaunt. Und er hat enorm hart an sich gearbeitet.» Und Forte sagt, er habe mit Frey zwar oft diskutieren müssen, weil dieser Erklärungen gefordert habe. «Aber mir ist das lieber als ein Spieler, der alles abnickt.»

Frey hat sich einen Ruf geschaffen. Und vielleicht ist dieser Ruf auch der Grund, wieso er – anders als etwa Albian Ajeti oder Cedric Itten – keine Länderspiele bestritten hat. Nationaltrainer Murat Yakin sagte im vergangenen Herbst, als die Voten für Frey wegen dessen Torquote in Belgien immer zahlreicher geworden waren, diesem würden Treffer im Europacup fehlen. Es war eine sonderbare Erklärung. «Michi muss für seine Karriere wahrscheinlich mehr kämpfen als andere», sagt Knäbel. «Ich würde mich sehr für ihn freuen, wenn dieser Kampf mit einem Länderspiel belohnt wird.» Sollte Frey in der Bundesliga regelmässig treffen, würden Yakin die Argumente ausgehen.

Es kann gut kommen mit Schalke und diesem eigenwilligen Stürmer. Es kann im emotional aufgeladenen Abstiegskampf aber auch unschön enden. So ist das mit Frey: Er polarisiert.