EM-QualifikationUpps, sie tun es wieder
Wie schon gegen Rumänien verschenken die Schweizer einen Sieg in der Nachspielzeit. Die Mannschaft hat Mühe, die Spiele bis zuletzt ernst zu nehmen.
Natürlich kann man das Ganze aus einer grösseren, aus einer gesellschaftlichen Perspektive betrachten. Und ja, dann war es vermutlich gar nicht anders möglich, als dass die Schweiz in Kosovo unentschieden spielt. Sozusagen als Beweis der tiefen Verbundenheit dieser beiden Nationen.
Man darf aber auch aus sportlicher Sicht feststellen: Die Schweiz schenkt in Kosovo in der 94. Minute den Sieg her. So, wie sie das schon gegen Rumänien in der 92. Minute getan hat. Es ist offensichtlich: Diese Mannschaft hat Mühe, angesichts der bescheidenen Qualität ihrer Konkurrenten in dieser EM-Qualifikation, bis zum Ende mit der nötigen Ernsthaftigkeit an die Arbeit zu gehen.
Gegen Rumänien sah es noch nach einem Betriebsunfall aus, weil die Schweizer trotz 2:2 die weitaus bessere Mannschaft gestellt hatten. Das Spiel gegen Kosovo ist in dieser Beziehung ein heftiger Rückschritt. Weil die Schweiz über weite Strecken auftritt, als sei ihr jede Bewegung zu viel, als wäre ihr jede Anstrengung eigentlich zuwider.
Ein Auftritt wie bei einem Familienausflug
Es ist ein müder Kick, den sich die beiden Mannschaften liefern. Hier die Kosovaren, offensichtlich verunsichert von einem schwachen Start in die Gruppenspiele. Dort die Schweizer, die nach dem 1:0 durch Remo Freuler in der 14. Minute beschliessen, den Betrieb weitestgehend einzustellen.
Beide Teams wirken so, als wollten sie sich nur bitte nicht gegenseitig wehtun. Und das immerhin passt zu der Stimmung, die am Spieltag in Pristina herrscht. Das alles wirkt wie ein einziger, grosser Familienausflug. Hier ein Auto mit Berner Kennzeichen, dort eine Baslerin oder ein Aargauer. In den Cafés wird Schweizerdeutsch gesprochen, in den Läden und auf der Flaniermeile im Zentrum. Und das unabhängig von der Trikotfarbe. Egal, ob Rot oder Blau – oder auch gerne mal gemischt.
Die Flugpreise zwischen der Schweiz und Kosovo beweisen: Diese Partie wird von vielen genutzt, um ein verlängertes Wochenende in Pristina zu verbringen. Die einen zeigen Freunden erstmals die Stadt. Andere besuchen noch die Verwandtschaft.
Am Vorabend sitzt Ragip Xhaka mit dem Direktor der Nationalmannschaften, Pierluigi Tami, und mit dem Kommunikationschef des Schweizerischen Fussballverbandes in einem lauschigen Garten bei lokalen Spezialitäten. Am Spieltag gibt der Vater des Schweizer Captains der Verbandsspitze eine Sightseeing-Tour durch Pristina.
Natürlich geht es hier offiziell um die Qualifikation zur Europameisterschaft 2024. Aber vom Gefühl her ist das alles sehr zurückgelehnt-freundschaftlich. Ein gemütliches Beisammensein, bei dem irgendwann auch noch ein Fussballspiel stattfindet. Und das unter fast schon stiller Anteilnahme der Fans im Stadion.
Kurz wird es laut, als die Schweizer einlaufen. Granit Xhaka wird begrüsst, er winkt in die Menge. Danach wird auch Xherdan Shaqiri beklatscht. Dann beginnt das Spiel – und das Fadil Vokrri verstummt über weite Strecken.
Die Schweizer hätten es in den Füssen, es gar nie laut werden zu lassen. Aber sie werden genügsam und fahrig. Sie haben vorne keine Chancen und sind hinten unaufmerksam. Immerhin, das 1:1 durch Vedat Muriqi in der 61. Minute schickt den Puls bei ihnen noch einmal etwas in die Höhe. Aber die Erinnerung verblasst gleich wieder nach Remo Freulers Vorarbeit, das zum zweiten Tor in der 79. Minute führt. Sofort nicken die Schweizer wieder weg.
Dabei hatte Granit Xhaka am Tag vor dem Spiel noch angekündigt, er werde gegen das Heimatland seiner Eltern mit nichts weniger als dem Sieg zufrieden sein: «Danach können wir dann zusammen feiern.» Nach dem Schlusspfiff ist er dann aber weniger in Feierlaune. Ein kurzer Besuch in der Schweizer Kurve, ein herzliches Tschüss an die kosovarischen Spieler. Dann verschwindet Xhaka in der Garderobe. Die Ehrenrunde überlässt er dem Heimteam.
Einmal blitzt Shaqiris Genie auf
Und Xherdan Shaqiri? Der musste vor dem Spiel X Tickets für seine vielen Cousinen und Cousins organisieren. Im Spiel wirkt er manchmal, als ob er innerlich noch einmal all ihre Namen durchgehen würde. Einmal, da blitzt sein Genie auf. Bei seinem öffnenden Pass auf Ricardo Rodriguez vor dem Schweizer 2:1. Danach wird er ausgewechselt und sieht von draussen, wie seine Teamkollegen den Vorsprung tatsächlich noch einmal verspielen. Er wirkt gefasst.
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