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Deutsche Fussballkrise
«Ideenlos, verletzlich, dünnhäutig!» Die grosse Häme nach dem Debakel

Germany react after Austria scored thier sides second goal during the international friendly soccer match between Austria and Germany at the Ernst Happel stadium in Vienna, Austria, Tuesday, Nov. 21, 2023. (AP Photo/Matthias Schrader)
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Neuer Trainer, neues Glück? Nicht ganz bei der deutschen Fussball-Nationalmannschaft.

Nach der zweiten Niederlage in Folge und einem schwachen Auftritt gegen Österreich wird das Team um Trainer Julian Nagelsmann in der deutschen Presselandschaft hart kritisiert. «Abbruchstimmung» – so lautet das vernichtende Fazit der «Süddeutschen Zeitung». Und sogleich regt das Blatt die Debatte an, ob Nagelsmann die Mannschaft mit seiner Taktik überfordere.

Diese beinhaltete unter anderem das Experiment den ansonsten als Offensivspieler eingesetzten Arsenal-Spieler Kai Havertz als Neo-Aussenverteidiger. «Linker Schienenbahnjoker», lautet die Namensgebung von Fachportalen für diese neue Position für Havertz, welche das erste Mal in der 2:3-Testspielniederlage gegen die Türkei getestet wurde. Als gewiefter Taktikfuchs ist der 36-jährige Nationaltrainer seit jeher bekannt, doch «ob er die auf der Sinnsuche befindliche DFB-Elf nicht mit überambitioniertem Coaching überfordert», fragt sich nicht nur die «Süddeutsche Zeitung.»

«Vollkommen ideenlos, defensiv zu verletzlich – und dünnhäutig. Der Trend zeigt klar nach unten», so das Fazit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». In der weiteren Analyse heisst es, das Team «wurde von Julian Nagelsmann fehlgelenkt».

VIENNA, AUSTRIA - NOVEMBER 21: Julian Nagelsmann, head coach of Germany reacts during the international friendly match between Austria and Germany at Ernst Happel Stadion on November 21, 2023 in Vienna, Austria. (Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Es ist nicht allzu viel Zuversicht zu sehen im Land des EM-Gastgebers des nächsten Jahres. Zwar startete Nagelsmann mit einem 3:1 gegen die USA in seine neue Aufgabe als Bundestrainer. Es war der zweite Sieg in Serie, nachdem das Team zuvor, noch unter Interimscoach Rudi Völler, gegen Frankreich ein 2:1 feiern konnte. Es waren die einzigen zwei Siege aus den letzten zehn Partien. Für das Land des viermaligen Weltmeisters eine Schmach.

Nagelsmann und die vielen Ausrufezeichen

«Nein! Nein! Nagelsmann! So wird das nichts mit der EM!». Die «Bild» hält sich wie gewohnt kurz. Und findet eines der Probleme im hohen Alter des Teams. «Es ist im Schnitt mit 29 Jahren und 287 Tagen die älteste DFB-Elf seit 2000», lässt das Boulevardblatt ihre Leserinnen und Leser wissen. Ob dies ein schlechtes Omen sein soll, sei dahingestellt.

Deutschland wurde just zwei Jahre später WM-Zweiter. Im Final verlor es damals gegen Brasilien mit dem Doppeltorschützen Ronaldo. Wie hätte jenes Endspiel nur ausgehen können, wenn dem in diesem Turnier ansonsten so überragenden Oliver Kahn vor dem 0:1 der Ball nicht so unglücklich nach vorne abgeprallt wäre? Es ist ein Schwelgen in Erinnerungen, das für jeden deutschen Fussballfan dieser Tage Balsam auf die offene Wunde sein wird.

Das Gegenteil von schmerzlindernd war die Auseinandersetzung des österreichischen Innenverteidigers Phillipp Mwene mit dem deutschen Offensivspieler Leroy Sané, bei welcher der Deutsche seine Nerven verlor und den Österreicher vor den Augen des Schiedsrichters zu Boden schubste.

VIENNA, AUSTRIA - NOVEMBER 21: Leroy Sane of Germany clashes with Phillipp Mwene of Austria during the international friendly match between Austria and Germany at Ernst Happel Stadion on November 21, 2023 in Vienna, Austria. (Photo by Stefan Matzke - sampics/Corbis via Getty Images)

Es war ein weiterer Tiefpunkt eines deutschen Teams, das erstaunlicherweise in Unterzahl noch eine ihrer besseren Phasen der Partie hatte, danach aber doch noch den zweiten Treffer kassierte. Wie könnte es auch anders sein, war es wie beim ersten Tor von Sabitzer, der bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht, mit Christoph Baumgartner von RB Leipzig ein weiterer Bundesligaspieler, der zum Endstand traf.

Es war einmal …

«Eine Mannschaft fällt in sich zusammen», lautet der Titel der Einzelkritiken im «Spiegel». Dieser sieht nichts Positives von Julian Nagelsmanns Team und titelt als ernüchterndes Fazit: «Es war einmal eine stolze Fussballnation.»

Der «Spiegel» beruft sich in seinem Text auf die harten Parallelitäten, die im Fussball zu Tage treten können. Wie auch an diesem Abend im wienerischen Ernst-Happel-Stadion, wo ein Fussball-Schwergewicht taumelt und vom kleinen Bruder im Ring niedergeschlagen wird. Vom österreichischen Nationalteam, das sich souverän für die Europameisterschaft qualifizierte und fast noch den Belgiern den Gruppensieg strittig gemacht hat. 6 Siege, 1 Unentschieden und 1 Niederlage lautete das Ergebnis ihrer EM-Qualifikation. Die heimischen Fans hatten daher ihre liebe Freude an ihrem Team und es ertönte «Oh, wie ist das schön» aus den Weiten des Rund.

Weniger schön ist der Blick in die Zukunft für die Deutschen und ihr Team. Die Arbeit, welche sich vor der Mannschaft inklusive Trainer und der gesamten sportlichen Leitung des Verbands aufbäumt, scheint viele Überstunden mit sich zu bringen, wenn man einem Debakel im eigenen Land aus dem Weg gehen will. Captain Ilkay Gündogan beschreibt die missliche Situation so: «Schlechter kann es gar nicht sein. Vielleicht ist das der einzige positive Aspekt.»

ZDF-Kommentator Oliver Schmidt ordnet die Niederlage wiederum historisch ein: «Nach der Schmach von Cordoba und der Schande von Gijon nun der Schlamassel von Wien.» Und so hofft wohl eine ganze Nation, dass sie vor weiterem Schlamassel verschont bleibt – zumindest doch bis nach der EM.