Demirals WolfsgrussTürkei will vors Sportgericht – Erdogan schaltet sich ein
Der Verteidiger wurde nach seiner Jubelgeste von der Uefa für zwei Spiele gesperrt. Der türkische Verband strebt ein beschleunigtes Verfahren an. Gemäss Uefa-Statuten ist dies aber nicht möglich.
Der türkische Fussballverband TFF zieht einem Medienbericht zufolge gegen die Zwei-Spiele-Sperre gegen Nationalspieler Merih Demiral im Zuge des Wolfsgruss-Jubels vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS. Ein Reporter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft TRT berichtete, der Verband werde beim CAS Berufung einlegen. Es gebe dort ein beschleunigtes Verfahren speziell für die Fussball-EM, mit einer Entscheidung sei wahrscheinlich schon am Freitagabend zu rechnen. Gemäss Artikel 63.1.b der Uefa-Statuten ist ein solches Vorgehen bei einer Sperre bis zu zwei Spielen aber nicht möglich.
Die Uefa hatte den Innenverteidiger Demiral am Freitagmittag für zwei Spiele gesperrt. Damit wird der 26-Jährige im EM-Viertelfinal am Samstag in Berlin gegen die Niederlande fehlen, auch einen mögliches Halbfinal (gegen den Sieger der Partie England – Schweiz) würde er verpassen.
Für das Spiel gegen die Niederlande wird der Besuch von Recep Tayyip Erdogan im Olympiastadion erwartet. «Hoffentlich ist die ganze Sache am Samstag erledigt, wenn wir das Spielfeld als Sieger verlassen und in die nächste Runde aufsteigen», sagte dieser laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.
Der türkische Präsident hält die Kritik an der Geste Demirals offenbar für übertrieben. Der Spieler habe lediglich seine «Begeisterung» gezeigt, sagte Erdogan auch. Zur Entscheidung der Uefa, den Spieler für zwei Partien zu sperren, äusserte er sich zunächst nicht.
Erdogan sagte weiter: «Sagt jemand etwas darüber, dass auf den Trikots der Deutschen ein Adler ist? Sagt jemand etwas darüber, dass auf den Trikots der Franzosen ein Hahn ist und warum sie sich wie Hähne aufspielen?»
«Den Fussballsport in Verruf gebracht»
Gemäss der Uefa habe Demiral habe «die allgemeinen Verhaltensgrundsätze nicht eingehalten, die grundlegenden Regeln des guten Benehmens verletzt, Sportereignisse für Kundgebungen nicht-sportlicher Art genutzt und den Fussballsport in Verruf gebracht.»
Der 26-jährige Demiral hatte beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer in Leipzig mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der «Grauen Wölfe» geformt und damit für viel Empörung gesorgt. Als «Graue Wölfe» werden die Anhänger der rechtsextremistischen «Ülkücü-Bewegung» bezeichnet. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Erdogan.
Wegen des Eklats um die Geste hatte es in den vergangenen Tagen auch auf der politischen Ebene heftigen Wirbel gegeben. Noch bevor sich Erdogan äusserte hatte bereits das türkische Aussenministeriumdie Uefa-Untersuchung gegen Demiral als inakzeptabel bezeichnet.
Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden. Der Wolfsgruss sei in Deutschland zudem nicht verboten und die Reaktionen der deutschen Behörden «ausländerfeindlich». Im Zuge eines erstarkenden Nationalismus haben zuletzt aber auch Vertreter der politischen Mitte den Wolfsgruss genutzt, um etwa Wähler aus nationalistischeren Milieus anzusprechen.
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