Coronavirus und SommerferienEltern dürfen Reiseziele für sich behalten
Die Schule Männedorf verlangt, dass Eltern vorab melden, wenn sie in ein Risikoland reisen. Das sei nicht zulässig, sagt die Datenschützerin. Schulen sollen aber über die Konsequenzen solcher Reisen informieren.
Ganz so unbeschwert wie sonst reist dieses Jahr niemand in die Sommerferien. Vor allem nicht, wenn es ins Ausland geht. Die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) erhobene Liste von Staaten und Gebieten mit erhöhtem Risiko für eine Ansteckung mit dem Coronavirus ist lang. Von Argentinien bis zu den USA umfasst sie aktuell 29 Staaten. Wer in eines dieser Länder reist, muss nach der Rückkehr in die Schweiz für 10 Tage in die Quarantäne. Diese Regelung gilt auch für Kinder.
Kurz vor den Sommerferien wenden sich deshalb die Schulen mit einem Orientierungsschreiben an die Eltern. Darin verweisen sie auf die seit dem 6. Juli geltende BAG-Bestimmung zur Einreise in die Schweiz. Die betroffenen Personen würden bei der Einreise informiert und müssten sich umgehend bei den kantonalen Behörden melden, heisst es im Brief, den die Schule Oberrieden am Dienstag an die Eltern verschickt hat. Sollte ein Kind wegen der Quarantänebestimmungen die Schule oder den Kindergarten nicht besuchen können, müsse die Schule darüber informiert werden. «Wir hoffen, dass die Familien die Ferien so planen, dass möglichst alle Schülerinnen und Schüler regulär ins neue Schuljahr starten können», sagt Schulpräsidentin Verena Reichmuth-Graf (parteilos) .
Kein Homeschooling
Adliswils Schulpräsident Markus Bürgi (FDP) nimmt die Eltern in die Pflicht. «Es liegt grundsätzlich in ihrer Verantwortung, dass eine allfällige Quarantäne nicht in die Unterrichtszeit fällt.» In Adliswil werden die Eltern am Freitag mit dem entsprechenden Schreiben informiert. Der Schulpräsident weist darauf hin, dass es für Kinder, die wegen einer Quarantäne den Schulstart verpassen, kein Homeschooling gebe. «Die Absenz würde wie in einem Krankheitsfall gehandhabt.»
Zu den Orientierungsschreiben an die Eltern hat das kantonale Volksschulamt aufgefordert. In seinem Coronavirus-Update heisst es zudem, dass eine allfällige Absenz wegen Quarantäne rechtlich als entschuldigte Absenz gelte. Schülerinnen und Schüler hätten in dieser Zeit keinen Anspruch auf Fernunterricht. Die Schule sende wie bei einer Krankheitsabsenz Hausaufgaben und Unterrichtsstoff nach Hause.
Männedorf will mehr Kontrolle
Auch im Bezirk Meilen sind die Schulen dem Aufruf des kantonalen Volksschulamts gefolgt. So haben Männedorf und Oetwil die Erziehungsberechtigten am Mittwoch unter dem Titel «Sommerferien und Coronavirus» über die vom BAG verordneten Massnahmen informiert. Sie greifen dafür auf Textbausteine zurück, die das Volksschulamt auf seiner Website publiziert hat. «Sollte Ihr Kind wegen der Quarantänebestimmungen die Schule nach den Sommerferien nicht besuchen können, muss die Schule darüber informiert werden», heisst es da etwa.
Männedorf reicht das nicht aus. «Wir wollen gerne vorher wissen, was Sache ist, und nicht erst hinterher die Überraschung erleben», sagt Schulpräsident Wolfgang Annighöfer (FDP). Man habe die Formulierung deshalb bewusst angepasst. So fordert die Schule Männedorf alle Familien, die in ein Risikoland reisen, auf, unabhängig vom Zeitpunkt der Rückkehr sich bei der Schulleitung zu melden. Bis Donnerstagmittag sind bei Gesamtschulleiterin Beatrice Scherrer noch keine solchen Meldungen eingegangen. Auch sonst habe es bisher keine Reaktionen auf den Elternbrief gegeben.
Gut möglich, dass manch eine Familie davor zurückschreckt, ihre Reisepläne offenzulegen. In Männedorf will man sich deshalb während der Sommerferien beraten, wie mit der Dunkelziffer umgegangen werden soll.
Vorgehen ist «übereifrig»
Gemäss Dominika Blonski, sie ist die kantonale Datenschutzbeauftrage, ist die Schule Männedorf in ihrem Vorgehen etwas «zu übereifrig». «Schulen dürfen nicht verlangen, dass Eltern vorab melden, wenn sie in ein Risikoland reisen.» Ausserdem müssten Eltern auch im Nachhinein nicht offenlegen, welches Risikoland sie bereist hätten. Die Elternbriefe seien vom kantonalen Volksschulamt lediglich als Erinnerung gedacht, und um darauf aufmerksam zu machen, dass während der Quarantänephase kein Anspruch auf Homeschooling bestehe. «Weder die Bildungsdirektion noch das Volksschulamt hegten je die Absicht, Daten zu den Reisezielen der Zürcher Familien zu erheben», hält Blonski fest.
Männedorf sei indes nicht die einzige Gemeinde, die das Wording des Elternbriefs angepasst habe, sagt Blonski. «Uns sind inzwischen einige weitere Fälle bekannt.» Die betroffenen Schulgemeinden würden nun über ihr Fehlverhalten informiert.
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