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Elektro-Pick-up XXL
Ein grosses Stück USA

Eigentlich ist er deutlich zu gross für die Schweiz. Dennoch wird der Ford F-150 Lightning offiziell importiert – wegen seines Elektroantriebs.
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Seit mehr als 40 Jahren ist der Ford F-150 das meistverkaufte Auto der USA. Der riesige Pick-up steht wie kein anderes Auto für den American Way of Drive. Nach europäischen Massstäben ist der 6,29 Meter lange, 2,06 Meter breite und zwei Meter hohe Pick-up zu gross – und dennoch findet man ihn seit Ende letzten Jahres auch bei den Schweizer Ford-Händlern. Das ist recht exklusiv für Europa, denn ausserhalb der Eidgenossenschaft wird der F-150 nur in Norwegen angeboten. Doch natürlich werden nicht die Verbrennerversionen des Pick-ups importiert. «Diese hätte mit ihren grossen Motoren den durchschnittlichen CO₂-Ausstoss viel zu sehr verschlechtert», erklärt der Schweizer Importeur. Doch die neue vollelektrische Variante mit der Bezeichnung Lightning senkt die Durchschnittsemissionen – und deshalb gibt es sie nun auch bei uns.

Die in der Schweiz verkauften Ford F-150 Lightning sind «made in USA» und werden in Dearborn, Michigan, montiert. Die für den europäischen Markt bestimmten Exemplare unterscheiden sich von ihren amerikanischen Kollegen durch eine ganze Reihe technischer Anpassungen, die allerdings nicht in den USA, sondern in Deutschland vorgenommen werden. Nach der Überquerung des Atlantiks werden die Pick-ups ins Electric Vehicle Center von Ford in Köln geschickt, wo sie auf einer kleinen Produktionslinie einer regelrechten Operation unterzogen werden. Der Schnellladeanschluss für die Hochspannungsbatterie wird entfernt, die nordamerikanischen Stecker werden durch europäische CCS-Buchsen ersetzt. Das AC-Ladegerät wird ebenfalls angepasst – in Amerika beträgt die Haushaltsspannung 110 Volt, auf dem alten Kontinent sind es 230 Volt.

Bidirektionales Laden

Aus demselben Grund werden auch alle Steckdosen geändert, die der F-150 auf der Ladefläche und im Fahrgastraum bietet – und das sind fast ein Dutzend. Der F-150 kann bidirektional laden, er versorgt also elektrische Geräte wie Computer, Baumaschinen oder sogar ein anderes Elektrofahrzeug mit einer Leistung von bis zu 2,3 Kilowatt. Das wird Handwerkern gefallen, die Zielgruppe für diese Art von Fahrzeugen sind. Auch die Blinker werden überarbeitet. Nicht nur das Steuermodul und die Glühbirnen sind auf europäische Vorschriften ausgelegt, sondern auch die gesamte Verkabelung. «Das bedeutet, dass die Kabel bis in die Rückspiegel verlegt werden müssen», erklärt Olivier Haeberlin, technischer Berater der Ford Motor Company. Und ergänzt: «Das Radio wird für den Empfang von DAB angepasst, und das erfordert auch eine neue Antenne.» Ausserdem werden die europäischen Sprachdateien auf das Infotainmentsystem heruntergeladen.

Platz in Hülle und Fülle, viel Komfort und eine Verarbeitung auf dem Niveau eines Personenwagens: Im Innenraum mangelt es an nichts.

Sichtbar sind all diese Änderungen nicht. Erkennbar ist die europäische Variante allerdings am Frontschutzbügel. «Dieses Element ist ein exklusives Zubehör des Schweizer Fahrzeugs und dient der Sicherheit von Fussgängern», betont Haeberlin. Ansonsten ist alles mit der in den USA vertriebenen Version mit Standard-Range-Batterie identisch. Das heisst, das Auto verfügt über zwei Elektromotoren, einen pro Achse, die eine kombinierte Leistung von 337 kW (458 PS) generieren. Das ist viel, aber beeindruckender ist das Drehmoment von 1050 Newtonmetern. Damit lassen sich mühelos 3,5 Tonnen Anhängelast ziehen. Der Pick-up hat jedoch nur eine sehr begrenzte Nutzlast: Da er leer bereits 2,9 Tonnen wiegt, beträgt die Zuladung inklusive Insassen nur 600 Kilogramm, da in Europa das Gesamtgewicht von Personenwagen auf 3,5 Tonnen begrenzt ist. Technisch wäre das Fahrzeug in der Lage, 1000 Kilogramm Nutzlast zu transportieren, die in den USA zulässig sind.

Dennoch ist er sehr angenehm zu fahren. Er federt sehr komfortabel und gleitet wie ein luxuriöser SUV über die Strasse. Natürlich ist das hohe Gewicht in den Kurven bemerkbar. Wenn der Sport-Modus aktiviert ist, entwickelt das Heck unvermittelt und ohne Vorwarnung selbst bei eingeschaltetem ESP ein Eigenleben, das den Fahrer herausfordert – da ist Vorsicht geboten. Das hohe Gewicht des F-150 Lightning ist auch auf die grosse Lithium-Ionen-Batterie mit einer Bruttokapazität von 98 kWh zurückzuführen. Die Nutzkapazität liegt bei 91 kWh. Die in den USA erhältliche 131-kWh-Batterie wurde nicht in den Schweizer Katalog aufgenommen, da sie die Nutzlast noch einmal erheblich reduziert hätte. Die angebotene Batterie ermöglicht dennoch eine WLTP-Normreichweite von bis zu 429 Kilometern. Da mit maximal 150 kW geladen werden kann, dauert es rund 40 Minuten, bis die Batterie von 15 auf 80 Prozent aufgeladen ist. Das ist nicht wirklich schnell.

Sehr komfortabel

So gut die Fahreigenschaften insgesamt auch sein mögen, sie können mit den Qualitäten des Innenraums nicht ganz mithalten. Vor allem dessen Geräumigkeit ist beeindruckend. Die Vordersitze sind breit, die Platzverhältnisse sind verschwenderisch. Die Rücksitzbank kann hochgeklappt werden, um grosse Gegenstände einzuladen. Das Ambiente erinnert eher an einen Personenwagen als an ein Nutzfahrzeug. Die Haptik und die Verarbeitung der Materialien sind ausgezeichnet. Ein riesiger, 15,5 Zoll grosser Touchscreen für das Infotainmentsystem mit Apple Carplay und Android Auto und ein Soundsystem von Bang & Olufsen verwöhnen die Passagiere. Und auch die praktischen Aspekte kommen mit einem doppelten Handschuhfach, Ablagen überall, vier grossen Griffen zum Festhalten und einem ausklappbaren Tablet unter der vorderen Armlehne nicht zu kurz.

Ein grosser Vorteil des F-150 mit Elektroantrieb ist sein grosser, 400 Liter fassender Kofferraum unter der Fronthaube, in dem sich Gepäck trocken transportieren lässt.

Ein grosser Vorteil des F-150 mit Elektroantrieb ist sein grosser, 400 Liter fassender Kofferraum unter der Fronthaube, in dem sich Ladegut trocken transportieren lässt. Die Pritsche verfügt über eine ausfahrbare Treppe, die in der Heckklappe integriert ist. 127’000 Franken stellt Ford für die Erfüllung des amerikanischen Traums in Rechnung. Das ist sehr viel im Vergleich, denn die Version Lariat, auf der die Launch-Edition für die Schweiz basiert, kostet in den USA knapp 70’000 Dollar, nach aktuellem Wechselkurs ist er also bei uns also gut doppelt so teuer. Allerdings muss man die Transportkosten und Zölle, die zahlreichen Umbauten in Köln und auch den kleinen Schweizer Markt berücksichtigen. All das bringt letztlich eine geringere Rentabilität für Ford Schweiz mit sich. In den USA wurden bereits über 200’000 Exemplare des Lightning verkauft. In der Schweiz dürften die Verkäufe marginal bleiben.

Dieser Artikel stammt aus der «Automobil Revue» – www.automobilrevue.ch.

Die Pritsche verfügt über eine ausfahrbare Treppe, die in der Heckklappe integriert ist.