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Meinung

Geänderte Nutzungsbedingungen
Einfach nur weg von Whatsapp ist keine Lösung

Die vielen Erben des SMS. 
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BotTalk

«Move fast and break things» (Handle zügig, auch wenn dabei was in die Brüche geht) ist eines der Silicon-Valley-Sprichwörter, die Manager auch hierzulande gern zitieren. Vor allem wenn sie gerade von einer horizonterweiternden Rundreise aus eben diesem Tal zurück sind.

Wie das dann aber im Geschäftsalltag aussehen soll und vor allem gewinnbringend eingesetzt wird, ist eine andere Sache. Zumindest für Ersteres gibt es nun ein weiteres unrühmliches Beispiel: Facebook wollte die neuen Whatsapp-Nutzungsbedingungen im Eilverfahren durchpeitschen – und hat dabei nicht nur beim Publikum viel Goodwill verspielt, sondern auch der Konkurrenz Zulauf beschert. 

Die für sich betrachtet nicht weltbewegenden Änderungen wurden durch eine Verkettung von Ungeschicklichkeiten und Missverständnissen zu einem Kommunikations-Super-GAU. Inzwischen hat Facebook eine Fristerstreckung gewährt. Bis zum 15. Mai kann man sich nun mit der Entscheidung Zeit nehmen. Danach wird die App für Nutzerinnen und Nutzer, die die neuen Bedingungen nicht annehmen, schrittweise unbrauchbar.

Nur ein kleiner Zwischenschritt

Tatsächlich handelt es sich bei den Änderungen nur um einen kleinen Zwischenschritt im grossen Masterplan von Facebook. Der Social-Media-Gigant will alle seine Messenger (Facebook, Instagram und Whatsapp) zusammenführen und besser verketten.

Für dieses neue und aus Sicht von Facebook bessere Produkt ist die Firma offensichtlich gewillt, auch bewährte Dienste umzubauen. Firmenchef Mark Zuckerberg wird auch nachgesagt, dass er weder an Whatsapp noch an Instagram besonders viel Freude hätte. Die Erfolgsdienste seien viel mehr als Mittel zum Zweck und als Schutzmassnahme dazugekauft worden. Kein Wunder sind die ursprünglichen Gründer inzwischen alle gegangen.

Abhängig vom Messenger

Facebooks Bestrebungen sind übrigens nicht neu. So gesehen dürfen die neuen Whatsapp-Nutzungsbedingungen nun auch nicht überraschen. Sie machen nur so deutlich wie noch nie, wie abhängig wir inzwischen alle von unseren Messengern sind.

Messenger sind nicht offen, wie es das Internet ursprünglich mal war. Messenger funktionieren wie Supermärkte. Wenn man sich an die Regeln hält, läuft alles blendend. Wenn man sich daneben benimmt, bekommt man schon mal Hausverbot. Wenn ein geliebtes Produkt aus dem Regal verschwindet, hat man Pech gehabt. Und wenn man lieber ein Produkt der Konkurrenz möchte, sowieso.

Zu welchem Messenger wechseln? Diese Debatte wird mit einem religiösen Eifer geführt.

Wenns einem nicht passt, kann man den Supermarkt und den Messenger wechseln. Freilich ist bei der Messenger-Konkurrenz das Gras auch nicht nur grüner. Die wichtigste Funktion eines Messengers ist sein Publikum. Was das angeht, kann keiner Whatsapp das Wasser reichen. Wer zur Konkurrenz geht, verliert einen Teil seiner Ansprechpartnerinnen und -partner.

Und dann ist da noch die Frage, zu welchem Messenger man denn überhaupt wechseln soll. Diese Debatte wird mit einem religiösen Eifer geführt, wie man ihn im Netz sonst von Zankereien zwischen der Apple- und Android-Fraktion oder von Debatten mit Tesla-Fans kennt.

Threema, Telegram oder Signal?

Für jeden Dienst gibt es Vor- und Nachteile: Telegram hat die meisten Funktionen und das grösste Publikum abseits von Whatsapp. Dafür gehört die App einem etwas mysteriösen Milliardär. Threema ist sehr sicher. Dafür hat es das kleinste Publikum, und die App kostet ein paar Franken. Signal ist sehr sicher und gratis. Dafür muss man zur Nutzung seine Telefonnummer angeben, und die Nutzerschaft ist auch überschaubar. Und das sind nur die drei aktuell prominentesten Messenger.

Wir müssen uns damit abfinden, dass wir uns an die Hausordnungen halten müssen.

Die Frage, wohin man von Whatsapp flüchten will, ist also schwierig. Und ganz ehrlich, sie löst auch das Hauptproblem nicht. Das Problem ist nicht, welchen Messenger man nutzen soll, sondern die Tatsache, dass wir in den letzten zehn Jahren unsere Kommunikation massgeblich in solche in sich geschlossenen Messenger-Silos verlagert haben.

Ja, sie sind bequem, lustig und teilweise sehr sicher. Aber wir müssen uns auch damit abfinden, dass wir uns an die Hausordnungen halten und damit zufrieden sein müssen, was uns die App erlaubt und ermöglicht.

Doch ein Ausweg aus dem Dilemma wäre denkbar. Dazu sind wir Nutzerinnen und Nutzer aber genauso gefragt wie Politikerinnen, Politiker und Behörden.

Öffnen statt zerschlagen

Statt immer wieder mit der Zerschlagung von Grosskonzernen zu drohen oder homöopathische Bussen zu verteilen, wäre eine verordnete offene Schnittstelle zwischen verschiedenen Messengern ein viel sinnvolleres und gewinnbringenderes Projekt für Politiker und Regulierungsbehörden.

Ähnlich wie bei SMS, Emails oder Telefonaten, wäre so ein Austausch über verschiedne Anbieter und Dienste hinweg möglich. Wenn dabei die heutigen Messenger-Silos auf der Strecke blieben, wäre das zur Abwechslung mal ein erfreuliches Beispiel für «move fast and break things».