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Vom Befreier zum Tyrannen
Er ist einer der am meisten gehassten Herrscher in Afrika

Eritreischer Präsident Isayas Afewerki hält eine Rede anlässlich des 32. Unabhängigkeitstags im Asmara-Stadion, Eritrea, am 24. Mai 2023.
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Isayas Afewerki beherrscht ein schmales Reich an den Ufern des Roten Meeres, das manchmal als Nordkorea Afrikas bezeichnet wird: Eritrea. Der asketisch anmutende Diktator mit dem dicken Schnurrbart hat es verstanden, sein Land abzuschotten, wie wenig andere. Damit sichert der 79-Jährige, was ihm seit 32 Jahren am allerwichtigsten zu sein scheint: die eigene Macht.

Widerstand formiert sich im Ausland, in der eritreischen Diaspora. In der Schweiz geraten Gegnerinnen und Unterstützer des Regimes regelmässig aneinander, teilweise mit physischer Gewalt. In Deutschland wiederum veranlasste die Bundesanwaltschaft vor wenigen Tagen eine Grossrazzia gegen mutmassliche Gewalttäter, die unter Terrorverdacht stehen. Ermittler interessieren sich für die Brigade N’Hamedu, ein Netzwerk, dessen Mitglieder sich freilich als Befreier verstehen. Sie wollen einen Unterdrücker stürzen: Isayas Afewerki.

Seit 1993 an der Macht

In den eritreischen Kulturfestivals, die vielerorts in Europa stattfinden, sehen radikale Regimegegner eine Huldigung für den verhassten Diktator, deshalb werden sie attackiert. Umstritten ist, wie sehr sich die Front gegen Afewerki auch aus Tigray speist, jenem Teil Äthiopiens, der kulturell mit Eritrea eng verbunden ist.

Afewerki wuchs in Asmara auf, begann später ein Ingenieurstudium in Äthiopien. Doch noch lieber verschrieb er sich dem Befreiungskampf in seiner Heimat, er kämpfte für die Loslösung Eritreas von Äthiopien. Eritrea war einst italienische Kolonie, später übernahmen die Briten, bevor es schliesslich Äthiopien zugeschlagen wurde. Die Rebellion war zäh und verlustreich, 1993 triumphierten die Aufständischen, Rebellenchef Afewerki rückte an die Spitze des nun unabhängigen Eritrea.

32 Jahre später steuert er das Land mit seinen mehr als drei Millionen Einwohnern noch immer. Mit aller Härte. Gnadenlos.

Afewerkis Repression treibt Hunderttausende Eritreer zur Flucht ins Ausland, der Diktator aber macht sich selbst den verzweifelten Exodus noch zunutze. Er hat lange Arme in andere Staaten aufgebaut, Handlanger des Regimes treiben von Eritreern im Ausland Steuern ein, etwa ein Drittel seines Staatshaushaltes soll Afewerki so bestreiten.

Allerdings ist die Diaspora gespalten. Jene, die schon vor Jahrzehnten, während des Freiheitskampfes, das Land verliessen, stehen dem Regime oft noch nahe. In der jungen Generation blicken viele mit Hass auf den Langzeitdiktator, der Mao als Idol verehrt. Diplomaten haben Afewerki ausgeprägte narzisstische Züge attestiert, ausserdem scheint er von starker Paranoia getrieben zu sein, Feinde sieht er offenbar überall.

Wahlen lässt er nicht zu

Zu Hause zeigt Afewerki keine Skrupel, jeden Widerstand im Keim zu ersticken. In den Gefängnissen Eritreas wird gefoltert, es herrscht bitterste Armut. Und die Eritreer müssen Militärdienst leisten, solange es das Regime verlangt, manche tun das jahrzehntelang. Gerade erst soll Afewerki eine Generalmobilmachung angeordnet haben, die Spannungen mit Äthiopien nehmen wieder zu. Offenbar rechnet der Diktator damit, dass der grosse Nachbar versuchen könnte, sich mit Gewalt Zugang zum Meer zu verschaffen. Seit Eritrea unabhängig ist, besitzt Äthiopien keinen Hafen mehr, was ein gewaltiges Politikum ist.

Afewerki weiss das vergiftete Klima und das Misstrauen zu nutzen. Er braucht das Bild einer anhaltenden Bedrohung von aussen, um seine Position zu festigen. Ob ihm der Widerstand der Diaspora jemals gefährlich wird? Versiegen die Geldströme aus dem Ausland, wäre das ein heftiger Schlag fürs Regime. Vorerst aber deutet nichts darauf hin, dass seine Macht schon bald enden könnte.

Wahlen hat Afewerki nie zugelassen, es gibt kein Parlament. Er ist Regierungschef, Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber in einem. Über Krieg und Frieden entscheidet nur einer. Denn der Staat Eritrea, das ist und bleibt: Isayas Afewerki.