Chinesische RaketenstufeEin unkontrolliertes Raketenteil ist auf Kollisionskurs mit dem Mond
Eine Raketenstufe chinesischer Produktion ist zwischen Erde und Mond ausser Kontrolle geraten. Nun wird sie in Kürze auf dem Erdtrabanten aufschlagen, wie Berechnungen zeigen.
Am 4. März wird erstmals eine Raketestufe unkontrolliert mit dem Mond kollidieren. Das hat Astronomieexperte Bill Gray zuerst berechnet, und Astrophysiker sowie andere Interessierte haben seine Prognose seither bestätigt. Gray berichtete zuerst, dass es sich um ein Teil einer Falcon-9-Rakete von Elon Musks Firma Spacex handle. Das hat sich mittlerweile als falsch herausgestellt, es ist eine Zündstufe 2014-065B einer chinesischen Chang’e 5-T1-Rakete. Gray korrigierte den Fehler selbst. Andere Astronomen betonten, dass die Verwechslung zeige, dass solche Objekte zu wenig überwacht würden.
Noch ist nicht ganz klar, wo genau das Raketen-Modul auf die Oberfläche treffen wird, es wird aber wohl auf der erdabgewandten Seite des Mondes geschehen, in der Nähe des Äquators. Somit sind von hier aus keine Beobachtungen des Einschlags möglich, der für die Wissenschaft sehr interessant wäre, wie Gray sagt.
Denn es ist erst das zweite Mal, dass eine Rakete mit dem Erdtrabanten kollidiert. 2009 liess die Nasa einen ihrer Satelliten zusammen mit einem Teil der Trägerrakete kontrolliert auf den Mond stürzen. Die beiden Einschläge verursachten Krater und wirbelten eine Menge Material auf. Dabei wurde auch gefunden, wonach die Nasa bei ihrem Experiment gesucht hatte: Wasserspuren. Diese Erkenntnis des kontrollierten Aufpralls im Cabeus-Krater ist einer der Gründe, weshalb die Milliardäre Elon Musk, Jeff Bezos oder Richard Branson den Wettlauf zum Mond gestartet haben.
Während die Nasa die Einschlagstelle aber genau und bewusst auswählte, wird die derzeit noch umherirrende Rakete allerdings an einem zufälligen Ort auf den Mond stürzen.
Ursprünglich vermuteten die Hobby-Astronomen und Experten, dass das Modul von einer Nasa-Mission stamme, die mit einer Spacex-Rakete ins All startete. Im Februar 2015 verliess der Klimasatellit Deep Space Climate Observatory DSCOVR mit einer Falcon-9-Rakete die Erde. Um den Satelliten zum 1,5 Millionen Kilometer entfernten Lagrange-Punkt L1 zwischen Erde und Sonne zu bringen, musste die zweite Stufe der Rakete das Nasa-Modul ausserhalb der Atmosphäre auf seine Reise schicken. Diese zweite Raketenstufe hatte danach zu wenig Treibstoff und konnte weder in die Erdatmosphäre gelenkt werden, noch der Schwerkraft von Erde und Mond entkommen, hiess es zuerst. Nun ist aber klar, dass es gar nicht diese Spacex-Raketenstufe, sondern ein chinesisches Modul ist, das auf den Mond stürzen wird.
Der Irrflug des chinesischen Raketenteils wird am 4. März enden. Das mehrere Tonnen schwere Modul wird den Mond mit über 9000 km/h treffen. Das tönt nach viel, allerdings erfolgte der kontrollierte Absturz des Nasa-Satelliten mit ähnlicher Geschwindigkeit. Experten sagen denn auch, dass der Einschlag keine Folgen haben werde, es gebe einen neuen Krater und im besten Fall ein paar neue Erkenntnisse, ansonsten sei es keine grosse Sache.
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Damit überhaupt Daten aus dem Aufprall verwendet werden können, müsste aber einer der beiden Satelliten auf der erdabgewandten Seite den Einschlag filmen oder fotografieren können. Die Mondsonde der Nasa, welche 2009 mit dem Crashtest-Modul gestartet worden war, wird dies machen, wie die Behörde mittlerweile bekannt gab. Es sei eine aufregende Möglichkeit, mehr Wissen zu erhalten.
Umtriebiges Mondjahr 2022
Neben dem unkontrollierten Mond-Crash gibt es dieses Jahr noch einige geplante Missionen im Zusammenhang mit dem Erdtrabanten oder Elon Musks Firma Spacex. Diese fliegt voraussichtlich im Frühling erstmals vier Menschen in privatem Auftrag zur ISS – der Termin wurde nun allerdings schon mehrmals nach hinten verschoben, erst kürzlich vom 28. Februar auf den 31. März. Die Forschenden werden, wenn einmal gestartet, auf der Raumstation acht Tage lang Experimente durchführen können. Weitere solcher privater Missionen sollen ebenfalls noch 2022 folgen.
Im März soll das Space Launch System (SLS) der Nasa erstmals starten. Die riesige, von Boeing hergestellte Trägerrakete wird dann eine Orion-Kapsel auf eine Reise um den Mond senden. Diese Mission wird Artemis 1 genannt und erfolgt ohne Menschen an Bord. Ab 2023 folgen dann Flüge mit Astronautinnen und Astronauten, bis 2025 die Mission Artemis 4 erstmals seit 1972 Menschen auf den Mond bringen soll.
Im Juli 2022 wird eine Falcon-Heavy-Rakete eine Sonde auf den Weg zum Asteroiden Psyche bringen, um diesen zu untersuchen. Der letzte Start einer solchen Schwerlast-Rakete von Elon Musks Spacex datiert aus dem Jahr 2019, nach der Psyche-Mission sollen zwei weitere Einsätze folgen.
Etwas später wird Jeff Bezos erstmals seine neue Rakete New Glenn abheben lassen, benannt nach dem ehemaligen Astronauten und US-Senator John Glenn.
Im September erfahren wir dann schliesslich, wie das Dart-Projekt ausgeht, das letzten November lanciert wurde. Es soll einen Asteroiden aus seiner Bahn befördern, als Test, ob und wie man einen auf die Erde zurasenden Himmelskörper ablenken könnte, so wie das im Film «Armageddon» gemacht wurde.
Korrektur vom 27.1.2022: In einer ersten Version dieses Artikels fehlte ein wichtiges Wort. Der Lagrange-Punkt L1 ist natürlich nicht 1,5 Kilometer von der Erde entfernt, sondern ungefähr 1,5 Millionen Kilometer.
Korrektur vom 15.2.2022: Die Raketenstufe, welche auf den Mond stürzen wird, ist kein Spacex-Teil, sondern stammt aus chinesischer Produktion. Dies wurde am 15. Februar bekannt, die Astronomieexperten haben den Fehler kommuniziert und der Artikel wurde daraufhin entsprechend korrigiert.
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