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Konferenz zu russischen Kriegsverbrechen
Eine Drohung aus Den Haag an Putin

Russische Soldaten töteten bei einem mutmasslichen Massaker im Kiewer Vorort Butscha zahlreiche Zivilisten: Eine internationale Konferenz in Den Haag soll nun zur Aufklärung und Verfolgung der Verbrechen beitragen.
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Ob Wladimir Putin eines Tages die unfreiwillige Reise nach Den Haag antreten wird? Schwierige Frage, sagt der niederländische Aussenminister Wopke Hoekstra in seinem Besprechungszimmer in Den Haag. Die Verfolgung von Kriegsverbrechen sei mit unendlich viel Aufwand und Frust verbunden, aber andererseits: Auch Slobodan Milosevic und Ratko Mladic hätten sich nicht träumen lassen, wegen der serbischen Kriegsverbrechen irgendwann in dieser Stadt zu landen, vor dem Haager Tribunal. «Ich weiss noch, wie die hier ankamen», sagt Hoekstra. «Viele fragten sich: Kann das wirklich wahr sein?»

Den Haag war am Donnerstag Schauplatz einer internationalen Konferenz zur Verfolgung von Kriegsverbrechen in dem von Russland entfachten Krieg in der Ukraine. Hoekstra trat als Gastgeber auf, mit Karim Khan, Chefankläger des hier ansässigen Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), und Didier Reynders, Justiz-Kommissar der Europäischen Union.

Das Ziel der Veranstaltung: Die Ermittler sollen bestmöglich ausgestattet werden und vor allem eine gemeinsame Strategie verfolgen, um Kriegsverbrechen in der Ukraine zu dokumentieren und die Verantwortlichen anklagen zu können. Dazu sollten am Ende auch jene ganz oben in der Befehlskette gehören, findet Hoekstra. «Es war der Kreml, es war Putin, der diesen komplett ungerechten Krieg angefangen hat. Seine Armee begeht schreckliche Kriegsverbrechen

Auch US-Regierung signalisierte Unterstützung

Hoekstra freute sich besonders, dass nicht nur der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski eine Grussbotschaft sandte, sondern auch die US-Regierung Unterstützung signalisierte. Die USA erkennen bekanntlich die Legitimität des IStGH ebenso wie Russland nicht an. Nach Meinung von Hoekstra sollten die Den Haager Ermittler aber, neben der ukrainischen Staatsanwaltschaft, die zentrale Rolle bei den Untersuchungen spielen. Der Strafgerichtshof verfüge über die meiste Erfahrung und sei am besten ausgestattet für solche Fälle.

Die Zuständigkeit des Strafgerichtshofs umfasst im Wesentlichen die Kernverbrechen des Völkerstrafrechts – Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Nur der IStGH könnte, theoretisch, Putin oder Aussenminister Lawrow anklagen, ohne auf die Immunität von Amtsträgern Rücksicht nehmen zu müssen. Jedenfalls ist die internationale Gerichtsbarkeit fest entschlossen; davon zeugen auch Eilentscheidungen beim Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen, ebenfalls in Den Haag angesiedelt, wie auch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Es dürfe am Ende keinesfalls der Eindruck entstehen, dieser Krieg habe sich für Putin «gelohnt». 

Von vielen Tausend möglichen Kriegsverbrechen ist mittlerweile die Rede, am Ende werden wohl nur wenige angeklagt werden können. Man wird sich wohl auf die schweren konzentrieren müssen: Mord, Vergewaltigung, Folter. IStGH-Chefankläger Khan hat das grösste Ermittlerteam in der Geschichte seines Gerichts in die Ukraine entsandt, darunter viele Fachleute aus den Niederlanden. Auch andere Länder ermitteln wegen Kriegsverbrechen, Frankreich zum Beispiel wegen des Todes eines Kriegsreporters.

Die Konferenz in Den Haag wird wohl nicht die letzte ihrer Art gewesen sein. Die internationale Gemeinschaft brauche einen langen Atem, sagt Hoekstra. Die Niederlande fühlen sich besonders in der Pflicht – aus ihrer Tradition der Rechtsstaatlichkeit heraus, so Hoekstra, und wohl auch wegen des Dramas namens MH 17. Am 17. Juli 2014 starben 298 Menschen, die meisten aus den Niederlanden, weil eine mutmasslich russische Rakete eine Maschine der Malaysian Airlines über der Ostukraine zum Absturz brachte.

Hoekstra kann jedenfalls wenig anfangen mit dem Satz des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der Westen dürfe Russland mit Blick auf künftige Verhandlungen nicht «erniedrigen». Keinesfalls, sagt Hoekstra, dürfe am Ende der Eindruck entstehen, dieser Krieg habe sich für Putin «gelohnt».