Ein Sextäter mit besten Kontakten
Der US-Financier soll Dutzende Mädchen missbraucht haben. Dass er bisher ungestraft blieb, liegt auch an Verbindungen, die bis ins Weisse Haus reichen.

Es ist einiges, das im Fall Jeffrey Epstein zusammenkommt. Ein reicher Mann, der sich an minderjährigen Mädchen vergreift, einflussreiche Freunde, die das zumindest ahnen konnten, und eine Justiz, die sich vor elf Jahren auf einen skandalösen Deal einlässt, anstatt den Täter dauerhaft hinter Gitter zu bringen.
Seit dem Wochenende sitzt Epstein in Haft, er wurde festgenommen, nachdem er mit seinem Privatjet aus Paris gelandet war. Am Montag veröffentlichte die New Yorker Staatsanwaltschaft die Anklageschrift gegen ihn – und der Fall zieht bereits Kreise bis ins politische Washington.
Dem 66-jährigen Financier wird vorgeworfen, zwischen 2002 und 2005 einen Sexhandelsring aufgebaut zu haben, mit dem er Dutzende Mädchen missbrauchte. Er lockte sie demnach mit Bargeld in seine Anwesen in Manhattan und in Palm Beach (Florida), wo er sich von ihnen massieren liess und sich an ihnen verging.
Einige der Mädchen seien erst 14 Jahre alt gewesen. In seiner Villa in Manhattan stiessen die Ermittler zudem auf einen Safe, der nach Angaben von Staatsanwalt Geoffrey Berman Nacktfotos von Minderjährigen enthielt. Epstein drohen bei einer Verurteilung bis zu 45 Jahre Gefängnis. Er bestreitet die Vorwürfe.
Der spezielle Deal
Dass Epstein überhaupt noch in Freiheit lebte, verdankt er einem Deal, den seine Anwälte 2008 mit der Staatsanwaltschaft von Florida eingingen. Diese hatte Epstein schon einmal angeklagt, nachdem ihm mehrere junge Frauen sexuellen Missbrauch vorgeworfen hatten. Ein Prozess vor einem Bundesgericht blieb dem Multimillionär aber erspart. Er bekannte sich in dem Vergleich schuldig, Klienten mit minderjährigen Prostituierten versorgt zu haben, und akzeptierte eine Gefängnisstrafe von 13 Monaten. Diese durfte er an sechs Tagen in der Woche in seinem Büro verbringen, in das ihn jeweils ein Chauffeur brachte.
Beim Staatsanwalt, der den Deal damals abgeschlossen hatte, handelt es sich um Alexander Acosta. Er sitzt heute als Arbeitsminister im Kabinett von US-Präsident Donald Trump. Die Zeitung «Miami Herald» hatte bereits vergangenes Jahr aufgedeckt, wie weit Acosta persönlich ging, um den für Epstein äusserst vorteilhaften Vergleich auszuhandeln.
Unter anderem sorgte er auch dafür, dass Epsteins Opfer über den Vergleich erst informiert wurden, als er bereits von einem Richter abgesegnet war, was gegen die Vorschriften verstiess. Im US-Justizministerium läuft deshalb eine Untersuchung. Die Recherchen des «Miami Herald» sind ein Grund dafür, weshalb die New Yorker Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Epstein nun wieder aufnimmt.
Die Demokraten fordern Trumps heutigen Minister zum Rücktritt auf. Dessen Deal mit Epstein sei «gewissenlos», sagte Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses. Der Vergleich habe den Opfern den Rechtsweg versperrt: «Der Präsident wusste das, als er ihn in seine Regierung berief.»
Trump: «Jeffrey geniesst sein Sozialleben»
Trump gehört zu einer Reihe von Prominenten, die Epstein zu seinen Freunden zählte, mit denen er Partys feierte – und die wussten, dass er sich gerne mit jüngeren Mädchen umgab. In einem Porträt über Epstein, das 2002 im «New York Magazine» erschien, sagte Trump: «Ich kenne Jeff seit 15 Jahren. Ein toller Typ. Es ist immer sehr lustig mit ihm. Man sagt sogar, er möge schöne Frauen genauso sehr wie ich, und viele von ihnen sind auf der jüngeren Seite. Kein Zweifel – Jeffrey geniesst sein Sozialleben.»
Gute Kontakte pflegte Epstein, der sein Vermögen als Investmentbanker an der Wall Street machte, auch zu Bill Clinton. Die beiden unternahmen in den 2000er-Jahren mehrere Reisen mit Epsteins Privatjet, die sie unter anderem nach Afrika führten, wo Clinton mit seiner Stiftung tätig war. Der frühere US-Präsident distanzierte sich am Montag von Epstein: Er habe von den schrecklichen Verbrechen Epsteins nichts gewusst. Gut vernetzt sind auch Epsteins Anwälte, die ihn 2007 vor einem Prozess bewahrten. Zu ihnen gehören Kenneth Starr, der frühere Sonderermittler in der Lewinsky-Affäre, sowie der Harvard-Professor Alan Dershowitz.
Selbst in den Medien hatte Epstein mächtige Verbündete. Als die Journalistin Vicky Ward 2003 in der Zeitschrift «Vanity Fair» über Missbrauchsvorwürfe gegen Epstein schreiben wollte, wurde sie von Chefredaktor Graydon Carter gestoppt. «Ich investiere in Leute», sagte Epstein einmal in einem Interview.
Es scheint sich ausbezahlt zu haben – zumindest bis jetzt.
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