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Ein Ölfeld, so gross wie in Saudiarabien
Unesco sieht durch Erdöl-Förderung Okavango-Delta bedroht

Nirgends ist die Dichte der bedrohten Elefanten grösser als im Okavango-Delta in Botswana. 2014 hat die Unesco das grösste Binnendelta der Welt zum Weltnaturerbe erklärt. 
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Eine kleine kanadische Ölfirma wittert das ganz grosse Geschäft im Kavango-Becken im Grenzgebiet von Namibia und Botswana. Recon Africa ist ein Newcomer im Ölgeschäft, Einnahmen hat die in Vancouver kotierte Firma, deren Aktien auch in New York gehandelt werden, noch keine.

Dafür hat sie potenziellen Investoren eine heisse Geschichte schmackhaft gemacht: Im Kavango-Becken lagerten «weit über 100 Milliarden Barrel Erdöl». Das wäre mehr als im bisher grössten bekannten Ölfeld in Saudiarabien. (Lesen Sie mehr zum Projekt hier.)

Einen Geldsegen erwarten auch die Regierungen von Namibia und Botswana, die den Kanadiern die Lizenzen für Versuchsbohrungen erteilt haben.

Die Unesco sieht das anders: Das Welterbekomitee, das rund um den Globus einzigartige Orte mit dem Siegel Weltnaturerbe oder Weltkulturerbe auszeichnet und dann auch die Durchsetzung der Schutzmassnahmen überwacht, macht sich Sorgen. Mit der Erschliessung der vorerst nur vermuteten Ölfelder im Kavango-Becken könnten das Okavango-Delta und die Tsodilo-Hügel verschmutzt werden, wie das Komitee an seiner jüngsten Sitzung festhielt, die am 31. Juli zu Ende ging.

Was die Erdölförderung in Afrika bewirken kann, zeigt sich am Niger-Delta in Nigeria. Das Delta des drittgrössten Flusses in Afrika gehört nach Jahrzehnten der Erdölausbeutung zu den verseuchtesten Gebieten der Erde.

Zwei einmalige Kulturerben sind gefährdet

Das Okavango-Delta ist ein Feuchtgebiet mitten in der Kalahari-Wüste mit einem einzigartigen Reichtum an Tieren und Pflanzen. Die in der Nähe liegenden Tsodilo-Hügel gehören weltweit zu den Stätten mit der höchsten Dichte an Felsmalereien, weshalb die Gegend auch als «Louvre der Wüste» bezeichnet wird. Beide stehen als Weltnatur- respektive Weltkulturerbe unter besonderer Beobachtung.

Das Komitee verlangt von den Regierungen von Botswana und Namibia, dass jeder Schritt bei diesem Ölprojekt «rigoros und kritisch» überprüft werden müsse. Dazu gehöre auch eine Umweltverträglichkeitsbewertung, «die internationalen Standards genügen muss», wie sie die Weltnaturschutzunion IUCN vorschreibe.

Umweltschützer protestierten auch in London vor einer kanadischen Niederlassung gegen die Erdölpläne der kanadischen Firma Recon Africa.

Sowohl das Welterbekomitee wie auch die IUCN stellten bisher «Lücken» bei den Umweltberichten fest. Für die Naturschutzverbände im südlichen Afrika, die seit Bekanntwerden des Projekts Ende letzten Jahres scharfe Kritik an den Ölplänen üben, ist dies eine wichtige Rückenstütze. Obwohl die Testbohrgebiete ausserhalb des Deltas und der Hügel liegen, tangieren diese einen Korridor, der für den Wildwechsel insbesondere der Elefanten von grösster Wichtigkeit ist. Der Korridor ist Teil eines länderübergreifenden Schutzprojektes, in das auch Gelder aus Europa fliessen. Das Delta weist die höchste Dichte an Elefanten auf.

Und das Delta selber wird von Flüssen alimentiert, die durch das potenzielle Erdölerschliessungsgebiet fliessen. Weil Namibia und Botswana kaum und nur in unregelmässigen Abständen Regenfälle haben, kommen den Flüssen aus den nördlichen Anrainerstaaten sowie dem Grundwasser enorme Bedeutung für Mensch, Tier und Flora zu.

Erst ein Whistleblower sorgte für Informationen

Ob die mahnenden Worte ausreichen, steht auf einem anderen Blatt. Die kanadische Firma sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Kritik. In den Prospekten für potenzielle Investoren wurde nicht explizit erwähnt, dass in der Nähe der möglichen Bohrfelder Schutzgebiete von weltweiter Bedeutung liegen. Auch erwähnte die Firma die Möglichkeit, dass die umstrittene Frackingmethode zur Anwendung gelangen könnte. Dabei wird das Öl im Druckverfahren unter Einsatz grosser Wassermengen und Chemikalien aus dem Untergrund gepresst.

Dies und noch anderes wurde publik, weil sich ein Whistleblower an die US-Börsenaufsicht SEC gewendet hatte, weil Recon-Aktien auch in New York gehandelt werden. Der Bericht gelangte auch zum renommierten US-Fachmagazin «National Geographic». Dabei wurde enthüllt, dass die Regierungen der beiden afrikanischen Staaten die Fördermethode Fracking im Bewilligungsverfahren ausdrücklich ausgeschlossen hatten.

Recon Africa musste nachträglich Dutzende weitere Berichte an die SEC einreichen.

Luftaufnahme eines Testbohrlochs in Namibia, wo die kanadische Firma Recon Africa nach Ölvorkommen sucht. 

In späteren Berichten von «National Geographic» beklagten sich Naturschützer in den beiden Ländern, dass die Befürchtungen der Bevölkerung nicht ernst genommen würden. Informationen würden lediglich auf Englisch publiziert, was die meisten Einwohner nicht verstehen. Auch seien Informationsveranstaltungen von Recon immer mal wieder ohne Angabe von Gründen abgesagt worden.