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Ein italienischer Final für saudische Männer

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Sie hatten zwei Varianten: ganz unten anfangen oder gleich oben mitmischen. Sie entschieden sich für die zweite und machten es sich einfach. Und so hiess der Verein Brescia Calcio Femminile quasi über Nacht AC Milan Women. Im Juni gaben die Verantwortlichen der AC Milan den Kauf des Frauenteams von Brescia bekannt. Die Spielerinnen sind noch fast alle da, die Trikots sind rot-schwarz statt blau-weiss, die Heimstätte liegt 80 Kilometer weiter westlich.

Weil Brescia, als es noch Brescia war, zu den besten Teams der Liga gehörte und die Saison 2017/18 hinter Juventus als Zweiter abschloss, ist Milan auf kürzestem Weg zu einer Macht im italienischen Frauenfussball aufgestiegen. Gerade eben gab es einen 8:0-Sieg gegen Bari. Und in Mailand zelebrieren sie ihr neues Baby. Auf den sozialen Kanälen des Clubs bekommen die Frauen ähnlich viel Beachtung wie die Männer, bei der Wahl zum Tor des Monats ist nicht selten eine Spielerin vertreten.

Bei den Männern läuft es weit weniger gut, Milan dümpelt vor sich hin und macht sich das Leben in der Serie A selber schwer. In vier der letzten fünf Spiele schoss die Mannschaft kein Tor. Heute Abend darf sie sich aber wieder einmal wichtig fühlen. Sie darf einen Final bestreiten: die Supercoppa Italiana. Das ist normalerweise das Duell zwischen Meister und Cupsieger. Weil Juventus 2018 aber beide Titel gewann, kommt der Unterlegene des Cupfinals - Milan verlor 0:4 - zur Ehre und darf den Rekordmeister nach Saudiarabien begleiten. Der Final findet um 18.30 Uhr (MEZ) in Jeddah statt.

Alleine gibt es kein Ticket

Die Serie A liess ihre Spieler in der Hinrunde mit roten Strichen an der Wange auflaufen, um auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam zu machen. Und sie gab kürzlich die Konditionen für den Kauf der Tickets bekannt. Die passen so gar nicht zur neuen Stossrichtung des Aussenseiters in diesem Spiel. Denn wer weiblich ist und ein Ticket haben will, muss aufpassen. Frauen dürfen nur in Begleitung zum Spiel kommen. Und müssen im King-Abdullah-Stadion in abgegrenzten Familienzonen sitzen.

Die Kritik an diesem Spiel und dessen Austragungsort war schon lange da. Richtig laut wurde sie aber erst jetzt. Milan-Verteidiger Davide Calabria versah einen Kommentar eines italienischen Journalisten auf Twitter mit einem Like. Der Kommentar war eine Auflistung von Gründen, warum dieses Spiel nicht stattfinden sollte. Matteo Salvini, der umstrittene Innenminister, sagt, es sei «traurig und widerlich», ein Spiel durchzuführen, das Frauen nur in Begleitung von Männern sehen dürfen. Der grosse Milan-Fan sagt auch: «Ich werde das Spiel nicht schauen.» Giorgia Meloni fordert die Absage des Spiels, die Vorsitzende der Partei Fratelli dItalia sagt, das Spiel müsse in einem Land stattfinden, das «Frauen und ihre Werte respektiert».

Mit der Debatte kriegt das Spiel eine ganz neue Aufmerksamkeit. In Italien ist das Interesse daran ansonsten gering, die sportliche Bedeutung ist überschaubar, obwohl es sich um einen Final handelt. Seit 2009 fand die Supercoppa dreimal in Peking und zweimal in Doha statt. Dazu kommen zwei Austragungen in Rom und eine in Mailand. 2001 spielten Juventus und Parma gar in Tripolis, nachdem der damalige libysche Machthaber Moammar al-Quadhafi Anteile des Turiner Clubs gekauft hatte.

Begeisterter Liga-Präsident

Trotz der Kritik wird das Spiel heute angepfiffen. Serie-A-Präsident Gaetano Miccichè bekräftigt, dass das Schaffen von Familienzonen im Stadion eine positive Entwicklung sei. «Die Supercoppa wird in die Geschichte eingehen als das erste internationale Spiel, zu dem Frauen überhaupt zugelassen werden», sagt Micchichè. Und: «Wir arbeiten daran, dass Frauen in den nächsten Partien, die wir in Saudiarabien spielen, überall sitzen dürfen.»

Wenn der Präsident von «nächsten Spielen» spricht, ist das keine Floskel. Er hat im Juni einen Vertrag unterzeichnet, der besagt, dass drei der nächsten fünf Austragungen der Supercoppa in Saudiarabien stattfinden. Die Serie A soll dafür 20 Millionen Euro erhalten haben.