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Nachfolger von Carrie Lam
Ein Hardliner wird Regierungschef in Hongkong

Setzt um, was das Regime in Peking verlangt: John Lee. 
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Pragmatisch und ergebnisorientiert, das sind die Versprechen, die John Lee Ka-chiu für seine Amtszeit macht, sollte er am 8. Mai zum Regierungschef Hongkongs gewählt werden. In der Geschäftswelt dürften die Worte des 64-Jährigen gut ankommen. Nach zwei Jahren Pandemie und rigoroser Abschottung ist das Finanzzentrum schwer angeschlagen.

Doch eigentlich ist es egal, was Lee sagt und verspricht. Der frühere Sicherheitschef hat zwar seine Kandidatur erklärt und verkündet nun täglich allerlei. Einen Wahlkampf gibt es dennoch nicht, nur die Vortäuschung eines demokratischen Prozesses. Lee ist der einzige zugelassene Kandidat. Er hat eine «neue Symphonie» für Hongkong angekündigt und sich als «Dirigent» angeboten. Doch welche Musik in der chinesischen Sonderverwaltungszone spielt, entscheidet Peking.

Die öffentliche Meinung hat die Kommunistische Partei in den vergangenen Jahren zumindest im eingeschränkten Masse bei der Entscheidung beeinflusst, wen sie zu ihrem neuen Statthalter ernennt. Dieses Mal soll es schnell und geräuschlos vonstattengehen, keine lästigen Scheindebatten und vor allem kein Protest. Für Peking gilt allein Stabilität und Sicherheit – oder was es dafür hält.

Verhasste Vorgängerin

Wenn Lee in ein paar Wochen auf die in weiten Teilen der Stadt verhasste Regierungschefin Carrie Lam folgt, übernimmt er einen unmöglichen Posten. Grundsätzlich soll der Regierungschef die Interessen der sieben Millionen Hongkongerinnen und Hongkonger gegenüber der Zentralregierung vertreten, von ihnen gewählt wird er jedoch nicht. Ein mehrheitlich pekingtreues Gremium aus 1500 Personen bestimmt den Posten, damit entscheiden 0,02 Prozent über die Zukunft der Stadt. Eine Grundlage für einen politischen Neustart ist das nicht.

Die Unterstützung Pekings hat sich Lee nicht durch seine Regierungserfahrung erarbeitet oder die Fähigkeit, die zerrissene Stadt zu versöhnen. 35 Jahre seiner Karriere verbrachte er bei der Polizei, bei der er mit 20 Jahren anfing. Danach folgte fast ein Jahrzehnt an der Spitze des Sicherheitsapparats. Erst im vergangenen Jahr kam seine überraschende Ernennung zum Verwaltungschef, der Nummer zwei hinter Lam. Ein Problem sieht Lee in seiner mangelnden Erfahrung nicht. Nur Gott wisse alles, erklärte er.

Noch «feindlicher» gegenüber der demokratischen Bewegung

Der Slogan für seine Amtszeit lautet: ein neues Kapitel gemeinsam für Hongkong; was das genau bedeutet, will er noch nachliefern, sagt er. Pekings Unterstützung lässt erahnen, wie ein Hongkong unter der Führung des Hardliners aussehen könnte. Lee war Sicherheitschef während der Proteste, bei denen die Polizei mit voller Härte gegen Demonstranten vorging und eine Kluft in die Gesellschaft riss. Der Ex-Abgeordnete Nathan Law, der inzwischen nach Grossbritannien geflohen ist, beschreibt Lee als noch «feindlicher» gegenüber der demokratischen Bewegung als frühere Regierungschefs.

Lee war massgeblich an den Plänen für das Auslieferungsabkommen mit Festlandchina beteiligt, das 2019 die Proteste auslöste. Als Demonstrieren in Hongkong noch kein Verbrechen war, gaben die Menschen ihm dort den Spitznamen Pikachu, nach seinem chinesischen Namen Lee Ka-chiu, zum Spott brachten sie Kuscheltiere des gelben Fantasiewesens zu Protesten.

Zu den Ereignissen damals hat Lee eine klare Meinung: Die Regierung habe ihre Verantwortung wahrgenommen, grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen. In den vergangenen zwei Jahren, sagt Lee, habe die Stadt nach Chaos die Wiederherstellung der Ordnung erlebt. Dabei spielte er offenbar auf das Sicherheitsgesetz an, mit dessen Hilfe Peking seit 2020 unter dem Vorwand nationaler Sicherheit gegen die demokratische Opposition, Medien und Aktivisten vorgeht. Die «schweren Gewalttaten, die Unabhängigkeitskräfte und die Einmischung ausländischer Kräfte» bezeichnet Lee als Fakten. Die Geschichte werde ein gerechtes Urteil fällen. Peking hätte es nicht anders formuliert.