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Ein ganzer Schweizer Wald gesperrt

Holz im Überfluss: Wegen des Klimas und der Schädlinge müssen viele Bäume gefällt werden. (Keystone/Gaëtan Bally)
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Bei dieser Nachricht vom vergangenen Donnerstag sind nicht nur die Bewohner der Nordwestschweiz hellhörig geworden. Die Bürgergemeinde Basel ordnete an, den Muttenzer Hardwald ganz sperren zu lassen. Das Verbot wurde ausgesprochen, weil instabile Bäume die Sicherheit der Waldgänger gefährden.

Von abgestorbenen Bäumen können spontan grosse Äste herunterfallen. Dazu braucht es nicht einmal einen heftigen Windstoss oder ein laues Lüftchen. Diese tödliche Gefahr erkennt der Spaziergänger nicht ohne weiteres, und der Hardwald ist, gerade in Hitzeperioden, ein rege genutztes Naherholungsgebiet. So begründeten die Behörden den Entscheid. Die Gründe für den schlechten Zustand des Waldes östlich von Basel sind primär die Trockenheit, aber auch die geologischen-topografischen Besonderheiten des Gebietes.

Ueli Meier, der Leiter des Amtes für Wald beider Basel, erklärte gegenüber der Agentur SDA-Keystone, dass man mit insgesamt 6000 abgestorbenen Bäumen in der gesperrten Gesamtwaldfläche von 260 Hektaren rechne. Diese Dimension mache es nötig, dass alle Beteiligten innert kürzester Zeit über Prioritäten und Vorgehen befinden. Es wurde auch schnell reagiert: Birsfelden BL vermeldete am Freitag, dass alle Baumfällungen im Hardwald auf dem Gemeindegebiet durchgeführt worden seien. Der ungleich grössere Teil des Waldes auf Muttenzer Boden bleibt vorderhand gesperrt.

Ideales Wetter für den Borkenkäfer

Hitzewellen und längere Trockenperioden in den letzten beiden Jahren, aber auch das Sturmtief Burglind Anfang 2018 sowie die Rückkehr des gefrässigen Borkenkäfers – all diese Vorkommnisse setzen dem Wald zu. Peter Piller, Co-Präsident des Verbandes Schweizer Försterpersonal und selbst Förster in Rüschegg BE, redete Klartext zum Zustand der Schweizer Waldes. Die hohen Temperaturen seien sehr schlimm, erklärte er in der Sendung «Samstagsrundschau» von Radio SRF. «Der Borkenkäfer konnte sich wegen der Hitze intensiv fortpflanzen und befällt auch junge Bäume.» Nicht der ganze Wald sei krank, aber zahlreiche Baumarten. Dazu gehören Buche, Fichte, Esche, Ulme, Tanne, aber auch der Ahorn, der wegen eines Pilzbefalls leide. «Das sind viele Baumarten, die Probleme haben. Und das macht mir grosse Sorgen.»

Piller will die Situation weder dramatisieren noch verharmlosen. Den Gesundheitszustand des Schweizer Waldes bezeichnete er im Radio-Interview auf einer Skala zwischen eins und zehn mit «sechs bis sieben. Aber ich hoffe, dass kühleres Wetter und Niederschläge in der nächsten Zeit das heisse Wetter ablösen. Denn wenn es mit Temperaturen um die 37 Grad weitergeht, können wir beispielsweise die Fichte in gewissen Regionen nicht mehr länger halten.»

Wohin mit dem vielen Holz?

Wie das Beispiel Muttenzer Wald beweist, muss viel Holz im Schweizer Wald gefällt werden. Das habe Auswirkungen auf den Holzpreis, was die Waldbesitzer deutlich zu spüren bekommen, meinte Piller. Der Preis falle bis zu einem Drittel, gleichzeitig käme immer mehr billiges Importholz in die Schweiz. «Aber das grösste Problem ist die Frage: Wohin mit dem vielen Holz?» Schliesslich wolle man dem Borkenkäfer nicht mehr Nahrung geben, sondern ihn bekämpfen.

Der Wald ist ein exzellenter CO2-Speicher. Ein Zukunftsszenario könnte sein, dass Waldbesitzer für ihre Bemühungen um die Erhaltung des Waldes durch Firmen, die für einen hohen CO2 verantwortlich sind, finanziell entschädigt werden. Er fände das eine gute Sache, auch wenn beispielsweise der WWF dagegen sei. Auch sieht er in der Umgestaltung durch andere Baumarten eine Lösung im Kampf gegen Schädlinge und die Klimaerwärmung. Ein nationales Forschungsprogramm laufe. Es dauere allerdings Jahrzehnte, bis eine Diversifikation im Wald gelungen sei.

Begleiten und pflegen

Piller und sein Verband hoffen in ihrem Kampf auf mehr finanzielle Unterstützung der öffentlichen Hand, aber auch auf mehr Support durch die Politik. «Wir erwarten alle vom Wald, dass er viele Funktionen erfüllt.» Also müsse man auch einiges dafür tun. Piller sagte das, worin ihm Naturliebhaber bestimmt beipflichten: «Es geht mir besser, wenn ich im Wald bin.» Einer der obersten Förster des Landes erinnerte zudem daran, dass der Wald in den Bergen eine grosse Schutzfunktion ausübt.

Der leidenschaftliche Förster blickt dennoch mit Optimismus in die Zukunft. Er sei zuversichtlich, dass der Wald auch in 20 bis 30 Jahren noch so vielseitig sein wird. «Aber wir müssen ihn begleiten und pflegen. Sonst kann er nicht mehr all seine Aufgaben wahrnehmen.»