Ein Fall von Kindsmissbrauch
Im neuen Dortmunder «Tatort» wird ein Mädchen zum Verkauf angeboten – und damit auch die Geschichte.
Die Versteigerung im Internet läuft, angepriesen wird eine Sechsjährige. Kaum vorstellbar, was der Meistbietende mit ihr alles anstellen wird. Sie ist die Tochter eines Polizisten, der eine Junkie-Frau hat. Dieser wurde Heroin verabreicht, um der Kleinen habhaft zu werden. Der Entführer hat eine einzige Forderung: Das Mädchen wird freigelassen, sobald Hauptkommissar Faber Selbstmord begeht.
Effekthascherischer kann Spannung kaum erzeugt werden. Zumal in den ersten Minuten noch eine junge Mörderin auftaucht, deren dekorativ blutverschmiertes Gesicht mehrmals in Grossaufnahme zu sehen ist. Das Besondere aber an dieser Dortmunder Folge: Regisseur Torsten C. Fischer inszeniert das Drehbuch von Jürgen Werner – beides sind «Tatort»-Routiniers – sozusagen gegen den Strich. Über weite Strecken ist der Film mit dem Titel «Monster» nämlich ein Psychoduell.
Die Gewalt im Kopf der Zusehenden
Hintergrund ist, wie fast immer in Dortmund, die Vergangenheit von Hauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann), der ja selber psychisch angeschlagen ist, weil er Frau und Tochter bei einem Autounfall verloren hat. Sein ewiger Feind Markus Graf (Florian Bartholomäi) taucht wieder einmal leibhaftig auf und steckt natürlich auch hinter der Entführung. Aber wenn Faber das mit seinem gewohnten Zynismus überspielen will, sagt ihm seine Kollegin Bönisch (Anna Schudt) sofort, er solle damit aufhören: «Ich kotze Ihnen sonst gleich vor die Füsse.»
Harte Kost also, aber mit Fingerspitzengefühl inszeniert. Die Gewalt spielt sich hauptsächlich im Kopf der Zusehenden ab. Höhepunkte sind die Rededuelle: Diejenigen zwischen Faber und Bönisch, die sich in gewohnter Art in Täter und Opfer versetzen, um in einer Art Rollenspiel der Wahrheit näherzukommen. Aber auch diejenigen im Verhörraum zwischen Faber und der Mörderin (Luisa-Céline Gaffron), die sich ebenfalls als Opfer entpuppt.
Das dritte Duell zwischen Graf (Florian Bartholomäi, links) und Faber (Jörg Hartmann).
Gegen Ende fällt der Satz: «Sie versuchen, wie alle anderen zu verdrängen, dass es so etwas tatsächlich gibt.» Er tönt wie eine Rechtfertigung für diesen Kindsmissbrauchs-«Tatort». Diese braucht es bei einer sorgfältigen Umsetzung eigentlich nicht. Aber die ganze Geschichte wirkt, in ihrer Verquickung mit Fabers Vergangenheit, letztlich doch ziemlich herbeikonstruiert.
Gut deshalb, dass der ganz, ganz Böse aus Fabers Leben dieses Mal endgültig zur Strecke gebracht wird. Obwohl natürlich klar ist: Dem mürrischen Hauptkommissar wird es auch in den zukünftigen Folgen nicht besser gehen.
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