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Mutmassliche Anschläge auf Mädchenschulen
Dutzende Schülerinnen nach Vergiftungen ins Spital eingeliefert

Schülerinnen einer Mädchenschule in Teheran. (Archiv)
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Mehr als fünf Monate nach Beginn der regierungskritischen Proteste im Iran sind dutzende Schülerinnen in der Stadt Pardis nahe Teheran aufgrund mutmasslicher Vergiftungen ins Spital eingeliefert worden. Es seien am Dienstag «etliche Schülerinnen in der Chajjam-Mädchenschule in der Stadt Pardis in der Provinz Teheran vergiftet» worden, meldete die Nachrichtenagentur Tasnim. 35 Mädchen wurden demnach im Spital versorgt. In den vergangenen drei Monaten hatte es Medienberichten zufolge immer wieder ähnliche Fälle gegeben.

Die ersten Vorfälle wurden demnach bereits im November gemeldet – als die landesweiten Proteste gegen die Führung in Teheran im vollen Gange waren. Die Proteste waren durch den Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden, die am 16. September starb, nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstosses gegen die strikte Kleiderordnung festgenommen hatte.

Seit November wurden hunderte Fälle von Atemnot bei Schülerinnen in mindestens zwei anderen Städten gemeldet, darunter in der Stadt Ghom. Zuletzt waren Schülerinnen einer Mädchenschule in Borudscherd nach einem weiteren rätselhaften Vergiftungsvorfall am Sonntag ins Spital eingeliefert worden – dem vierten in der westiranischen Stadt innerhalb einer Woche.

Am Mittwoch hat sich dann Präsident Ebrahim Raisi eingeschaltet. Über seine Website gab er bekannt, dass Innenminister Ahmad Vahidi von nun an fortlaufend über den Ermittlungsstand zu den mysteriösen Vorfällen informieren werde. Er habe Vahidi damit betraut, «um die Ängste der Angehörigen zu besänftigen», hiess es.

Ein Fall fürs Parlament

Am Dienstag beriet das Parlament in einer Sitzung über die Vergiftungsfälle. Daran nahm laut der Nachrichtenagentur Irna auch der iranische Gesundheitsminister Bahram Ejnollahi teil. Irna zitierte den Parlamentspräsidenten Mohammad Bagher Ghalibaf mit den Worten, sowohl in Ghom als auch in Borudscherd habe man es mit «Vergiftungen von Schülerinnen zu tun».

Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar bedauerte am Dienstag die «Wiederholung des Verbrechens der Vergiftung von Mädchen». Sie forderte die Behörden auf, «den frauenfeindlichen Fanatikern ein für alle Mal ein Ende zu setzen».

Die mutmasslichen Vergiftungen würden untersucht, sagte der iranische Polizeichef Ahmed-Resa Radan am Dienstag der Nachrichtenagentur Tasnim. Es sei die Priorität der Polizei, den Ursachen auf den Grund zu gehen, sagte er. «Bis dahin werden wir nicht beurteilen, ob es sich um eine vorsätzliche Tat handelt oder nicht.» Bislang sei niemand verhaftet worden, es würden aber Verdächtige identifiziert.

Ein Regierungsvertreter hatte zuvor gesagt, dass mit den mutmasslich vorsätzlichen Angriffen vermutlich die Schliessung von Mädchenschulen erzwungen werden solle. Der stellvertretende Gesundheitsminister Junes Panahi sagte laut Irna, nach den Vergiftungsfällen in Ghom sei festgestellt worden, «dass einige Leute wollten, dass alle Schulen, insbesondere die Mädchenschulen, geschlossen werden».

Empörte Eltern

Eltern und Aktivisten reagierten empört auf die Vergiftungen. Aktivisten verglichen die dafür Verantwortlichen mit den radikalislamischen Taliban in Afghanistan und der Dschihadistenmiliz Boko Haram in Nigeria, die Bildung für Mädchen grundsätzlich ablehnen.

Mitte Februar hatten Eltern laut Medienberichten bei einer Demonstration vor dem Gouverneursamt in Ghom eine Erklärung von den Behörden gefordert. Daraufhin erklärte Regierungssprecher Ali Bahadori Dschahromi, der Geheimdienst und das Bildungsministerium seien dabei, die Ursachen für die Vergiftungen zu ermitteln. Vergangene Woche ordnete dann Generalstaatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri eine gerichtliche Untersuchung an.

AFP