So schlecht wie seit 1984 nicht mehrDrastischer Einbruch bei britischer Autoindustrie
Die Coronavirus-Pandemie und der Brexit haben der britischen Automobilindustrie im vergangenen Jahr heftig zugesetzt. Beim globalen Absatz wurde Volkswagen von seinem japanischen Rivalen Toyota überholt.
Die Produktion fiel im Vergleich zum Vorjahr um 29,3 Prozent, wie der Branchenverband SMMT (Society of Motor Manufacturers and Traders) am Donnerstag mitteilte. Rund 920'000 Fahrzeuge rollten 2020 im vereinigten Königreich vom Band. Das ist der niedrigste Wert seit 1984.
Der starke Rückgang gehe zum grossen Teil auf die global gesunkene Nachfrage durch die Coronavirus-Pandemie zurück, sagte SMMT-Chef Mike Hawes bei einer Online-Pressekonferenz. Die britische Automobilbranche ist stark vom Export anhängig. Mehr als 80 Prozent der in dem Land gefertigten Autos gehen ins Ausland, über die Hälfte davon in die EU.
Die Ausfuhren in EU-Mitgliedstaaten brachen um mehr als 30 Prozent ein. Ähnlich steil bergab ging es bei den Exporten in die USA. In die von der Pandemie weniger stark betroffenen Länder China, Südkorea und Taiwan wurde hingegen mehr exportiert als im Jahr davor.
Ferien als Lösung
Viele Fabriken standen im vergangenen Frühjahr mehrere Wochen lang still. Mehrere Hersteller verlängerten zudem ihre Werksferien um den Jahreswechsel, um Schwierigkeiten durch die Veränderungen im Handel mit der EU nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase abzufedern.
Hawes widersprach dem britischen Premier Boris Johnson, der Berichte über Probleme an den Grenzen durch Zollformalitäten und Kontrollen zur Lebensmittelsicherheit als Kinderkrankheiten abgetan hatte. «Wir sehen Reibung an der Grenze. Das bringt die Produktion nicht zum Stillstand, aber es übt eine Menge Druck aus», so Hawes. Einige Hersteller seien auf Zulieferung per Luftfracht angewiesen, um die Fliessbänder am Laufen zu halten. Der zusätzliche Aufwand gehe über Kinderkrankheiten hinaus. «Das ist die neue Realität, die Branche muss sich daran anpassen.»
Positiv am zwischen Brüssel und London geschlossenen Handels- und Kooperationsabkommen sei, dass eine Übergangsphase für die Herkunftsregeln bei Elektrofahrzeugen und Akkus vereinbart wurde. Dies erlaube eine schrittweise Erhöhung der Kapazitäten. Insgesamt wolle sich die Branche in Richtung zu Hybrid- und reinem Elektroantrieb wandeln. Nun sei die Hoffnung, dass durch das Ende der Brexit-Unsicherheit wieder vermehrt in Grossbritannien investiert werde. Dazu passe die Ankündigung von Nissan, die Produktion von Akkus in seinem Werk im nordenglischen Sunderland zu erhöhen.
Toyota wieder grösster Autoverkäufer
Der japanische Autoriese Toyota hat beim globalen Absatz erstmals seit fünf Jahren wieder den Spitzenplatz erreicht und damit seinen Rivalen Volkswagen überholt. Wie der japanische Branchenprimus am Donnerstag bekanntgab, setzte die Gruppe, zu der auch der Kleinwagenspezialist Daihatsu und der Nutzfahrzeughersteller Hino Motors gehören, im vergangenen Jahr global 9,53 Millionen Fahrzeuge ab.
Das ist zwar ein Rückgang zum Vorjahr um 11,3 Prozent. Doch bekam Toyota die Auswirkungen der Corona-Pandemie geringer zu spüren als andere Hersteller. Dank einer Erholung auf den beiden wichtigsten Märkten China und USA ging es für Toyota wieder bergauf: Seit Oktober stieg der Fahrzeugabsatz drei Monate in Folge wieder an.
Es war der erste Absatzrückgang für Toyota seit fünf Jahren, nachdem die Verkaufszahlen im Quartal April bis Juni in Folge der Corona-Krise eingebrochen waren. Erz-Rivale VW musste im vergangenen Jahr sogar einen Absatzrückgang von 15,2 Prozent auf 9,31 Millionen Fahrzeuge hinnehmen. Neben einer Erholung in China und den USA ab Herbst habe auch eine aggressive Verkaufsstrategie mit einer Serie neuer Modelle dazu beigetragen, dass der Absatz der Toyota-Gruppe im vergangenen Jahr im Vergleich zu anderen Konzernen solide ausfiel, hiess es.
SDA
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