Kyrgios tickt im Endspiel ausDjokovic hievt sich in den siebten Wimbledon-Himmel
Der brillant spielende Serbe schlägt den entnervten Kyrgios, gewinnt seinen 4. Wimbledon-Titel in Folge und lässt Federer im Grand-Slam-Rennen hinter sich.
Novak Djokovic lief im Wimbledon-Final zu grosser Form auf und wurde mit dem ersten Grand-Slam-Titel seit einem Jahr belohnt. Mit 4:6, 6:3, 6:4, 7:6 schlug er den Australier Nick Kyrgios (ATP 40), der seinem Ruf als Bad Boy des Tennis alle Ehre machte und sich mit seinen Wutausbrüchen das eigene Grab schaufelte.
Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer hatten das Jahr alle mit 20 Grand-Slam-Titeln begonnen. Nachdem der Spanier in Melbourne und Paris triumphierte und nun bei 22 steht, lässt nun auch der Serbe den bald 41-jährigen Baselbieter hinter sich, der weiterhin auf ein weiteres Comeback hinarbeitet. In Wimbledon bleibt Federer mit acht Titeln Rekordsieger, Djokovic schliesst mit seinem siebten Pokalgewinn nun aber bereits zu Pete Sampras und William Renshaw auf.
«Mir fehlen hier langsam die Worte. Das ist der speziellste Court der Welt, und Wimbledon wird immer mein Lieblingsturnier bleiben», sagte Djokovic an der Siegerehrung, während deren sein Coach Goran Ivanisevic einige Tränen verdrückte. «Jedes Mal wird es noch besonderer für mich, ich bin stolz und glücklich.» Er hat nun sieben seiner acht Endspiele an der Church Road gewonnen, darunter drei gegen Federer und nun vier hintereinander. Er ist hinter dem Schweizer jetzt der zweitälteste Wimbledon-Sieger.
Als Djokovic an der Siegerehrung dann plötzlich seine vierjährige Tochter Tara auf der Tribüne entdeckte, wurde es familiär. «Oh, sie ist ja auch da.» Sohn Stefan indessen fehle; er sei gerade selber am Tennisspielen, verriet der Papa. Die beliebte Sue Barker, die die Zeremonie zum letzten Mal moderierte, erinnerte ihn dann auch noch daran, dass dieser 10. Juli sein achter Hochzeitstag ist.
«Vielen Dank, dass ihr mich ausgehalten habt.»
Derweil sorgte Kyrgios für einen weiteren unrühmlichen Auftritt. Er erfrechte sich, mit seiner roten Kappe zur Siegerehrung zu erscheinen, ein unerhörter Affront gegenüber den Kleiderregeln Wimbledons. Der Australier holte sich dann einige Sympathien zurück, als er sich halbwegs beim Schiedsrichter und bei den Zuschauern entschuldigte für sein Verhalten. «Vielen Dank, dass ihr mich ausgehalten habt», sagte er, er sei sehr zufrieden mit diesem Resultat und werde sicher zurückkommen. Djokovic sei «wie ein Gott».
Der alte und neue Champion gab die Blumen zurück und lobte den 27-jährigen Australier überschwänglich. Über Instagram hatten die beiden vor dem Final publikumswirksam abgemacht, danach irgendwann gemeinsam essen zu gehen; der Sieger bezahle. Auf Kyrgios’ Vorschlag, auch einen Nachtclub zu besuchen, ging Djokovic nicht ein. Er sagte aber scherzhaft: «Das ist der Start einer wunderbaren Beziehung.»
Kyrgios von genial bis desolat
Der hochklassige erste Satz brachte das von vielen erhoffte Feuerwerk des Australiers, der das ganze Spektrum seiner Schläge zeigte, hervorragend servierte (80 Prozent), geduldig und ruhig wirkte und schon im fünften Game das Break schaffte. Djokovic verlor nach 31 Minuten zum dritten Mal in Folge den Startsatz. Gegen Jannik Sinner war er im Viertelfinal sogar mit zwei Sätzen zurückgefallen, den Halbfinal gegen Cam Norrie gewann er 2:6, 6:3, 6:2, 6:4.
Die Wende kam im zweiten Satz früh. Der 35-jährige Serbe breakte zum 3:1, womit er Kyrgios aus seiner Komfortzone stiess. Nun begann dieser mit allem zu hadern und sein Team zurechtzuweisen. Trotzdem kam er noch zu vier Breakchancen, alle im neunten Game. Er vergab alle, verlor es – und damit auch den Satz.
Der dritte Satz wurde von den Wutausbrüchen des Australiers überschattet. Im fünften Game wurde er wegen Fluchens verwarnt. Dann verlangte er, dass eine Zuschauerin in der Frontreihe entfernt werde. Sie spreche dauernd mit ihm, sei betrunken, sagte er zum französischen Schiedsrichter Renaud Lichtenstein. «Sie sieht aus, als hätte sie schon 700 Drinks gehabt.»
Kyrgios verlor im 3. Satz völlig die Kontrolle über sein Temperament, zeigte eines Wimbledon-Finals unwürdige Szenen und verhielt sich «wie ein Kind im Spielzeugladen, das auf den Boden trommelt», wie es der frühere Wimbledon-Sieger Michael Stich auf Sky ausdrückte.
Sein Zorn richtete sich gegen sein Team, das sich nicht verhielt, wie er wollte. Er zahlte einen hohen Preis für sein Ausrasten: Beim Stand von 4:4 und 40:0 verlor er komplett den Fokus und wurde mit fünf Punktverlusten in Folge gebreakt. Kurz darauf war der dritte Satz weg, Djokovic bog nach zwei Stunden auf die Zielgerade ein und beendete den Job mit einem mühelosen Tiebreak im vierten Satz.
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