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 Interview zu Auto Zürich
«Digitale Präsentationen sind kein Ersatz»

Auto-Zürich-Geschäftsführerin Ines Nägli: «Wir sind bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht.»
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Ines Nägeli, durch den Wegfall des Genfer Salons ist die Auto Zürich zur grössten Automesse der Schweiz avanciert – ein Triumph?

Nein, gar nicht. Wir hoffen, der Genfer Automobil-Salon kann künftig wieder stattfinden. Wir haben uns nie als Konkurrenz verstanden, sondern als Ergänzung. Während Genf eine internationale Plattform für die Hersteller war, konzentrieren wir uns als regionale Ausstellermesse vor allem auf Vertriebs- und Handelsbetriebe. Natürlich profitiert unser Ansehen davon, dass wir jetzt der grösste Branchentreff der Schweiz sind. Aber das ändert nichts an unserer Positionierung als feine, agile Messe. Wir haben keine Ambitionen, international relevant zu sein.

Generell gelten Automessen als Dinosaurier der Branche. Die meisten Hersteller inszenieren ihre Neuheiten mittlerweile individuell und digital. Bekommt das die Auto Zürich nicht zu spüren?

Dass der Trend weg von Massenveranstaltungen geht und die Pandemie diese Entwicklung beschleunigt hat, ist nicht nur schlecht: Es regt die Fantasie an, neue Formate zur Präsentation von Neuheiten zu entwickeln. Aber mehr noch als die Hersteller sind die Händler in ihrer Reichweite beschränkt – mit individuellen Aktionen sprechen sie vor allem bestehende Kunden an. Bei uns erhalten sie eine Plattform, die ein grosses Medieninteresse generiert und ein breites Publikum anspricht. Dass dieses Format nach wie vor gefragt ist, beweist die Tatsache, dass 52 Marken bei uns vertreten sein werden – ein neuer Rekord in der 35-jährigen Geschichte der Auto Zürich. Wir sind bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht.

«Auch jüngere Menschen wollen ein Auto aus der Nähe betrachten und sich hineinsetzen können.»

Digitale Präsentationen dienen aber nicht nur dazu, in Pandemiezeiten Menschenaufläufe zu verhindern. Es geht darum, junge, in sozialen Medien aktive Zielgruppen zu erreichen, die den Messen tendenziell fernbleiben.

Unterschätzen Sie nicht das Bedürfnis nach Haptik. Auch jüngere Menschen wollen ein Auto aus der Nähe betrachten, es spüren, sich hineinsetzen können. Digitale Präsentationen werden dafür niemals ein Ersatz sein.

Reicht es denn heutzutage, Autos auf Messeständen zu zeigen? Die verbleibenden grossen Autoshows setzen auf Erlebniswelten, bei denen sogar Teile der Stadt miteinbezogen werden.

Was uns auszeichnet und von den Ausstellern immer wieder gelobt wird, ist unsere Bodenständigkeit. Letztes Jahr haben wir ein einheitliches Standkonzept eingeführt, das nach dem Plug-and-Play-Prinzip fixfertig für sie vorbereitet wird. Niemand dominiert die Show – von der Top-Marke bis hin zum kleinen Händler treten alle mehr oder weniger gleich auf und stürzen sich anders als bei den grossen Messen auch nicht in Unkosten. Für die Besucher besteht die Attraktivität der Messe in der Vielfalt von Ausstellern mit zahlreichen Trouvaillen und einer eigenen Halle für historische Fahrzeuge. Nicht zuletzt gibt es im Rahmen der «EV Experience» die Möglichkeit, 17 Elektroautos bei einer Probefahrt zu erleben und – fast wichtiger noch – sich markenunabhängig zur Infrastruktur beraten zu lassen.

In den letzten Jahren waren Automessen oft von Protesten begleitet; am Pariser Salon klebten sich Klimaaktivisten sogar an Sportwagen fest. Haben Sie Verständnis für solche Aktionen?

Wofür wir grosses Verständnis haben, sind ihre Anliegen zum Klimaschutz. Wir sind uns der Herausforderungen in Bezug auf den Klimawandel bewusst und tragen dem durch ein ökologisch nachhaltiges Messekonzept Rechnung. Unter anderem verzichten wir auf die Teppiche, die früher auf 19'000 Quadratmetern ausgerollt und anschliessend entsorgt wurden. Wir setzen wiederverwertbare Standelemente sowie energiesparende LED-Lampen ein und achten generell auf eine Minimierung des Abfallaufkommens.

«Wir haben allfällige Störfälle im Vorfeld diskutiert und sind darauf vorbereitet.»

Sind Sie damit vor Protesten gefeit?

Wir haben allfällige Störfälle im Vorfeld diskutiert und sind darauf vorbereitet. Solche Aktionen sind nicht konstruktiv und bringen ausser Aufmerksamkeit nichts. Um Ihre Frage von vorhin nochmals aufzugreifen: Nein, dafür haben wir kein Verständnis.

Sie haben langjährige Eventerfahrung, sind in der Autobranche aber neu. Was hat Sie dazu bewogen, Anfang Oktober die Geschäftsleitung der Auto Zürich zu übernehmen?

Ich habe eine hohe Affinität zu Autos und schätze sie als Kunstwerke. Dass ich schon in jungen Jahren in einem Begleitfahrzeug bei der Mille Miglia mitfahren und Shows wie den Concours d’Elegance in Pebble Beach erleben durfte, hat mich geprägt. Am meisten gereizt hat mich aber, ein etabliertes, gut aufgestelltes Format weiterzuführen. Auto-Zürich-Präsident Karl Bieri hat in den vergangenen 35 Jahren einen sensationellen Job gemacht, eine kleine Provinzmesse durch raues, wildes Gewässer hindurch in einen angesehenen Event zu verwandeln. Ich bin dankbar, dass er und seine ebenfalls engagierte Frau Doris mich noch eine Weile als Sparring-Partner begleiten werden.

Was hat Ihnen Karl Bieri mit auf den Weg gegeben, das Sie nicht vergessen werden?

Ich kannte Karl, schon Jahre bevor ich selber zur Auto Zürich stiess. Er betonte immer, dass sich ein solches Unterfangen nur mit Leidenschaft, Überzeugung und Hartnäckigkeit verwirklichen lässt. Und er legte immer viel Wert auf Bodenständigkeit. «Man muss auf dem Parkett bleiben, auf dem man zu Hause ist», sagte er. So sehr ich mich darauf freue, neue Ideen einfliessen zu lassen, um die Auto Zürich weiterzuentwickeln – an diesen Worten werde ich mich orientieren.