Kommentar zu den Kita-SubventionenDieser Geldsegen ist zu wenig durchdacht
Wer seine Kinder extern betreuen lässt, soll mehr Geld vom Staat erhalten – richtig so. Doch der Nationalrat will zu viele Millionen zu pauschal verteilen.
Der Nationalrat lässt es Geld regnen: 710 Millionen Franken sollen Eltern in der Schweiz künftig für die externe Kinderbetreuung erhalten – pro Jahr. Kita-Plätze sollen dadurch bis zu 20 Prozent günstiger werden. Der Entscheid, dauerhaft und substanziell in die Betreuungsinfrastruktur zu investieren, ist grundsätzlich richtig. Denn heute halten zu wenige, zu teure und qualitativ mangelhafte Krippenplätze Frauen von der Erwerbstätigkeit ab.
Das können wir uns nicht leisten: In den nächsten Jahren werden in der Schweiz bis zu 300’000 Arbeitskräfte fehlen. Um all diese Stellen zu besetzen, können wir entweder weiter in hohem Ausmass auf die Zuwanderung setzen – oder eben das inländische Fachkräftepotenzial besser nutzen.
Eine mediale Kontroverse über Studienresultate hatte in den vergangenen Wochen Zweifel gesät, ob ein besseres Betreuungsangebot den Beschäftigungsgrad der Mütter tatsächlich erhöht. Dabei sind die Ergebnisse eindeutig: Das Bundesamt für Sozialversicherungen weist für acht von zehn Studien eine positive Korrelation aus. Dazu passt der Befund der Arbeitskräfteerhebung des Bundes, wonach 29 Prozent der Mütter nicht oder nur Teilzeit erwerbstätig sind, weil geeignete Betreuungseinrichtungen fehlen.
«Der Bedarf ist vorhanden – aber die konkrete Umsetzung ist zu wenig durchdacht.»
Der Bedarf ist folglich vorhanden – aber die konkrete Umsetzung ist zu wenig durchdacht. Das Paket ist erstens überdimensioniert. Eine neue Sozialleistung im Umfang einer Dreiviertelmilliarde pro Jahr ist eine zu grosse Belastung für den klammen Bundeshaushalt. Denn auch in den Bereichen Armee, Klima, Flüchtlinge oder Verkehr sind bereits umfangreiche Mehrausgaben geplant oder beschlossen. Gleichzeitig kommt es zu hohen Ausfällen wegen anstehender Steuerreformen. Die Verlockung mag für Parlamentsmitglieder aller Fraktionen gerade in einem Wahljahr gross sein, überall noch ein paar Millionen zu verteilen, aber der Reiz des Wählergeschenks entbindet sie nicht von der Budgetverantwortung.
Zweitens stehen die Finanzierungsvorschläge auf wackligem Fundament. Die Idee, dafür die Erträge aus der Einführung der OECD-Mindeststeuer einzusetzen, ist auf linker Seite beliebt. Doch ausgerechnet die Linke bekämpft die Umsetzung dieser Steuerreform an der Urne; ihr Zustandekommen ist ungewiss. Eine Zweckbindung von Steuererträgen fordern, die man selber bekämpft? Diese Strategie entbehrt jeder Logik.
Und drittens wird hier Geld mit der Giesskanne verteilt. Von den Vergünstigungen profitieren nämlich alle Eltern, die ihre Kinder in Kitas betreuen lassen – also auch jene, die ihre Arbeitspensen deswegen nicht erhöhen. Oder jene, die sich die externe Betreuung durchaus leisten können. Der Ständerat muss deshalb entscheidend nachbessern.
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