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Opposition in Ungarn
Diese Frau will Viktor Orbán besiegen

Wird von den Staatsmedien angefeindet: Klára Dobrev. 
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Die Siegerin hielt, gekleidet in selbstbewusstes Knallgelb, ihre erste Pressekonferenz schon ab, bevor die letzten Stimmen ausgezählt waren. Klára Dobrev hat die erste Runde der Vorwahl, mit denen der Herausforderer – oder die Herausforderin – von Ministerpräsident Viktor Orbán bei den ungarischen Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr gekürt wird, unerwartet klar gewonnen; zwei oder drei Kandidaten werden noch im Rennen sein, wenn in wenigen Wochen die zweite und entscheidende Runde startet.

Dobrev bekam ein Drittel aller Stimmen – und doch ist vieles noch unklar in der Strategie der ungarischen Opposition. Dobrev, die für die linke Partei Demokratische Koalition (DK) antrat, muss jetzt andere Kandidaten aus dem Feld schlagen, darf aber keinen allzu aggressiven Wahlkampf gegen die Konkurrenz machen – denn das ist der Grundgedanke hinter dem Projekt, mit dem sechs Parteien gegen Orbán ins Rennen gehen: gemeinsam antreten und gemeinsam siegen.

Wer dabei seine Mitbewerber jetzt in ein allzu kritisches Licht stellen und dann die Stichwahl doch noch verlieren würde, dürfte später, wenn der Wahlkampf gegen Orbáns Regierungspartei Fidesz startet, Schwierigkeiten haben, sich glaubwürdig für den Sieger einzusetzen. Auf der Pressekonferenz nach der ersten Runde liess die 49-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin und Juristin daher vor allem ihre Parteifreunde betonen, die DK habe einen «überwältigenden Sieg» errungen. Sie selbst hielt sich zurück mit ihrem Jubel und dankte vor allem den Wählern, die an diesem historischen Ereignis teilgenommen hätten.

Sie spricht fliessend Deutsch

In ihrem eigentlichen Job, als Abgeordnete in Brüssel und Vizepräsidentin des Europaparlaments, ist Dobrev zwar Auseinandersetzungen, aber keine brutalen Attacken gewohnt. Die überzeugte Europäerin ist ein Polit-Profi, sie spricht fliessend Deutsch, Englisch und, als Tochter eines Bulgaren, auch Bulgarisch; sie hat zu Beginn ihrer Karriere für sozialdemokratische Politiker und im Finanzministerium gearbeitet und später eine Stiftung geleitet. Seit 2019 ist sie in Brüssel. In ihrer Heimat hingegen ist Dobrev eine Lieblingsfeindin von Orbán und den regierungsnahen Medien. Seit die Opposition sich zusammengeschlossen hat, wird Dobrev besonders oft das Ziel kritischer bis hasserfüllter Berichterstattung.

Denn: Sie ist nicht nur eine mögliche Konkurrentin im Wahlkampf, sondern auch die Frau des früheren sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, der nach seiner Abwahl 2009 die DK gründete, für die sie jetzt antritt. Gyurcsány ist Geschäftsmann und Millionär. Vor allem aber ist er der Erzfeind von Fidesz; er wird als heimlicher Oppositionschef hingestellt, der seine Frau nur deshalb in den Ring geschoben habe, weil er selbst seit einer legendären «Lügenrede» 2006, in der er Betrug an den Wählern eingeräumt hatte, als unwählbar gelte.

Die Medien gegen sich

Auch ihre Familiengeschichte wird regelmässig zum Anlass genommen, Klára Dobrev zu diskreditieren: Ihr Grossvater mütterlicherseits, Antal Apró, war ein so verhasster wie hochrangiger Politiker im kommunistischen Ungarn. Ihre Gegner werfen ihr regelmässig vor, vom Denken der ehemaligen KP-Nomenklatura ebenso geprägt zu sein wie später vom elitären Leben in einem kapitalistischen Umfeld. Umso erstaunlicher ist es, dass Dobrev trotz des medialen Gegenwinds auf 35 Prozent der Stimmen kam.

Die Mutter von drei Kindern muss sich nun vor allem gegen den populären Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony durchsetzen. Amtsinhaber Orbán geht in den Wahlkampf mit der Ankündigung von Steuergeschenken und einer Rentenerhöhung, die er pünktlich zur Vorwahl der Opposition ankündigte; in seinem allwöchentlichen Radiointerview am Freitagmorgen erwähnte er das Ergebnis der Auszählung und seine mögliche Konkurrentin im kommenden Frühjahr mit keinem Wort.