Corbyns Debakel als Warnung für die US-Demokraten
Der Ausgang der britischen Wahlen muss linken Präsidentschaftskandidaten wie Bernie Sanders und Elizabeth Warren zu denken geben.
Mitten in die zusehends bittere Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikanern über die Anklageerhebung gegen Donald Trump platzte am Mittwoch die Nachricht vom Triumph der Konservativen bei den britischen Wahlen – und von der schmählichen Niederlage von Jeremy Corbyns Labour Party. Was sich in London ereignete, wird in den nächsten Wochen vor allem die Demokratische Partei in Washington beschäftigen.
Denn bei der innerparteilichen Debatte über den politischen Kurs, den die Demokraten mit Blick auf die amerikanische Schicksalswahl 2020 einschlagen sollen, dürfte nun auch warnend auf Corbyns Pleite und den Abstieg seiner Partei verwiesen werden. Darauf hinweisen werden moderate Demokraten, die seit geraumer Zeit befürchten, die Partei bewege sich zu weit nach links unter dem Druck des progressiv-linken Parteiflügels.
Corbyn als Vorbild gehandelt
Auch dessen prominenteste Vertreter, die beiden Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders und Elizabeth Warren, werden sich mit dem Debakel der Linkspopulisten um Corbyn befassen müssen. Immerhin wurden der Brite und seine Partei von der US-Linken lange Zeit als Vorbilder gehandelt.
«Nur der Sozialismus kann den Trumpismus besiegen», titelte beispielsweise das linke Wochenblatt The Nation nach der Niederlage Hillary Clintons im November 2016. Die vergangenen Monate hätten gezeigt, «dass Millionen normaler Menschen zu einer Alternative bereit sind, wie sie die Erfolge von Bernie Sanders und der Labour Party unter Jeremy Corbyn in Grossbritannien anbieten», schrieben die Autoren.
Moderate Wähler nicht vor den Kopf stossen
Dass Corbyn als Vorbild für die Demokraten gelten könnte, hat sich erledigt, seine Niederlage könnte stattdessen gemässigten Demokraten Auftrieb geben. Ihnen zu Folge würde ein verstaatlichtes Gesundheitswesen, wie von Sanders und Warren propagiert, oder die Entkriminalisierung illegaler Grenzübertritte moderate und parteilose Wähler vor den Kopf stossen – und damit die Gefahr erhöhen, dass Donald Trump im November 2020 wiedergewählt wird. Vertreter des progressiven Parteiflügels werden einwenden, dass der Vergleich mit Labour hinkt, zumal Jeremy Corbyn auch an seinen persönlichen Unzulänglichkeiten gescheitert sei.
Dennoch dürfte das Wahlergebnis in Grossbritannien die Diskussion über die Zukunft der Demokratischen Partei beleben: Soll sie sich nach demokratischen Präsidenten wie Franklin Roosevelt oder auch Lyndon Johnson ausrichten und weitreichende Reformvorhaben für Staat und Gesellschaft anpeilen? Oder soll sie Reformen Schritt um Schritt im Stil Barack Obamas und Bill Clintons verfolgen?
Von der Antwort hängt nicht nur ab, wen die Partei in den kommenden Monaten zu ihrem Präsidentschaftskandidaten küren wird. Der Ausgang des demokratischen Richtungsstreits könnte über Erfolg oder Misserfolg im November 2020 entscheiden.
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