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Die unschönen Seiten der Banken-Revolution

Nikolay Storonsky, CEO von Revolut, muss wohl über die Bücher, was die Unternehmenskultur angeht.
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Der Name des Unternehmens kommt nicht von ungefähr: Revolut. Als Online- oder Smartphone-Bank tituliert, will das Fintech-Start-up aus London, das 2015 lanciert wurde und mittlerweile eigenen Angaben zufolge über vier Millionen Kunden zählt, das Bankenwesen revolutionieren. Entsprechend vollmundig klangen die Titel dazu auch in dieser Zeitung: «Britischer Jungunternehmer schockt Schweizer Banken» etwa, oder «Die ausländischen ­Anbieter sind den Schweizern weit überlegen». Doch nun kommen Dinge ans Licht, die wohl auch die angeblich rund 50'000 Schweizer Kunden ins Grübeln bringen dürften.

Wie das Tech-Magazin «Wired» berichtet, herrschen bei Revolut derart horrende Arbeitsbedingungen, dass es selbst Personen in Leitungsfunktionen dort nicht lang aushalten. Das beginnt mit fragwürdigen Einstellungskriterien, setzt sich fort mit ungewöhnlich langen Arbeitstagen und unbezahlter Arbeit und endet für die Unglücklichen mit einer erbarmungslosen Hire-and-Fire-Mentalität. «Wired» stützt sich dabei auf Aussagen ehemaliger Mitarbeitender des Unternehmens.

200 neue Kunden für eine Chance auf die Stelle

Eine potenzielle Mitarbeiterin, die vom Tech-Magazin nur Laura genannt wird, bekam als Eignungstest eine sehr ungebräuchliche Aufgabe gestellt. Sie solle innerhalb einer Woche mindestens 200 neue Kunden für Revolut rekrutieren, zum Beispiel unter ihren Freunden. Das Unternehmen gab ihr dazu konkrete Hilfestellungen. Laura, die helfen sollte, den spanischen Markt zu erobern, weigerte sich und ging damit an die Öffentlichkeit. Nachdem «El Diario» über diese unkonventionelle Recruiting-Methode berichtete, versprach Revolut, sie sofort einzustellen.

Ein weiterer sogenannter Country Manager, also ein Mitarbeiter, der für einen bestimmten nationalen Markt innerhalb der Firma zuständig ist, gab «Wired» zu Protokoll, dass es von sieben seiner Kollegen nur einer ein Jahr lang dort ausgehalten hätte. Zwei von ihnen wären nach sieben Wochen schon wieder gefeuert worden; er selbst habe zwar Autonomie und Budget zugesichert bekommen, zumindest Letzteres wäre aber nicht existent gewesen. Ausserdem seien er und andere von Vorgesetzten gemobbt worden. «Wired» machte daraufhin die Probe aufs Exempel: Von 147 ehemaligen Revolut-Angestellten auf Linkedin hatten es 80 Prozent weniger als ein Jahr dort ausgehalten.

Die Probleme reichen bis in die Konzernspitze

In einem Statement gegenüber dem Magazin entschuldigt das Unternehmen diese Missstände mit dem, was man in der Start-up-Branche «growing pains», also Wachstumsschmerzen nennt: Revolut sei im vergangenen Jahr von 150 auf 750 Mitarbeiter gewachsen, die Mitarbeiterfluktuation sei dafür relativ gering. Was die Anschuldigungen ehemaliger Mitarbeitender angeht, heisst es: «Unsere Firmenkultur entwickelt sich so schnell wie unser Geschäft.»

Dass sich die Probleme mit der noch schwach entwickelten Firmenkultur bis in die Geschäftsleitung ziehen, deutet ein Memo an, das Gründer Nikolay Storonsky im vergangenen Jahr an seine Angestellten schickte. Dort droht er, Mitarbeiter rauszuwerfen, die gesteckte Ziele nicht erreichen – ohne Diskussion. Alle, die unter den Erwartungen performen, kämen gemäss diesem Memo auf eine schwarze Liste. Im gleichen Zuge bemängelt er, dass Teams, die hinter den Erwartungen zurückbleiben, immer noch nicht am Wochenende arbeiten würden. Dass diese extrem hohen Ansprüche ihren Tribut auch im Führungskader fordern, zeigt sich in der Personalabteilung: Sie hatte in den letzten zwei Jahren drei verschiedene Leitungen.

Lange Arbeitszeiten, Selbstausbeutung zum Wohle des jungen Unternehmens, geringe Löhne, Job-Unsicherheit: All das gehört in einem gewissen Masse zum Arbeiten in einem Start-up, aber es scheint, als ob Revolut in seinem Gebaren über das Ziel hinausgeschossen ist. Ganz neu ist das alles übrigens nicht – bereits vor einem Jahr gab es Berichte über die harschen Arbeitsbedingungen bei Revolut.

Auf Social Media äussern User dementsprechend ihre Enttäuschung und Unverständnis.

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«Ich verstehe, dass die Arbeit in Start-ups hart sein kann, aber das ist einfach zum Kotzen.»

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Ein bisheriger Unterstützer fragt sich, ob dies ein Problem der gesamten Branche oder ob Revolut nur die Ausnahme ist.

Jetzt kommt raus: Auch der CFO ist gegangen

Das Unternehmen hat sich in den sozialen Medien bislang nicht zu den Vorwürfen geäussert. Und anscheinend wartet schon der nächste Ärger auf Revolut: Wie der britische «Telegraph» berichtet, hatte die Direktbank im vergangenen Jahr während dreier Monate ein automatisches Warnsystem deaktiviert, das dubiose Geldflüsse melden soll. Dies könnte illegale Transaktionen ermöglicht haben. Gegen diese Vorwürfe verwehrt sich die Firma. Im Unternehmensblog heisst es in einer Stellungnahme vom Chef persönlich: Man habe beim Wechsel auf ein neues Warnsystem Mängel festgestellt und habe deshalb auf das alte System zurückgegriffen. Zu keinem Zeitpunkt habe es einen Bruch legaler Anforderungen seitens Revolut gegeben.

Ebenfalls jetzt wurde bekannt, dass der CFO von Revolut, Peter O'Higgins, bereits Anfang Jahr die Firma verlassen hat – angeblich nicht wegen des Ärgers mit dem Warnsystem.

Als wäre das alles noch nicht genug, scheint Revolut zurzeit auch noch technische Schwierigkeiten zu haben. Mehrere Nutzer auf Twitter und Facebook melden, dass sie nicht auf ihre Konten zugreifen können; die Bank selbst bestätigt in Antworten an einzelne User, dass sie an der Lösung des Problems arbeitet. Immerhin lautet das inoffizielle Motto – so hängt es zumindest in grosser Neon-Leuchtschrift im Londoner Büro – des Bankenschrecks: «Get shit done.»