Die unheimliche Nacht, in der der Rosskopf leuchtet
Zwischen Weihnachten und Dreikönig leben in den Nächten in der Region wilde Winterbräuche wieder auf. In Samstagern zogen in der Nacht auf Samstag junge Burschen mit dem Haaggeri herum, einem gespenstischen Rosskopf.
Der Umzug ist schon von weitem zu hören: Rhythmisches Schellengeläut dringt durch die Nacht, dann ertönt das Knallen von Peitschenschlägen. Jetzt taucht aus der Finsternis eine Schar junger Männer in weissen Hirtenhemden mit Treicheln und Geisseln auf. Angeführt wird der nächtliche Trupp von einem Rosskopf aus Holz, dem Haaggeri, der mit glühenden Augen hoch oben auf einem Stecken thront.
Vier solche Haaggeri-Gruppen mit Burschen aus Samstagern sind unterwegs, um zum Jahresende nach altem Brauch im Dorf lautstark die bösen Geister zu vertreiben. Wieso der Rossgrind Haaggeri heisst, ist sagenumwoben. Der Name stammt anscheinend vom «Mann mit dem Haken» ab. Dieser habe – so die Legende – auf dem Grund des Hüttensees unweit von Samstagern gelebt und mit dem Haken Leute ins Wasser gezogen.
Im Dorfzentrum macht die Haaggeri-Gruppe Schwöschtere vom Bärg die Gegend unsicher. Die Burschen wollen mit dem Lärm auch die Dorfschönheiten auf sich aufmerksam machen. «In vergangenen Zeiten zogen die Gruppen auf Brautschau von Bauernhof zu Bauernhof», erklärt Geisslechlöpfer Oliver Huber. Es gebe natürlich heute auch andere Möglichkeiten für ein Date: «Aber wir freuen uns, wenn wir von hübschen jungen Frauen empfangen werden», sagt Huber. Philipp Theiler und Marc Steiner sind ebenfalls im Umgang der Geisseln geübt. Sie werden begleitet vom Schellengeläut der übrigen Schwöschtere.
Im Dorf beliebt
«Der Haaggeri-Umzug ist ein Brauchtum und damit eine gute Sache», sagt ein Passant und schaut dem Treiben zu. Weitere Dorfbewohner begrüssen die Schar ebenfalls freundlich. In den Häusern öffnen sich Fenster. Die Bewohner sehen dem unheimlichen Treiben zu. Den Rosskopf trägt Michael Hürlimann. Die Geisterfigur ist an einem gut und gerne drei Meter langen Stecken befestigt. Hürlimann erreicht mit dem Pferdekopf auch Balkone in den oberen Stockwerken der Häuser.
Dabei wird ein weiterer Zweck des Haaggeri ersichtlich: Ein Mann steckt ein Geldnötli in den Pferdekopf. Das Schellengeläut daraufhin ist jetzt ohrenbetäubend. So danken die Treichler für das Präsent. «Das gesammelte Geld reicht schon mal für ein Reisli», sagt Hürlimann auf dem Weg zum nächsten Haus.
Fondue im Haaggeri-Saal
Noch ist der Abend jung. Traditionsgemäss kann die Gruppe davon ausgehen, dass sie zwischendurch zu einem Kafi Schnaps und einem Imbiss in eine warme Stube eingeladen wird. Die Hoffnung auf eine hübsche junge Frau, die eine Haustür aufmacht, hält die Burschen lange wach.
In Samstagern gibt es zu Ehren des Umzugs einen Haaggeri-Saal. In der gemeindeeigenen Lokalität lädt die Interessengemeinschaft Haaggeri-Nacht zum traditionellen Fondue ein. «Es läuft heute hervorragend», sagt IG-Mitglied Hansruedi Hiestand. «Wir haben 130 Reservationen.» Später am Abend spielt ein rockiges Quartett mit dem Bandnamen Stark auf. Später treffen auch die starken Schwöschtere vom Bärg ein.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch