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USA und Ukraine
Die unglaubliche Geschichte um Hunter Bidens Laptop

Hat er die Nähe zu seinem Vater zu Geld gemacht? Hunter und der damalige Vizepräsident Joe Biden in einer Aufnahme von 2016.
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Die Geschichte könnte aus einem zweitklassigen Agententhriller aus dem Kalten Krieg stammen. Doch sie hat das Potenzial, US-Präsident Joe Biden in Bedrängnis zu bringen.

Am Anfang steht Computerreparateur John Paul Mac Isaac. Er erhält Besuch im April 2019, von einem, den der stark sehbehinderte Mac Isaac nicht genau erkennen kann, der sich aber als Hunter Biden ausgibt, Sohn des vormaligen Vizepräsidenten und demokratischen Spitzenkandidaten Joe Biden. Der Mann hinterlässt einen Laptop mit Wasserschaden zur Datenrettung, meldet sich danach aber nicht mehr.

Der Computerreparateur durchforstet daraufhin die Daten – und stösst auf E-Mails, die er, ein glühender Trump-Anhänger, brisant findet: Sie könnten belegen, dass Hunter Biden in der Ukraine Geschäfte gemacht habe mit der Nähe zu seinem Vater, als Vizepräsident mit dem Ukraine-Dossier betraut. Die Republikaner erheben den Vorwurf in jenen Tagen laut. Der Mann wendet sich ans FBI, das den Laptop abholen lässt.

Donald Trumps Anwalt kommt ins Spiel

Danach: Funkstille. Auch noch, als 2020 das Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump läuft. Der hatte 400 Millionen Dollar Militärhilfe für die Ukraine blockiert und Präsident Wolodimir Selenski angerufen: Das Geld fliesse nur, wenn er gegen Joe und Hunter Biden ermittle. Ein Whistleblower liess den Erpressungsversuch auffliegen, die Demokraten leiteten ein Amtsenthebungsverfahren ein, die Republikaner versenkten es. Doch der Computerreparateur ist perplex. Warum hört er nichts über die Daten von Hunter Bidens Laptop?

Mac Isaac schickt Kopien der Daten an Rudy Giuliani, den Anwalt Donald Trumps. Der füttert damit konservative Medien. Kurz vor den Präsidentschaftswahlen 2020 veröffentlicht das rechte Revolverblatt «New York Post» die erste Geschichte über den Laptop. Es ist ein gefundenes Fressen; Hunter Biden ist stets gut für fette Schlagzeilen: Geldprobleme, Kokainsucht, Scheidung, Beziehung mit der Witwe seines Bruders.

Jetzt, eineinhalb Jahre später, ziert die Laptop-Saga plötzlich wieder die Frontseiten der amerikanischen Zeitungen. Sie war als ungelöstes Rätsel aus dem Präsidentschaftswahlkampf zurückgeblieben. Damals erhielten viele Medien keinen Zugang zu dem Material, konnten es nicht überprüfen und hielten sich entsprechend mit der Berichterstattung zurück.

Die Daten scheinen echt zu sein

Sofort kam der Verdacht auf, die Geschichte sei zu unglaublich, um wahr zu sein. Konnte der Computerreparateur ausschliessen, dass ihm das Gerät untergeschoben worden war? Hatten etwa russische Hacker die Daten auf dem Computer manipuliert, um die Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen? Schon vor der Wahl 2016 hatten Hacker Hillary Clinton mit E-Mails von ihrem privaten Server in Bedrängnis gebracht.

Twitter und Facebook bremsten die Verbreitung der Hunter-Biden-Story, indem sie das Teilen unterbanden – und nahmen plötzlich die Rolle von Schiedsrichtern in einem demokratischen Diskurs ein. Die Republikaner beschuldigten die Medien und die Techbranche, Joe Biden, den Kandidaten der Demokraten, bewusst zu schützen, zulasten von Donald Trump.

Nun haben sowohl die «New York Times» als auch die «Washington Post» die Daten von Hunter Bidens Laptop überprüft. Sie kamen beide zum selben Schluss: Zumindest ein Teil der über 120’000 E-Mails und Dokumente, 217 Gigabyte, dürfte echt sein. Die meisten Daten lassen sich jedoch nicht mehr verifizieren. Den Vorwurf, der Geschichte vor den Wahlen 2020 zu wenig Beachtung geschenkt zu haben, weist die «Washington Post» zurück: Ihr sei der Zugang zu den Daten verweigert worden bis im Sommer 2021. 

Was bleibt an Hunter hängen?

Was bleibt zurück gegen Hunter Biden – und gegen seinen Vater? Gegen Hunter laufen Ermittlungen wegen Verdacht auf Steuerdelikte. Unlängst hat er eine grössere Steuerforderung beglichen. Das könnte laut «New York Times» ein Hinweis darauf sein, dass Biden mit einer Anklage rechnet und hofft, Richter und Jury milde zu stimmen. Ebenso untersuchen die Behörden offenbar, ob Hunter Biden Offenlegungsvorschriften als Interessenvertreter für ausländische Firmen verletzt hat.

Für Joe Biden sind das schlechte Nachrichten. Er hat sich das Image eines Saubermanns verpasst, der nie reich war. Und nun verdichtet sich das Bild, dass sein Sohn mit der Nähe zum Vater Geld verdient – viel Geld. Allein ein staatsnaher chinesischer Energieriese zahlte ihm und seinem Onkel innert 14 Monaten fast 5 Millionen Dollar. Die ukrainische Energiefirma Burisma überwies monatlich über 100’000 Dollar an die beiden. Das ist zumindest unappetitlich und unethisch. Dasselbe gilt für Hunters jüngsten Streich: Er verkauft Bilder, wobei der Preis von bis zu 500’000 Dollar nicht mit der Qualität zu erklären ist.

Ob einige Geschäfte illegal waren, bleibt vorerst offen. Sollte eine Anklage folgen, würde das jedoch mit Sicherheit auf Biden ausstrahlen. Ein gefundenes Fressen ist die Geschichte für die Trump-Anhänger bereits jetzt. Sie stellen Joe Bidens Unabhängigkeit im Konflikt mit Russland infrage: Eine Verschwörungstheorie besagt, Biden habe den Krieg provoziert, weil die Geschäftspartner seines Sohns davon profitierten; der ist jedoch nicht mehr mit Burisma verbandelt.

Bisher gibt es keine Belege dafür, dass der Vater in die Geschäfte seines Sohns involviert war oder davon wusste, auch nach gründlichem Durchforsten der Laptopdaten. Ebenso wenig gibt es Hinweise darauf, dass Joe Biden im Amt Interessen seines Sohns bedient hätte. Er machte stets geltend, er beschäftige sich nicht mit den Geschäften seiner Familienmitglieder. Das ist bemerkenswert angesichts des grossen Werts, den Biden auf die engen Familienbande legt; seine Enkel etwa nimmt er stets auf Reisen mit. Doch bisher hat Biden auch ein starkes Pflichtgefühl an den Tag gelegt.

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