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Taliban zu Gast in Genf
Gotteskrieger am Verhandlungstisch

Botschafter Raphaël Nägeli, der im EDA die Abteilung Asien und Pazifik führt, gab nach den Gesprächen mit der Taliban-Delegation Auskunft über das Treffen.
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Die Angelegenheit unterstand strikter Geheimhaltung. Von der Anwesenheit einer Abgesandtschaft der Taliban diese Woche in Genf hätte die Öffentlichkeit nichts erfahren sollen. Doch dann tat Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit Sitz in Genf, was er immer tut. Er griff zu seinem Handy und informierte in einem Tweet über sein jüngstes Treffen. 

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«Gestern habe ich mit Qalander Ebad, dem Verantwortlichen für das Gesundheitswesen, über die Bedürfnisse in Afghanistan diskutiert», schrieb Adhanom am Mittwochnachmittag. Den Talibankämpfer habe er schon im September 2021 in Kabul getroffen – kurz nach ihrer Machtübernahme in Afghanistan also. Es gehe darum, «das Gesundheitssystem, in dem Frauen zentrale Rollen spielen, zu stärken», so der Äthiopier. Das System sei «in einem katastrophalem Zustand», und die humanitäre Krise «fordert weiterhin viele Menschenleben.» 

Frauen spielen auch in Afghanistan eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen: Spital in Kabul.

Nach dem Tweet des WHO-Chefs war rasch klar: Nicht nur der «Gesundheitsminister» der Taliban war nach Genf gereist, auch Leute, die sich dem Aussenministerium zuordnen lassen, waren da. Die Delegation zählt rund zehn Personen. Speziell an ihrer Anwesenheit in Genf ist: Selbst wenn die Gotteskrieger international zur Verhaftung ausgeschrieben wären, dürfte die Schweiz sie nicht in Gewahrsam nehmen. Die Taliban treffen nämlich Vertreter internationaler Organisationen, die ein Sitzabkommen mit der Schweiz haben. Als Gäste dieser Organisationen geniesst die Taliban-Delegation diplomatischen Schutz.

NGO als Organisatorin

Eingeladen und in einem Genfer Hotel untergebracht hat die Taliban die Nichtregierungsorganisation Geneva Call, deren Betrieb und deren Projekte das Aussendepartement (EDA) mitfinanziert. Die NGO ist hauptsächlich in Kriegsgebieten unterwegs, sucht und unterhält Kontakte zu bewaffneten Gruppen und erinnert diese an die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zum Schutz von Kindern und der Gesundheitsversorgung, aber auch, um zu verhindern, dass Landminen verlegt werden. Zur Gruppe der Taliban unterhält Geneva Call seit einigen Jahren direkte Kontakte, wie sie sie auch zu islamischen Untergrundkämpfern in Syrien oder zur kurdischen Terrororganisation PKK unterhält. 

Am Donnerstag haben die Taliban eine Delegation des EDA und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit getroffen. Mit dabei war auch Botschafter Raphaël Nägeli, der im EDA die Abteilung Asien und Pazifik führt. Gemäss EDA-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger war das Ziel der Gespräche, «die Einhaltung der humanitären Grundsätze zu verbessern, den Zugang zur Bevölkerung für die humanitäre Hilfe zu fördern und die afghanische Delegation für die Grundrechte, einschliesslich der Rechte von Frauen und Minderheiten, zu sensibilisieren.»

«Die Anwesenheit der Delegation auf Schweizer Boden stellt keine Legitimation und Anerkennung der Taliban dar.»

Pierre-Alain Eltschinger, EDA-Sprecher

Noch anerkennt kein Staat die Taliban als rechtmässige afghanische Regierung. Der EDA-Sprecher betont darum: «Die Anwesenheit der Delegation auf Schweizer Boden stellt keine Legitimation und Anerkennung der Taliban dar.» Man nutze die Gelegenheit, um sich mit den Taliban auszutauschen, «die de facto das Land kontrollieren». In Genf finden die Treffen auch darum statt, weil die UNO-Stadt eine «unparteiische Plattform» sei und alle Akteure, darunter das IKRK und Ärzte ohne Grenzen, dabei mithelfen sollen, für Afghanistan Lösungen zu finden. 

Alain Délétroz, Direktor von Geneva Call, verteidigte in einem Interview mit dem Westschweizer Radio RTS die Einladung an die Taliban. Er sagte: «Wir hoffen, dass die Delegation, die die Machthaber in Kabul nach Genf entsandt haben, die Mittel hat, nach ihrer Rückkehr nach Kabul das Nötige zu unternehmen, damit die humanitären Normen respektiert werden.» Der primäre Fokus liege auf dem Erhalt der Gesundheitsversorgung, die zu 70 bis 80 Prozent von Frauen getragen werde.

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