Zurückhaltung nach CoronaDie Schweizer wollen weniger Geld für Kultur ausgeben
Kulturveranstaltungen dürfen wieder stattfinden. Aber wollen die Menschen überhaupt hin? Eine repräsentative Studie hat das untersucht.
Die Corona-Krise wird den Schweizer Kulturbetrieb noch lange beschäftigen: Das bestätigt nun eine repräsentative Umfrage der Westschweizer Kulturmarketing-Agentur L’Œil du Public. Durchgeführt wurde sie, nachdem der Bundesrat am 27. Mai Veranstaltungen für bis zu 300 Personen erlaubt hat.
Aber werden die Schweizerinnen und Schweizer auch gleich wieder kulturelle Anlässe besuchen? Oder bleiben sie vorsichtig? Die Antworten zeigen vor allem eines: Es wird nicht einfach für die Veranstalter.
Kultur hat vielen gefehlt
880 Deutsch- und Westschweizer über 20 wurden befragt – eine repräsentative Auswahl von Menschen, von denen eine beträchtliche Mehrheit im Normalfall zumindest gelegentlich Kultur konsumiert. Und es hat ihnen gefehlt während des Lockdown: 46 Prozent haben das Kino vermisst, gleich viele die Live-Aufführungen in Theatern oder Konzertsälen. Bei den Jüngeren sind die Zahlen dabei erwartungsgemäss etwas höher als bei den Älteren – und am höchsten bei den Festivals: 57 Prozent der unter 45-Jährigen haben ungern darauf verzichtet. Der «Kulturhunger», auf den alle Veranstalter derzeit hoffen, dürfte damit bei vielen durchaus vorhanden sein.
Das Streaming wird wichtig bleiben
Zwar gab es während des Lockdown 26 Prozent, die das riesige Kulturangebot im Internet überhaupt nicht genutzt haben. Die anderen dagegen taten es intensiv: Erwartungsgemäss boomten vor allem Filme und Serien (bei 63 Prozent der Befragten).
Immerhin 17 Prozent schauten sich aber auch Streamings von Opern, Theateraufführungen und Konzerten an – und sie verfolgten sie oft bis zu Ende (63 Prozent in der Deutschschweiz, 70 Prozent in der Westschweiz). Auf die Frage, ob sie auch in Zukunft mehr Aufführungen im Netz verfolgen werden, kreuzten 91 Prozent von ihnen ein «Ja» an – ein deutliches Zeichen dafür, dass sich Streaming-Angebote auch im Bereich der Hochkultur bewährt haben. Die Kulturveranstalter werden also gut beraten sein, wenn sie ihr Angebot im Netz auch in Zukunft pflegen.
Abos nehmen ab
Dem analogen Kulturkonsum begegnen die Schweizerinnen und Schweizer derzeit dagegen noch vorsichtig. Während die Massen an Demos strömen, halten sie sich bei anderen Anlässen zurück. Ohne Bedenken würden die Befragten am ehesten ins Museum gehen (28 Prozent); bei Festivals wären nur 18 Prozent sicher dabei – eine bemerkenswerte Zahl, wenn man bedenkt, wie vielen Jüngeren gerade die Festivals gefehlt haben.
Zu den Sorglosen kommt rund ein Drittel der Befragten, die sich nur mit Schutzmassnahmen wieder ins Kulturleben wagen werden. Am wichtigsten wären ihnen der Abstand zu anderen und Desinfektionsmittel; aber auch eine Maskenpflicht würden 30 Prozent von ihnen befürworten.
Eine bemerkenswert grosse Gruppe schliesslich will trotz der Schutzkonzepte das Ende der Krise abwarten. Bis ein Impfstoff gegen Corona verfügbar ist, wollen 34 Prozent auf Festivals, 31 auf Vorstellungen (Theater, Konzert, Zirkus etc.) und 22 Prozent auf den Besuch von Zoos, Schlössern oder Kirchen verzichten.
Das sind nun allerdings keine guten Nachrichten für die Kulturveranstalter: Denn die allgemeine Vorsicht wird man in den Kassen spüren. Insgesamt geben 39 Prozent der Befragten an, dass sie in nächster Zeit weniger kulturelle Anlässe besuchen werden als vor Corona. 48 Prozent der Deutschschweizer und 42 Prozent der Westschweizer wollen für Kultur weniger ausgeben als bisher. Und von jenen 22 Prozent, die bei irgendeiner kulturellen Institution ein Abonnement haben, wird nur gut die Hälfte dieses sicher erneuern. Ein Viertel hofft auf Preisreduktionen, 9 Prozent wollen ihr Abo dagegen auslaufen lassen.
Selbst wenn der Bund also demnächst weitere Lockerungsschritte beschliessen sollte: Bis das Kulturleben wieder so richtig in Gang kommt, dürfte es eine Weile dauern.
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