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60 Jahre Seegfröörni
Ein unvergesslicher Winter — die schönsten Bilder und Erinnerungen

Während der letzten Seegfröörni strömten Tausende Menschen für einen Spaziergang oder eine Schlittschuhfahrt auf den gefrorenen Zürichsee.  
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Es war ein besonders eisiger Winter, der den Zürichsee zum bislang letzten Mal zufrieren liess. Über Wochen anhaltende Minustemperaturen hatten der Wasseroberfläche eine eisige Haut verpasst. Als die Eisschicht exakt vor 60 Jahren schliesslich eine Dicke von fast 14 Zentimetern erreichte, gaben die Behörden den zugefrorenen See zum Betreten frei. Es war der Beginn eines einzigartigen Volksfests: Tausende strömten auf das Eis, Imbissbuden wurden auf den See geschleppt, und ganze Völkerwanderungen zogen von Ufer zu Ufer.

Seitdem gab es wohl kaum ein Naturereignis, das einer ganzen Generation so im Gedächtnis geblieben ist wie die Zürcher Seegfröörni von 1963. Nach einem Aufruf in dieser Zeitung haben Leserinnen und Leser zahlreiche Berichte, Bilder und Anekdoten eingesandt: Ein Blick zurück auf einen Winter, in dem unvergessliche Erinnerungen entstanden sind.

Rot gefärbtes Eis

Eine dieser Erinnerungen trägt Urs Ritter bis heute mit sich. Als damals 19-jähriger Drogistenlehrling pedalte der Erlenbacher während der Seegfröörni täglich mit dem Velo über das Eis, um zu seinem Lehrbetrieb in Thalwil zu gelangen. «Es war wirklich etwas Einzigartiges», erinnert er sich heute. «Verrüert» habe es ihn bei der Fahrt über das Eis nur einmal. Unglücklicherweise habe er bei seinem einzigen Sturz eine Flasche Kraftwein im Rucksack gehabt, welche zerbrochen sei und das Eis rot gefärbt habe, erinnert er sich lachend.

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Da die Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft ihren Betrieb zwischenzeitlich einstellen musste, konnte Ritter sein Abo einschicken und verlängern lassen. 
Als der gefrorene Zürichsee im Februar 1963 freigegeben wurde, pendelten manche mit Schlittschuhen oder dem Velo zur Arbeit über den See. 
Mit dem Velo ist Urs Ritter – hier unterhalb des Fischerwegs in Erlenbach – während der Seegfröörni in nur wenigen Minuten bei seiner Lehrstelle in Thalwil angekommen. 

Normalerweise – wenn gerade kein seltenes Naturspektakel war – ging Ritter mit dem Schiff zur Arbeit. Doch in den Wochen vor der Seegfröörni hatten sich bereits schwere Eisschollen im Zürichsee gebildet. Auf den damaligen «Landi-Schiffen», die deutlich leichter waren als die Boote der heutigen ZSG-Flotte, habe er einige ziemlich holprige Fahrten über den See erlebt. Mitte Januar musste dann jedoch auch die Schifffahrtsgesellschaft vor der Kälte kapitulieren und ihren Betrieb vorübergehend einstellen.

Sein Abonnement für die täglichen Überfahrten konnte Ritter während der Seegfröörni «zur Verwahrung» einschicken. «Damals kosteten drei Monate noch nur 44 Franken», stellt der heute 79-Jährige fest. Als der See nach mehreren Wochen wieder auftaute, habe er das verlängerte Abonnement wieder zurückerhalten. Bis heute bewahrt er den Fahrschein und das ZSG-Schreiben in seinem Fotoalbum auf.

«Freude und Dankbarkeit»

Auf Kufen statt auf dem Fahrrad wagte sich die Klasse von Ursula Schmid-Weidmann im Februar 1963 auf das Eis. Die damals 31-jährige Lehrerin aus Küsnacht begleitete ihre 29 Zweitklässler auf einen ungeplanten Schulausflug, der noch heute in Erinnerung geblieben ist. «Es war erst mein zweiter Klassenzug», sagt Schmid-Weidmann. «Ich kann mich noch gut an diese Zeit erinnern.»

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Nach dem erfolgreichen Ausflug machte sich die Gruppe in der eisigen Kälte wieder auf den Heimweg, dem Küsnachter Ufer entgegen.  
Nach anstrengender Schlittschuhfahrt genossen die Zweitklässler der Schule Heslibach in Küsnacht ihren Zvieri in Thalwil.
Mit 29 Schülerinnen und Schülern wagte sich die 31-jährige Lehrerin allein auf die riesige Eisfläche. 

Warm bekleidet und mit heissem Tee und Proviant ausgerüstet, wagte sich die Klasse auf die Eisfläche. Ein solch spontaner Ausflug sei damals völlig unkompliziert gewesen: «Anträge auf Erlaubnis der Schulbehörde brauchte es nicht – die Eltern der Kinder vertrauten mir einfach», erinnert sich die Lehrerin.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr die wundervolle Stimmung auf dem Eis: «Alle freuten sich und waren dankbar, ein solches Ereignis erleben zu dürfen.» Weit draussen sei es angenehm ruhig gewesen, und man habe nur fröhliche Gesichter gesehen. Am Ende des Tages kehrte die Schulklasse zufrieden und ohne Zwischenfälle wieder ans Küsnachter Ufer zurück.

Ein Winter voller Erinnerungen

Nach dem Aufruf dieser Zeitung vom 13. Januar haben zahlreiche Bilder zur Seegfröörni 1963 die Redaktion erreicht. Jedes davon erzählt eine ganz persönliche Geschichte – vom Ansturm auf der Insel Ufenau, einem Zeltlager in eisiger Kälte, dem klassischen Familienfoto bis hin zur Musikparade der Kadettenmusik.

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Unweit von seinem damaligen Zuhause in Obermeilen wurde Manfred Rohner mit seiner Mutter fotografiert.
Die Kadettenmusik Horgen liess es sich nicht nehmen, der Seegfröörni im Winter 1963 mit einer Marschmusikparade beizuwohnen.
Die klammen Finger beim Spielen der Instrumente nahm man dafür gerne in Kauf.

«Es war ein wunderschönes Erlebnis – ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer», resümiert eine Leserin in ihrem Begleitschreiben. Viele Leserinnen und Leser berichten, wie es sie Tag für Tag erneut auf das Eis zog – ob zu Fuss, mit dem Velo, in einer Kutsche oder auf Schlittschuhen. Und diejenigen, die gerade keine Schlittschuhe zur Hand hatten, griffen auf sogenannte «Örgeli-Schlittschuhe» zurück, die an geschnürte Skischuhe angeschraubt werden konnten. Einige erinnern sich auch an das unheimliche Knacken, das hörbar war, wenn Spannungsrisse auf dem Eis entstanden.

Die Seegfröörni vor 60 Jahren war das bisher achte Mal, dass der Zürichsee seit Beginn der regelmässigen Wettermessungen im Jahr 1864 zugefroren war. Bereits Mitte November 1962 wurde es damals bitterkalt. Am 8. März ging das winterliche Volksfest auf dem Zürichsee schliesslich zu Ende. Auf eine Neuauflage wartet man bis heute vergeblich.

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