Oxfam: Männer besitzen 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen
Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Grosse Unterschiede gibt es jedoch auch zwischen den Geschlechtern.
Der Unterschied zwischen Arm und Reich in der Welt ist laut der Hilfsorganisation Oxfam weiterhin dramatisch hoch, die Schere geht weiter auseinander. Auch die Vermögenskonzentration habe an der Spitze im vergangenen Jahr weiter zugenommen, betonte die Organisation bei der Vorstellung ihres Ungleichheitsberichts kurz vor Beginn der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos.
Oxfam beruft sich dabei unter anderem auf die Finanznachrichtenagentur Bloomberg, deren Angaben zufolge das Vermögen der 500 reichsten Menschen der Welt im Vorjahr um ein Viertel gestiegen ist.
Die gut 2000 reichsten Menschen der Welt haben gemeinsam ein grösseres Vermögen als 60 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das ist das Ergebnis eines Berichts der in Kenias Hauptstadt Nairobi ansässigen Entwicklungshilfeorganisation. Darin wird die Zahl der Milliardäre rund um den Globus mit 2153 genannt. Deren Besitz sei 2019 zusammengerechnet grösser gewesen als der der ärmsten 4,6 Milliarden Menschen der Erde.
Frauen und Mädchen leisten Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit
Vor allem auch zwischen Frauen und Männern ist der Wohlstand Oxfam zufolge ungleich verteilt. Demnach besitzen Männer 50 Prozent mehr Vermögen als Frauen. Oxfam fordert, mehr in öffentliche Kinderbetreuung und soziale Absicherung in armen Ländern zu investieren, sowie weltweit Frauenrechte und Frauenorganisationen zu stärken. Auf der ganzen Welt müssten zudem Konzerne und Menschen mit sehr grossem Vermögen einen fairen Anteil zum Allgemeinwohl beitragen.
Ein Grund für die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist der diesjährigen Studie «Time to Care» («Zeit, sich zu kümmern») zufolge von Frauen geleistete Arbeit zu Hause - wie etwa Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen oder Sorge für den Haushalt. «Frauen und Mädchen leisten den Löwenanteil unbezahlter Haus-, Pflege, und Fürsorgearbeit - weltweit pro Tag weit mehr als 12 Milliarden Stunden.»
Armutsfalle Hausarbeit und Pflege
Dies entspreche einem Gegenwert von mehr als 11 Billionen US-Dollar pro Jahr, wenn diese mit dem Mindestlohn bezahlt würden. Für Frauen stelle diese unbezahlte Arbeit häufig eine Armutsfalle dar.
Der Einfluss von sogenannter Care-Arbeit auf Einkommen, Vermögen, Bildungschancen und Armutsgefährdung erfahre im Zusammenhang mit Ungleichheit zu wenig Aufmerksamkeit, sagte Ellen Ehmke, Analystin für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. «Wir sollten den Wert dessen anerkennen.»
«Der direkte Zusammenhang zwischen Vermögensungleichheit und Care ist, dass Frauen viel weniger Vermögen aufbauen können über ihr Leben, weil sie einen Grossteil ihrer Arbeit in unbezahlter Pflege und Fürsorge leisten», sagte Ehmke.
In ländlichen Gebieten ärmerer Länder verbringen Frauen täglich bis zu 14 Stunden mit Pflege- und Fürsorgearbeit, wie Oxfam berichtet. «Auch Mädchen müssen dabei häufig mithelfen.» Die Klimakrise verschärfe die Situation - unter anderem weil etwa Wege zu Wasserstellen länger werden oder der Anbau von Gemüse schwieriger werde.
Auch in reicheren Ländern verschärfe die vornehmlich von Frauen geleistete Fürsorgearbeit die Ungleichheiten im Wohlstand. Solange es nicht ausreichend öffentlichen Angebote gebe für etwa Kinderbetreuung, könnten in Familien mit hohem Einkommen beide Eltern viel früher wieder arbeiten gehen als in Familien mit niedrigerem Einkommen. Dadurch werde die Ungleichheit zwischen Haushalten noch weiter vertieft.
Oxfam nutzt als Grundlage für den Bericht Daten der Schweizer Grossbank Credit Suisse sowie Vermögensschätzungen des US-Magazins «Forbes». Die Organisation weist darauf hin, dass ihre Werte nicht zwingend vergleichbar sind mit den Ergebnissen der Vorjahre.
Schwindendes Vertrauen in den Kapitalismus
Der Kapitalismus trifft einer Umfrage zufolge in zahlreichen Ländern auf starke Skepsis. In seiner derzeitigen Form richtet er nach Auffassung der Mehrheit «mehr Schaden als Gutes in der Welt» an. Dieser Einschätzung stimmten in einer internationalen Erhebung der US-Kommunikationsagentur Edelman 56 Prozent der Befragten zu. Die Studie wurde am Montag anlässlich des Weltwirtschaftsforums in Davos vorgestellt. Befragt wurden mehr als 34'000 Personen in 28 Ländern.
Das «Edelman Trust Barometer» wird seit dem Jahr 2000 ermittelt. Es misst das Vertrauen von Bürgern in zentrale Institutionen. Über die Jahre stellten die Autoren eine wachsende Wahrnehmung von sozialer Ungleichheit fest. «Die Menschen bezweifeln, dass die Welt, in der wir heute leben, optimal für eine gute Zukunft ist», erläuterte Studienleiter David Bersoff. Zu den genannten Sorgen zählen das Tempo des technischen Fortschritts, Arbeitsplatzunsicherheit, Misstrauen in die Medien und das Gefühl, dass die nationalen Regierungen den aktuellen Herausforderungen nicht gewachsen seien.
Am wenigsten Vertrauen wird dem Kapitalismus in Thailand und Indien entgegengebracht. Auch in Frankreich ist die Skepsis hoch. Nur in Australien, Kanada, den USA, Südkorea, Hongkong und Japan widersprach eine Mehrheit der Negativbeurteilung. Generell geniesst der Kapitalismus in Asien mehr Vertrauen als in anderen Gegenden der Welt.
sda/reuters
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