Virtuelle Realität am US OpenDie Liebsten am Screen, Jubel aus den Boxen
Die Organisatoren am US Open haben sich einiges einfallen lassen, um in den leeren Arenen etwas Normalität zu simulieren.
Das Arthur Ashe Stadium ist die grösste und imposanteste Tennisarena der Welt. Von ganz oben erscheinen einem die Akteure wie zwei Strichmännchen, trotzdem bekommt man auch da das Vibrieren in dieser riesengrossen Schüssel mit. Es gibt nichts Aufregenderes als eine Nightsession am US Open, mit einem ständigen Summen auf den Rängen, einer Mischung aus Begeisterung und Unrast. Manchmal winken Schauspieler, Musiker oder sonstige Bekanntheiten ins Publikum, es dröhnt Musik aus den Boxen, einige tanzen bei den Seitenwechseln. Allein das Drumherum zu beobachten, ist das Ticket wert.
Diesmal wird alles anders sein. Die 22’547 Sitze werden leer bleiben, bis auf einige wenige. Nur Coachs sind erlaubt. Fussballer und NHL-Eishockeyaner mussten sich schon daran gewöhnen, nun sind die Tenniscracks dran. Das von Cincinnati nach New York verlegte «Vorbereitungsturnier» war ein Testlauf. Es habe sich sehr seltsam angefühlt, sagte Andy Murray. «Ich spiele einen sensationellen Passierball die Linie entlang … und es bleibt einfach ruhig! Du schöpfst Energie aus dem Publikum. Es ist unvermeidlich, dass da deine Intensität in einem langen Match zwischendurch sinkt.»
Federer-Jubel bei Djokovic?
Fürs US Open haben sich die Verantwortlichen nun einiges überlegt, um die Normalität wenigstens halbwegs nachzubilden. So wurden Hunderte von Stunden aus früheren Turnieren seziert und verschiedene Muster von Zuschauerjubel zusammengeschnitten. Diese werden nach gelungenen Bällen eingespielt. Möglich also, dass nach einem Punkt von Novak Djokovic der einstige Applaus nach einem Federer-Gewinnschlag aus den Boxen dröhnt. Den Serben dürfte das nicht stören.
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Noch innovativer ist die Idee von virtuellen Spielerboxen. Normalerweise werden die Akteure ja nicht nur von ihrem Coachingteam unterstützt, sie laden auch Familie und Freunde ein in ihre Box, die für Stimmung sorgen. Diese Atmosphäre soll nun virtuell geschaffen werden. Jeder Spieler hat die Möglichkeit, Gäste «einzuladen», die aus der Ferne via Livevideo auf Grossleinwand zugeschaltet werden. Man darf gespannt sein, wie rege das genutzt wird. Es könnte auch ablenken. Sicher ist es ein interessantes Feature für die TV-Zuschauer.
Die frühere Spitzenspielerin Martina Navratilova, Kommentatorin beim Tennis Channel, mutmasst, dass die leeren Sitze den weniger gut klassierten Spielern zugutekommen. «Denn sind sich die Topspieler gewohnt, vor grosser Kulisse zu spielen, kann es für die anderen schwierig sein, damit umzugehen.» Topfavorit Djokovic dürfte mit seiner mentalen Stärke weniger Probleme haben als andere. So pflegte er nun in New York nach seinen Siegen jeweils zu jubeln, als würden Zuschauer auf den Tribünen sitzen. An allen vier Ecken machte er die gewohnte Geste mit seinen beiden Händen, die symbolisiert, dass er den Besuchern sein Herz schenkt.
Ob er sich nicht etwas albern vorkomme, in leere Ränge zu jubeln, wollte ein Journalist wissen. So denke er nicht, sagte Djokovic. «Es ist Teil meiner Routine. Dieser Jubel gibt mir Halt. Er hilft mir, meine Mitte zu finden, und macht mir bewusst, dass ich dankbar sein kann, meine Energie mit anderen zu teilen. Auch mit jenen, die hoffentlich am Fernsehen zuschauen.» Dieser Mann hat wirklich eine lebendige Vorstellungskraft.
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