TV-Kritik «Tatort»Die Kommissarin, die scharf schiesst
Jubiläum in Weimar: Das Polizistenpaar Lessing und Dorn ermittelte zum zehnten Mal. Es war «Der letzte Schrey» – aber nicht ihr bester Fall.
Diesmal hatte Dorn (Nora Tschirner) die besseren Sprüche als Lessing (Christian Ulmen). Die beiden teilen ja Bett und Polizeiarbeit, haben auch ein Kind zusammen, und deswegen öfter Betreuungsprobleme, weil es auch im ruhigen Weimar so viele Verbrechen gibt. Ein französisches Au-pair soll es richten, aber diese Adrienne ist nicht gerade zuverlässig. Dorn schnappt ihre Entschuldigung auf und echot bei nächster Gelegenheit wunderbar französisch (und falsch): «Je suis tresolé.»
Sie kann es aber auch handfester. «Wenn Sie das Auto verlassen, schiesse ich Ihnen in den Fuss», droht die Kommissarin im Finale einem jungen Mann, dessen Vater irgendwo in einer leer stehenden Lungenheilanstalt gefangen gehalten und möglicherweise abgemurkst wird. Er wäre nicht der erste Tote bei diesem zehnten Einsatz des Paars in Weimar: Zuerst wird ein Hündchen mit dem Fleischhammer erschlagen. Wenig später dessen Besitzerin (ja, mit dem gleichen Hammer). Und dann noch der weibliche Teil des etwas unterbelichteten Verbrecherpärchens.
Die blinden Augenzeugen
Dieser «Tatort» schwankt also zwischen blutigen Absurditäten und scharfen Wortwitzen. Dafür lieben wir die Weimarer, allerdings ist die Mischung in früheren Folgen pointierter ausgefallen. Sind das normale Abnützungserscheinungen? Oder ist es vielleicht das zu verkrampfte Bemühen, zum Jubiläum noch überdrehter zu sein als sonst? Es gibt zum Beispiel zahlreiche Augenzeugen für einen Mord, aber das sind alles Mitglieder eines Blindenvereins. Oder: Der Chef persönlich entledigt sich eines lästigen Finanzkontrolleurs mittels Fressorgie am Grill und anschliessendem Matt durch Kotzen.
«Der letzte Schrey» heisst diese Folge, gemeint ist das Entführungsopfer: ein vom ehemaligen Frankfurter «Tatort»-Kommissar Jörg Schüttauf gespielter Patron einer Thüringer Strickwarenfabrik. Man könnte jetzt kalauern, deswegen wirke diese Folge handgestrickt. Aber die Inszenierung von Mira Thiel reiht in der Tat Pointe an Pointe und nimmt dazwischen etliche Unebenheiten in Kauf.
Das zeigt sich auch zum Schluss: Da kommt eben die Drohung vom Schuss in den Fuss. Der Bedrohte verlässt das Auto natürlich trotzdem, sobald die Kommissare fort sind, und findet das Entführungsopfer prompt. Die Lage spitzt sich zu, aber Dorn und Lessing irren irgendwo fernab durch die zerfallene Lungenheilanstalt. So blöd sind die doch nicht? Nein, das ist allein der nun folgenden Pointe geschuldet.
Die aber funktioniert wieder prächtig. Es kommt tatsächlich zu einer wilden Schluss-Schiesserei. Auch Kommissarin Dorn trifft. Wohin wohl?
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