Showdown im Pre-PlayoffDie Klotener geniessen die Rolle als Spielverderber
Die Zürcher dürfen gewinnen, der SC Bern muss: Das Duell um den letzten Playoff-Platz ist brisant. Verliert der Favorit die Nerven?
Kurz vor Mitternacht stossen in der «Wöschchuchi» am Schluefweg noch einige Kloten-Fans mit einem Bierchen auf den Erfolg ihrer Mannschaft an. Einmal mehr in dieser Saison sind sie positiv überrascht worden. Vor der Bar ist auch Clubpräsident Mike Schälchli anzutreffen. Von allen Seiten wird ihm gratuliert.
Kloten hat sich gegen Bern behauptet und sich in der Pre-Playoff-Serie zurückgemeldet. Nicht mit einem erzitterten, sondern mit einem klaren 4:1-Sieg – und das, nachdem die Zürcher Spiel 1 in der SCB-Arena diskussionslos 1:5 verloren hatten. Ihre eindrückliche Leistung wird entsprechend gefeiert, die Stimmung ist ausgelassen.
Grössenwahnsinnig sind sie nicht geworden in Kloten. Sie glauben aber an ihre Chance, sowohl die Spieler als auch die Fans. Ein alteingesessener Anhänger umarmt Schälchli und prognostiziert: «Am Samstag gewinnen wir, ich weiss es.» Der Präsident zuckt etwas ungläubig mit den Schultern. «Bern wird All-in gehen, das wird enorm schwierig für uns», gibt er zu bedenken.
Marchons Lächeln spricht Bände
Schälchli sagt: «Wir haben eigentlich keine Chance.» Er setzt ein Lächeln auf und fügt an: «Aber die versuchen wir zu nutzen.» Genauso dürften das die meisten Fans sehen. Sie sind dankbar, dass Kloten überhaupt so weit gekommen ist – ins Pre-Playoff und jetzt sogar ins Entscheidungsspiel. Kaum jemand hätte das erwartet. Am Schluefweg gehen sie davon aus, dass ihr Team am Samstag eine Siegchance von 30 Prozent hat. Doch sie kann rasch in die Höhe schnellen, sollte es den Bernern nicht wie gewünscht laufen, das Publikum ungeduldig und die Spieler nervös werden. Das wissen sie in Kloten.
Sie wissen ebenso, dass Topskorer Chris DiDomenico die Berner auf Abwege brachte. Der Hitzkopf checkte am Anfang des Mitteldrittels Randegger mit dem Ellbogen in den Nackenbereich und musste dafür fünf Minuten auf die Strafbank. Die Berner schäumten, die Zürcher trafen in Überzahl zweimal innert 58 Sekunden.
«Wir haben zum Glück DiDo etwas provoziert.»
Marc Marchon lächelt nach Spielende verschmitzt in die TV-Kamera und sagt: «Wir haben zum Glück DiDo etwas provoziert.» Der Flügel hat allen Grund zur Schadenfreude. In Spiel 1 war er es noch gewesen, der seiner Mannschaft mit einem Ellbogencheck gegen DiDomenicos Kopf einen Bärendienst erwiesen hatte. Der Raufbold kassierte dafür eine grosse Strafe und musste unter die Dusche. Nun hat sein Gegenspieler die Nerven verloren.
Unterschiedliche Töne und Stimmung
Im Interview mit Mysports jammert Berns Simon Moser über die Strafe gegen DiDomenico. Diese sei nicht gerechtfertigt gewesen. Die TV-Aufnahmen zeigen allerdings ein anderes Bild, die Schiedsrichter haben richtig entschieden. «Da müssen wir jetzt durch», sagt Moser mit Blick auf den Showdown vom Samstag. Seine Worte widerspiegeln die Gefühlslage der Berner.
Auf der anderen Seite tönt es ganz anders. Marchon spricht davon, am Samstag wieder gleich gut ins Entscheidungsspiel starten zu wollen, und betont dann ganz locker mit breitem Grinsen: «Das Ziel ist sicher das Playoff.» Und Miro Aaltonen, der Vorbereiter zum 2:0, lobt seinen Landsmann Juha Metsola: «Er fliegt momentan.» Der finnische Goalie liess sich nur einmal bezwingen, wurde mit jeder Parade noch selbstbewusster.
Die Berner wirken angespannt
Während der Aufsteiger sein Saisonziel längst erreicht und im entscheidenden Spiel nichts zu verlieren hat, steht der Grossclub in der eigenen Arena massiv unter Druck. Ein Aus wäre für den SCB eine riesige Schmach. Wie ist die Stimmung in Bern am Tag nach der Ohrfeige und vor dem Showdown? Angespannt. Coach Toni Söderholm mag weder über Strafen noch Schiedsrichter reden. «Ich gehe davon aus, dass alle Parteien die vorgefallenen Themen angesprochen haben, und erwarte darum ein sauberes Hockeyspiel am Samstag», sagt er mit seiner typischen ernsten Miene.
Es darf mit einem Showdown gerechnet werden, der seinem Namen gerecht wird. Allein aufgrund der brisanten Ausgangslage, die für die beiden Clubs nicht unterschiedlicher sein könnte. Und wegen all der Duelle auf dem Eis. Jenes von Marchon gegen DiDomenico steht im Vordergrund. Hinzu kommt das Battle zwischen den Goalies Metsola und Philip Wüthrich, das ebenfalls matchentscheidend sein kann.
Auch das Trainerduell ist brisant
An der Bande liefern sich auch die beiden Coachs ein heisses Duell. Das Team von Toni Söderholm muss liefern. Jenes von Jeff Tomlinson spielt darum, das Ende der erfolgreichen Trainerkarriere des Kanadiers weiter hinauszuzögern. «Es scheint, dass Jeff noch nicht bereit ist, als Trainer aufzuhören – und das spürt die Mannschaft», sagt Präsident Schälchli.
Sollte Tomlinson die Klotener in den Viertelfinal führen, wäre das ein weiterer Coup. Söderholm hat ihn bei der exklusiven Eishockey-Awards-Umfrage der Tamedia-Zeitungen zum besten Coach der Liga gewählt. Er weiss um die Qualitäten seines Gegenübers. Es ist angerichtet für den Showdown.
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