Die Kehrseite der NHLWenn das Team gegen das Management spielt
In der Glitzerwelt des Eishockeys gibt es auch diese Facette: wenn eine ganze Franchise kein Interesse am aktuellen Erfolg hat, sondern nur in die Zukunft schielt.
Sie tun es wieder. Die Arizona Coyotes, NHL-Aussenseiter der besonderen Art, performen besser als erwartet. Schon letzte Saison war ihnen nichts zugetraut worden, sie erfüllten diese Erwartungen auswärts mit 7:34 Siegen. Doch zu Hause gelang mit 21:20 eine positive Bilanz, die bis zur Transfer-Deadline sogar noch besser gewesen war.
Dann taten die Coyotes das, wofür sie berüchtigt sind: Sie verdealten drei ihrer wichtigsten Verteidiger sowie zwei Stammstürmer und erhielten unter anderem Shea Weber und Jakub Voracek als «Gegenwert». Beide dürften nie mehr Eishockey spielen, besitzen aber teure Verträge bis 2026 respektive 2024, die das Lohntotal belasten. Das ist in einer Liga mit Obergrenze schlecht, nicht aber für Arizona: Das Team ist so billig, dass die eigenen Spieler nicht reichen, um die ebenfalls reglementierte Untergrenze zu erreichen.
In Arizona findet ein Rebuild statt, es wird nur in die Zukunft investiert, und wenig bis nichts unternommen für den aktuellen Erfolg. Patrik Nemeth, Topspieler Arizonas im Penalty Killing, wurde im Sommer aus einem laufenden Vertrag ausbezahlt – erst so wurde sein Wechsel nach Bern möglich.
«Es fühlte sich wie ein ‹Wir gegen sie› an.»
Er fasst letzte Saison so zusammen: «Ich habe so viele verrückte Dinge erlebt, die nichts mit Sport, aber viel mit Business zu tun haben.» Da die Reihenfolge im jährlichen Draft nach der umgekehrten Tabelle bestimmt wird, war es 2023 für Teams im Rebuild besonders «lukrativ», schlecht zu sein: Es winkte Riesentalent Connor Bedard. Doch damit Niederlagen nicht zwingend belohnt werden, wurde 1995 die Draft-Lotterie eingeführt: Da wird unter den Schlechtesten ausgelost, wer als Erster zieht.
Der Hintergrund war der Draft 1993, in dem Alex Daigle begehrt war und sich Ottawa und San Jose auf tiefstem Niveau ein Duell um den letzten Platz lieferten. Was gegen Ende Saison aber geschah, ist faszinierend und ein Beweis, dass sportlicher Geist Businessgedanken in die Quere kommen kann. Spieler und Trainer hatten die ständigen Schwächungen durch das Management satt und versuchten erst recht, Spiele zu gewinnen.
Dasselbe geschah bei Arizona letzte Saison: «Es fühlte sich wie ein ‹Wir gegen sie› an», beschreibt es Nemeth, der zufrieden feststellt, dass in der Bedard-Lotterie nicht die Coyotes siegten, sondern Chicago.
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