Die historische Chance – das spricht für die Schweiz
Was das Nationalteam tun und lassen muss, um heute den Achtelfinal gegen Schweden zu überstehen – und damit erstmals seit 1938 ein K.o.-Spiel einer WM.
Es ist das Spiel der grossen Chance und die Gelegenheit, Schweizer Sportgeschichte zu schreiben: Heute Nachmittag kämpft der Mannschaft von Vladimir Petkovic gegen Schweden um den Einzug in den WM-Viertelfinal. Ein Sieg hätte grossen Wert: Ein K.o.-Spiel an einer WM hat das Schweizer Nationalteam letztmals 1938 gewonnen.
Schweden mag auf Papier einer der leichteren Gegner sein - aber der Schein trügt. Zumal mit Stephan Lichtsteiner und Fabian Schär zwei Stammverteidiger gesperrt fehlen. Es gibt aber genügend Grund zur Zuversicht – selbst grosse Wettanbieter wie Interwetten (Quote 2,6 zu 3,1) oder William Hill (2,7 zu 3,0) sehen die Schweiz in der Favoritenrolle.
Den Ernst der Lage erkannt
Eines ist der Schweiz an dieser WM noch nicht gelungen: das perfekte Spiel. Gegen Brasilien sorgte ein Traumtor für den Rückstand, gegen Serbien und Costa Rica war der schwache Start aber selbstverschuldet. Der heute wegen gelber Karten gesperrte Stephan Lichsteiner nennt das im Interview mit der «SonntagsZeitung» ein Problem, ärgert sich, dass als Mannschaft nicht alle zu hundert Prozent in den Spielen gewesen seien und fordert mit Blick auf heute Nachmittag: «Da müssen wir künftig aufpassen.»
Oft genügt den Schweden ein einzelner Fehler, ehe sie den Teambus vors eigene Tor zu fahren pflegen. Aber Lichtsteiners Aussagen zeigen: Die Schweizer scheinen den Ernst der Lage erkannt zu haben. Und sie selbst haben sich in allen drei Spielen aus den mehr oder weniger misslichen Lagen befreit. Vor allem der Rückstand gegen die Serben war gefährlich, eine Niederlage hätte das Aus bedeutet. Mit zwei wunderbaren Toren befreiten sie sich daraus – ganz im Stil einer grossen Mannschaft.
Seferovic und Xhaka gefordert
Was der Schweiz aber fehlt, um auch tatsächlich als grosse Mannschaft zu gelten, sind Stürmer, auf die sich die Mannschaft jederzeit verlassen kann. Das braucht nicht gleich ein Kylian Mbappé zu sein. Aber mehr als gegen Brasilien und Serbien muss heute schon kommen von Haris Seferovic – sofern wirklich der Mann aus Sursee spielt. Gegen die baumlangen schwedischen Verteidiger scheint ein Einsatz des kräftigen Zentralschweizers allerdings doch sinnvoll.
Und Seferovic hat die Schweizer Fussballfans ja schon einmal in den 7. Himmel geschossen, auch wenn das inzwischen eine Weile her ist: beim Triumph der U-17 an der WM 2009. Die Schweiz als Weltmeister – «wer hätte das damals gedacht?», fragt Stéphane Henchoz rhetorisch, einst selber Nationalspieler und heute Experte beim Westschweizer Fernsehen.
So wollen wir ihn sehen: Xhakas Traumtor gegen Serbien. (Video: SRF)
Nur: Damit sein Spiel gegen die defensiv so gut organisierten Schweden funktioniert, braucht Seferovic Unterstützung. Er braucht einen Xherdan Shaqiri der besten Tage an seiner Seite, der ihn mit Bällen füttert und trotzdem so unberechenbar wie möglich bleibt. Er braucht Blerim Dzemaili als zusätzliche, halbe Spitze, der aus der Distanz auch einmal draufhält. Und vor allem braucht Seferovic – braucht die Schweiz – einen Granit Xhaka in bester Spiellaune. Und nicht den Xhaka aus der Gruppenphase. Mit ihm steht und fällt der Erfolg dieses Teams.
Sommer – die Weltklasse im Tor
Von allen Exportgütern im Schweizer Fussball sind derzeit die Torhüter besonders beliebt. Nicht weniger als neun Schweizer Goalies stehen in den fünf grossen Ligen unter Vertrag. Der beste von allen ist Yann Sommer – und an der WM beweist er, dass der einstige Basler völlig zurecht die Nummer 1 des Nationalteams trägt. In allen drei Spielen war er seinem Team ein sicherer Rückhalt, und gegen Costa Rica parierte er gar brillant. Nein: Weltklasse. Für das blöde Gegentor zum späten 3:3 konnte er nichts – auch wenn er selbst der Schütze war.
Die Wahnsinnsparade von Yann Sommer gegen Costa Rica. (Video: SRF)
Nun gegen Schweden mag die Abwehr vor ihm neu formiert sein, mutmasslich spielt Johan Djourou für den gesperrten Fabian Schär in der Innenverteidigung. Ein Sicherheitsrisiko? Nicht mit diesem Yann Sommer im Tor.
Positive Bilanz
Zugegeben: Eine allzu klare Sache ist es nicht. Trotzdem liegt die Schweiz im Direktvergleich mit den Schweden vorne. 28 Spiele, 11 Siege, 10 Niederlagen – gegen kein anderes Nationalteam hat die Schweiz öfter gespielt und trotzdem eine positive Bilanz. Mit 70 Prozent verlorenen Spielen wäre Deutschland schon rein statistisch der deutlich härtere Brocken gewesen.
Den Auftakt in der schwedisch-schweizerischen Rivalität machte ein 1:0-Sieg der Schweiz vor 98 Jahren in Stockholm. Zuletzt trafen die beiden Teams in einem Testspiel im März 2002 aufeinander (1:1). Dazwischen lagen legendäre Spiele wie das 2:1 im Entscheidungsspiel für die WM 1962 auf neutralem Terrain in West-Berlin – vor 40'000 Zuschauern. Oder das 4:2 im EM-Qualifikationsspiel im Herbst 1994. Oder das Rückspiel in derselben Kampagne, bei dem das Nationalteam auf Initiative von Alain Sutter gegen die französischen Atomtests in der Südsee protestierten.
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