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Meinung

Freispruch für Pierre Maudet
Die Genfer Staatsanwaltschaft hat alles richtig gemacht

Im Berufungsprozess wegen Vorteilsannahme im Amt vermochte Pierre Maudet die Richter davon zu überzeugen, dass er mit seiner Luxusreise nach Abu Dhabi keine Straftat begangen hat.
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Die Affäre um den ehemaligen Genfer Staatsrat Pierre Maudet (ex FDP) hat eine unerwartete Wende genommen. Nach einem Schuldspruch wegen Vorteilsannahme im Amt resultierte im Berufungsprozess ein Freispruch. Für die schriftliche Urteilsverkündung nahm sich das Gericht der zweiten Instanz fast drei Monate Zeit. Es sieht keinen strafrechtlichen Beweis dafür, dass sich Maudet vom Königshof der Vereinigten Arabischen Emirate hat korrumpieren lassen und für seine bezahlte Luxusreise nach Abu Dhabi im November 2015 eine Gegenleistung erbracht hat oder erbringen wollte.

Ambivalente Aussagen

Das Urteil ist dennoch voller ambivalenter Aussagen. So anerkennt das Gericht mitunter, dass die Reise zugunsten Maudets, seiner Familie und seines Stabschefs eine Dienstleistung «mit hohem Gegenwert» war. Zudem muss Maudet einen Teil der Untersuchungs- und Gerichtskosten selbst bezahlen, weil er mit seinem Verhalten die Strafuntersuchung erst ausgelöst hat. Das Gericht hat ihm zudem lediglich 40’000 Franken Parteientschädigung zugesprochen, viel weniger als ebenfalls freigesprochenen Mitangeklagten, obschon sich Maudet von nicht weniger als drei Anwälten verteidigen liess.

Über den Freispruch sagt das einiges aus. Das 90 Seiten lange Urteil scheint keineswegs absolut kohärent und damit unumstösslich zu sein. Darum, und weil die erstinstanzliche Einzelrichterin zu einem ganz anderen Urteil kam, muss die Staatsanwaltschaft das Urteil ans Bundesgericht weiterziehen. Das höchste Schweizer Gericht muss im Fall Maudet abschliessend beurteilen, ob der ehemalige Staatsrat mit seiner Reise nach Abu Dhabi ein Korruptionsdelikt beging oder nicht. Die Bürgerinnen und Bürger müssen von der Justiz eine klare Botschaft erhalten, was in der Schweiz an der Spitze des Staates erlaubt ist und was nicht.

Vorwürfe sind verfehlt

Die nach dem Freispruch erhobenen Vorwürfe gegen die Genfer Staatsanwaltschaft und Rücktrittsforderungen gegen Generalstaatsanwalt Olivier Jornot sind indes völlig verfehlt. Die Strafjustiz hat nach Bekanntwerden der Fakten rund um die Luxusreise des Genfer Magistraten das einzig Richtige gemacht: Sie hat eine Strafuntersuchung eröffnet und an deren Ende Anklage erhoben. Damit hat die Justiz ihre Unabhängigkeit bewiesen und gezeigt, dass sich auch ein Regierungsrat nicht um geltendes Recht foutieren kann.

Angesichts des Freispruchs und mit Blick auf die Gesamterneuerungswahlen im kommenden Jahr sehnen sich einzelne Politbeobachter und Journalisten ein politisches Comeback von Pierre Maudet regelrecht herbei. Ihre Lust auf ein weiteres Kapitel Genfer Operetten-Politik scheint ungebrochen. Maudets Fürsprecher ignorieren dabei aber zentrale Fakten.

Maudet hat rund um seinen Trip nach Abu Dhabi das Volk, die Justiz und auch seine Kolleginnen und Kollegen in der Regierung belogen und Personen zum Lügen animiert. Zudem kandidierte Maudet im Frühjahr 2021 als sein eigener Nachfolger – und wurde abgewählt. Dieses Plebiszit wirkte wie eine Zeitenwende. Vor allem aber gibt es ein der Genfer Justiz übergeordnetes Gericht. Ein allfälliger Schuldspruch seitens des Bundesgerichts könnte alles wieder verändern. Jetzt ist definitiv der falsche Zeitpunkt, um über Maudets politisches Comeback zu diskutieren. Die Affäre geht weiter.