Die Fussballerinnen wollen auf der WM-Welle reiten
Zum Start der Meisterschaft fordert die 129-fache Nationalspielerin Martina Moser mehr Aufmerksamkeit.
So langsam scheinen ihre beiden Begleiter unruhig zu werden. Doch Martina Moser stört das nicht. Die FCZ-Spielerin redet weiter, und es sieht aus, als könnte sie das stundenlang. So ist das im Fussball der Frauen in der Schweiz. Die Spielerinnen haben einiges zu sagen. Und auch wenn Mann nicht immer die nötige Geduld aufbringt, um zuzuhören: Sie wollen, dass sich etwas ändert.
Schliesslich wäre jetzt der Zeitpunkt, den Sport auch hierzulande voranzubringen. Die WM in Frankreich war ein Erfolg, begeisterte Millionen. Das Matchtrikot der Weltmeisterinnen aus den USA wurde zum meistverkauften Nike-Shirt der Saison. Moser staunt darüber, wie sich Amerikaner auch für Ligaspiele begeistern. Zuletzt war das Heimspiel von Portland, dem Team von Nationalspielerin Ana-Maria Crnogorcevic, mit 25218 Zuschauern ausverkauft.
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Eine Entwicklung sei auch in der Schweiz spürbar, findet Moser. Sie muss es wissen. Bis zu ihrem Rücktritt aus dem Nationalteam nach der EM 2017 bestritt sie 129 Länderspiele, damals kam keine Schweizerin auf mehr Einsätze. Nun steht die Burgdorferin hinter Lara Dickenmann auf Position 2. «Als Kind hätte ich es nie für möglich gehalten, einmal Profi werden zu können», erzählt die Mittelfeldspielerin. Dass sie dann zehn Jahre in der Bundesliga vom Fussball leben konnte, zeigt, wie sich die Perspektive für Frauen positiv verändert hat.
Die Leere in der Liga
In der Schweiz betrifft die Veränderung vor allem das Nationalteam: «Früher mussten wir beispielsweise unsere Rolltaschen selber bezahlen, heute haben wir professionelle Strukturen.» Mittlerweile stimmten da Aufwand und Ertrag einigermassen. «In der NLA gibt es noch Potenzial», sagt Moser.
Denn von US-Zuständen können die Spielerinnen der heute startenden NLA nur träumen. Viel mehr als 200 Zuschauer sind selten dabei. Als der FCZ Anfang Juni das letzte Saisonspiel im Letzigrund bestreiten durfte und im Anschluss den Meisterpokal erhielt, kamen rund 400 Schaulustige. Wer nicht da war: Medien. «Das fand ich extrem enttäuschend», sagt Moser. Regelmässig werde über Randsportarten berichtet, «aber von uns werden auf SRF nicht einmal die Resultate eingeblendet. Wir verlangen ja nicht viel, aber kurze Beiträge würden helfen, damit man uns ein bisschen wahrnimmt.» Auch mit dem WM-Studio auf SRF war sie nicht glücklich. Während die Deutschen verschiedene ehemalige Nationalspielerinnen einluden und Spielerinnen in Hintergrundberichten vorstellten, hätten auf SRF Experten «Fachausdrücke verwendet, mit denen Laien wenig anfangen können». Die 33-Jährige glaubt, dass der Schlüssel zu mehr Aufmerksamkeit relativ simpel sein kann: «Die Leute müssen uns nur kennen lernen. Dann spüren sie unsere Leidenschaft – wie wir mit Herz dabei sind.» Ausserdem habe sie nach der WM viele positive Rückmeldungen zum spielerischen Niveau erhalten.
Es braucht viel mehr Geld
Ein ähnlich hohes Level ist in der NLA allerdings nicht zu erwarten. Und das hat einen einfachen Grund: «Solange wir den Spielerinnen hier kein Profitum anbieten können, bleiben wir eine Ausbildungsliga.» Moser sagt, sie habe nach ihrer Rückkehr aus Deutschland ein halbes Jahr gebraucht, um sich an die Doppelbelastung von Arbeit auf der FCZ-Geschäftsstelle und Training wieder zu gewöhnen. Doch hier beginnt der Teufelskreis: Um Fussballerinnen wenigstens zu 50 Prozent anzustellen, braucht es Geld. Viel mehr Geld als heute. Dieses muss aber zuerst generiert werden, so funktioniert das Geschäft.
Davon ist man in der Schweiz weit weg, deshalb braucht es gemäss Moser viel Goodwill von Einzelpersonen oder den Vereinen. Oder neue Strukturen: «Der SFV unternimmt viel, ist aber eher auf das Nationalteam fokussiert. Vielleicht müsste man die Zusammenarbeit mit der Swiss Football League suchen.» Die Frauen der gleichen Liga unterstellen wie die Männer, das wäre ein Schritt in Richtung Gleichstellung. Gemäss SFL-Sprecher Philippe Guggisberg ist das eine der Möglichkeiten, die geprüft werden.
Nach einer halben Stunde muss sich Moser verabschieden. Zu gerne würde sie weiterreden, über die Liga, Gleichberechtigung, Vermarktungsmöglichkeiten. Doch ihre Zeit ist begrenzt, sie muss zurück zur Arbeit. So ist das, in der Schweiz, im Spitzenfussball der Frauen.
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