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Simon Bodenmanns Leiden
Die Freude war zurück, dann traf ihn dieser Kinnhaken

So passierte es: Ambris Goalie Damiano Ciaccio streckt im zweiten Saisonspiel ungewollt Simon Bodenmann nieder.
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Wer so viel erlebt hat wie Simon Bodenmann in den letzten zwei Jahren, ist so leicht nicht mehr aus der Bahn zu werfen. «Ich bin heute besser aufgestanden als nach anderen Niederlagen», sagt er am Tag nach dem missglückten Playoff-Auftakt beim 4:5 gegen Biel und blinzelt bei der Kunsteisbahn Oerlikon in die Sonne.

«Weil ich weiss, dass wir die Fehler bei uns suchen müssen. Die Energie war da bei allen, alle freuten sich aufs Playoff, und das endlich wieder vor Zuschauern. Aber wir waren übermotiviert, wollten zu viel und verloren die Geduld. Im Unterzahlspiel stürmten wir zu dritt in die Ecke, und ein Bieler war allein vor dem Tor. So etwas tun wir sonst nicht. Wenn sich jeder auf seinen Job konzentriert, bin ich positiv gestimmt.»

Geduld war für den 34-Jährigen in diesem Winter ein Schlüsselwort. Er blickte auf eine schwierige Saison 2020/21 zurück mit zwei Corona-Infektionen und einer schweren Gehirnerschütterung, wegen der er mehrere Monate verpasst hatte. «Ich fühlte mich auch danach nie so, wie ich mich sonst auf dem Eis fühle», sagt er. «Dazu die Spiele in leeren Hallen. Es war trostlos, ein sehr schwieriges Jahr für mich. Umso mehr freute ich mich auf diese Saison. Ich hatte den Spass am Eishockey wiedergefunden.»

«Es war null Absicht von Ciaccio. Einfach eine blöde Situation. Ich dachte zuerst, es sei nicht so schlimm.»

Simon Bodenmann

Dieser Spass überdauerte genau zwei Meisterschaftsspiele. Oder nicht einmal. Dann prallte Bodenmann im Heimspiel gegen Ambri mit Goalie Damiano Ciaccio zusammen. Der Puck war nach einem Schuss via Ciaccio in die Höhe gespickt, Bodenmann wollte nachsetzen und schaute nach oben zum Puck, der Torhüter verpasste ihm mit der Hand einen Kinnhaken. «Es war null Absicht von Ciaccio», sagt Bodenmann. «Einfach eine blöde Situation.» Er sackte nach dem Kinnhaken aufs Eis. «Ich dachte zuerst, es sei nicht so schlimm.» Er täuschte sich.

Daraus wurde eine über dreimonatige Pause, in der er auf eine harte Probe gestellt wurde: «Eine Zeitlang war ich weg vom Team, um den Fragen auszuweichen, ob es mir besser gehe und wann ich zurückkehren würde.» Darauf wusste er selber keine Antwort. Er trainierte mit Athletikcoach Matt Stendahl und im Swiss Concussion Center in der Schulthess-Klinik, tastete sich immer wieder an seine Grenzen heran. Manchmal überschritt er sie. «Dann bekommst du am nächsten Tag die Rechnung, hast du Kopfweh.»

Wie gut ging er damit um? «Da müssten Sie wohl meine Freundin fragen», sagt er schmunzelnd. «Nicht immer gut. Es war eine mühsame Zeit.» Manchmal sei er zu Hause wohl ungeniessbar gewesen, sagt er. Zum Glück sei seine Freundin, die als Sportlehrerin in Kantonsschulen in Zürich-Enge und Zug unterrichtet, beruflich sehr engagiert gewesen. «So konnten wir uns beide auf unsere Sachen konzentrieren. Es war gut, machte sie sich nicht auch noch tausend Gedanken um mich. Dafür hatte ich ja meine Therapeuten.»

Auch Teamarzt Gery Büsser habe sich immer wieder bei ihm erkundigt, wie es ihm gehe. «Er ist sehr feinfühlig und merkt, wenn einer nicht so ist, wie er sonst ist. Ich hatte das Gefühl, ich hatte es mental im Griff, auch wenn es nicht einfach war.» Bodenmann ist inzwischen so vertraut mit dem Umgang mit Gehirnerschütterungen, dass sein Testimonial auf der Website des Swiss Concussion Center als Erstes erscheint.

Zu den körperlichen Leiden kam die Ungewissheit, wie es für ihn weitergeht. Er kam 2018 mit einem Vierjahresvertrag nach Zürich, der nun auslief. Sportchef Sven Leuenberger habe ihm offen mitgeteilt, dass er erst wieder mit ihm über einen neuen Vertrag reden könne, wenn er gesund sei. Dann aber würden sie zusammensitzen. Bodenmann sagt: «Mir war auch klar: Wenn ich mich nicht gut fühle, muss ich auch nicht über einen neuen Vertrag nachdenken. Dann höre ich auf. Mein Fokus lag also ganz darauf, wieder gesund zu werden. Der Rest würde sich dann schon ergeben.»

«Wir haben von der Qualität her ein geniales Team. Wenn wir das aufs Eis bringen, können wir grossen Erfolg haben.»

Simon Bodenmann

Im letzten Spiel vor Weihnachten gab Bodenmann sein Comeback, quasi als verfrühtes Weihnachtsgeschenk. «Zuerst musst du das Vertrauen in deinen Körper wiederfinden. Dass es kracht und es okay ist. Dann brauchst du Spielpraxis, denn im Match geht schon alles viel schneller als im Training.»

Allmählich kam er wieder besser in Schwung, Anfang Februar unterschrieb er für ein weiteres Jahr. Andere Optionen habe er gar nicht abgecheckt: «Ich fühle mich mega wohl hier in Zürich. Wir haben von der Qualität her ein geniales Team. Wenn wir das aufs Eis bringen, können wir grossen Erfolg haben. Und davon möchte ich Teil sein.»

Fragt sich nur, ob die ZSC Lions im Playoff zusammenfinden. Bodenmann sagt: «Es ist ein Teamsport. Jeder muss für den anderen laufen, das Ego zurückstecken, die Fehler des anderen ausbügeln. Nur dann kannst du Erfolg haben. Wir haben so viele gute Einzelspieler, die immer mal wieder den Unterschied ausmachen können. Aber im Playoff reicht einer allein nicht, da musst du miteinander spielen. Wenn wir das schaffen, ist alles möglich. Und wenn nicht, ebenfalls, aber in die andere Richtung. Das sahen wir vor nicht langer Zeit, als wir in Ajoie chancenlos waren.»

Bodenmann weiss, wie es ist, Meister zu werden. 2016 und 2017 triumphierte er mit dem SC Bern. Aber was braucht es, um im Playoff zusammenzufinden? «In meinem ersten Jahr in Bern wurden wir von Rang 8 aus Meister. Wir gewannen den ersten Playoff-Match gegen den ZSC im Penaltyschiessen, das gab uns so viel Energie. Wir kamen in einen Flow, plötzlich passte alles zusammen.»

Wer weiss, vielleicht kommt diese Initialzündung bei den ZSC Lions ja heute in Biel.

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