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EU und die Krawalle in Washington
Die Europäer sind doppelt gewarnt

Bewunderer von US-Präsident Donald Trump: Sloweniens Premierminister Janez Jansa.
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Auf Tumulte in Washington müssen selbst Donald Trumps Fans in Europa irgendwie reagieren: «Alle sollten durch die Bilder der Gewalt irritiert sein», schrieb Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa auf Twitter. Ohne allerdings den Namen des Initiators hinter dem Marsch auf das Capitol beim Namen zu nennen. Jansa wies dafür mit dem Finger auch in die andere Richtung: «Ob von links oder rechts», Gewalt sei immer falsch.

Die Relativierung überrascht nicht, schliesslich hat der slowenische Regierungschef dem US-Präsidenten immer die Treue gehalten. Schon in der Wahlnacht im November attestierte der Rechtsnationalist seinem Idol im Weissen Haus, gewonnen zu haben.

Jansa ist der Einzige unter den Staats- und Regierungschefs in der EU, der bisher Joe Biden nicht zum Wahlsieg gratuliert hat. Das könnte noch interessant werden, wenn Slowenien im zweiten Halbjahr die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernimmt und möglicherweise Treffen mit dem neuen US-Präsidenten anstehen.

Orban schweigt

Die beiden anderen Trump-Fans unter den Staats- und Regierungschefs in der EU waren da wendiger. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, sonst nicht gerade wortkarg, sagte zwar nichts zu den putschähnlichen Ereignissen in Washington. Dem künftigen US-Präsidenten Joe Biden hat er aber inzwischen gratuliert. In Polen äusserte sich der Präsident Andrzej Duda. Sein Land glaube an die Kraft der amerikanischen Demokratie. Die Ereignisse in Washington seien eine «innere Angelegenheit» der Vereinigten Staaten.

Nicht alle Politiker in den europäischen Hauptstädten sind davon überzeugt. Aus den unzähligen Reaktionen ist jedenfalls grosse Sorge herauszuhören, dass die Krawalle nachhaltige Auswirkungen haben könnten. Die Europäer reden gerne von «strategischer Autonomie», können aber nicht wirklich ohne den grossen Bruder.

Die Hoffnungen vor dem Machtwechsel in Washington sind gross. Doch was, wenn es aus dem transatlantischen Neuanfang nach den bleiernen Trump-Jahren nichts wird, weil Präsident Biden zuerst sein eigenes gespaltenes Land befrieden muss?

Fragile Demokratien

Die Bilder aus Washington sind eine doppelte Warnung. Sie führen den Europäern auch vor Augen, wie zerbrechlich selbst eine gestandene Demokratie sein kann. Laut der US-Organisation Freedom House ist EU-Mitglied Ungarn schon heute keine Demokratie mehr. Was passiert, wenn zum Beispiel Viktor Orban nach Ungarns Parlamentswahlen 2022 eine Wahlniederlage nicht anerkennt? Und ist in Polen ein reibungsloser Machtwechsel noch möglich?

Die EU sei eine Wertegemeinschaft, sagte Portugals Premier António Costa am Donnerstag in einem Gespräch zum Auftakt des EU-Ratsvorsitzes seines Landes und vor dem Hintergrund der Ereignisse in Washington. Mitgliedstaaten, die in dieser Gemeinschaft bleiben wollten, müssten die Werte von Demokratie und Rechtsstaat teilen. Fraglich, ob diese Mahnung Nachahmer und Trump-Fans in Europa auf Dauer davon abschreckt, der autoritären Versuchung zu erliegen.

Auch sie konnten mit Donald Trump als US-Präsident sehr gut leben: Ungarns Premier Viktor Orban (rechts) mit Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki.