Kommentar zur EMS-EnthüllungDie EMS-Chemie mauert. Das ist unverständlich und schädlich
Die Historikerin Regula Bochsler durfte für ihre Forschungen nicht ins Archiv der EMS-Chemie. Nachfragen blockt die Firma ab. Das schadet der Geschichtsschreibung – und auch der EMS.
Es waren wenige, einfache Fragen, die diese Zeitung dem Milliardenkonzern EMS-Chemie Ende September stellte: Stimmt es, dass die Historikerin Regula Bochsler nicht im Archiv der EMS forschen durfte? Hat die Vorgängerfirma in den 50er-Jahren eine Variante des Brandkampfstoffes Napalm entwickelt, wie sie schreibt? Und warum steht das nicht in der Firmenchronik der EMS?
Daraufhin kam erst mal zwei Wochen keine Antwort. Auf Nachfragen und nach einem Anruf hiess es schliesslich kryptisch, man habe in den eigenen Akten keine «diesbezüglichen» Dokumente gefunden. Aber was heisst «diesbezüglich»? Bezüglich Napalm? Auch auf Nachfragen: keine Antwort. Historikerin Bochsler ging es genau gleich.
Der Konzern der Familie Blocher mauert. Das ist unverständlich – und schädlich.
Transparenz zu schaffen, schadet hier niemandem.
Unverständlich, weil die Entwicklung des Napalms über 70 Jahre zurückliegt und unter die Aufsicht der früheren Besitzer der EMS fiel. Es hat also keinen Einfluss auf das heutige Geschäft und die Familie Blocher. Transparenz zu schaffen, schadet hier niemandem.
Schädlich, weil der Vorgang zweifellos von historischer Bedeutung ist für die Geschichtsschreibung der Schweiz der 50er- und 60er-Jahre. Wer das Buch liest, merkt rasch, dass damals nicht nur die Leiter der EMS-Vorgängerin gegenüber Waffengeschäften sehr aufgeschlossen waren.
Auch die Gewerkschaften setzten sich für die Waffenfabrikanten ein. Ihr Motto war «Scheinmoral schafft Arbeitslosigkeit». Der Auftrag für die Napalm-Zünder ging an eine Firma, die auf Instrumente zur Qualitätsprüfung von Milch spezialisiert war. Das Thema Waffengeschäfte betrifft also nicht nur die Vorgängerin der Ems, sondern die ganze Schweiz.
Dass die EMS nun derart mauert, wirkt aus der Zeit gefallen. Es erinnert tatsächlich eher an ihre Vorgängerfirma, die alles versucht hat, um den Napalm-Export zu verheimlichen. Mit anderen Worten: Es schadet der EMS mehr als eine transparente Aufarbeitung.
Fehler gefunden?Jetzt melden.