Aufwertung eines FrauenberufsDeutlich mehr Lohn für die Kindergärtnerinnen
Bildungsdirektorin Silvia Steiner will die Kindergärtnerinnen den Primarlehrpersonen gleichstellen. Damit beendet sie einen langen Streit mit einem ganzen Berufsstand.
Nach langem Hin und Her will der Zürcher Regierungsrat die Löhne der Kindergärtnerinnen auf das Niveau der Primarlehrpersonen anheben. Das bedeutet für eine voll arbeitende Lehrperson eine Lohnerhöhung von 4000 bis 8000 Franken im Jahr, je nach Dienstalter. In Einzelfällen können es bis zu 10’000 Franken sein. Eine Berufseinsteigerin hat heute einen Jahres-Bruttolohn von rund 78’000 Franken, neu werden es gut 83’000 Franken sein.
Auch Heilpädagoginnen, die im Kindergarten arbeiten, werden mehr bekommen. Für Kanton und Gemeinden entstehen Mehrkosten von total 16,2 Millionen Franken.
Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte) präsentierte am Donnerstag eine entsprechende Änderung der Lehrpersonalverordnung, welche nun dem Kantonsrat vorgelegt wird. Auf eine vor zwei Jahren noch verlangte und umstrittene Bedingung für eine Lohnerhöhung will Steiner verzichten: Erfahrene Kindergärtnerinnen mit alter Ausbildung müssen keine Zusatzausbildung machen.
Die Bildungsdirektorin begründete die Anpassung der Besoldung so: «Wir wollen, dass diese Schulstufe, die verdiente Anerkennung erhält.»
Langer Kampf endet doch erfolgreich
Die Kindergärtnerinnen fordern die Anpassung der Besoldung bereits seit 14 Jahren, nachdem der Kindergarten mit dem neuen Volksschulgesetz zu einem obligatorischen Teil der Volksschule gemacht wurde. Zuvor waren Kindergärten freiwillige Angebote der Gemeinden.
Sie haben gegen den Kanton wegen angeblicher Diskriminierung eines Frauenberufs auch geklagt und waren damit vor dem Zürcher Verwaltungsgericht und zuletzt 2017 auch vor Bundesgericht gescheitert. Vor Bundesgericht fiel der Entscheid der fünf Bundesrichter allerdings nur mit einer 3:2-Mehrheit.
Konkret sollen die Kindergärtnerinnen nicht mehr in der Lohnklasse 18 entschädigt werden, sondern in die Lohnklasse 19, der auch die Primarlehrpersonen angehören.
Studiengang wird gestrichen
Weiter passt der Regierungsrat die Kindergärtnerinnen-Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich an. Der Studiengang, welcher nur zum Unterrichten im Kindergarten berechtigt, wird gestrichen, weil er die Anerkennung der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) verliert.
In Zukunft müssen alle Studierenden, welche im Kindergarten unterrichten wollen, den kombinierten Studiengang belegen, der auch die Zulassung auf der Unterstufe der Primarschule beinhaltet.
Freude bei den Lehrpersonen
Für Christian Hugi, Präsident des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (ZLV) und selber Unterstufenlehrer, ist diese Anpassung bei der Besoldung überfällig angesichts des eklatanten Mangels an Kindergärtnerinnen im Kanton Zürich.
Bereits ein halbes Jahr vor Ende des Schuljahres sind auf der kantonalen Stellenbörse in den Kindergärten weit über 100 offene Stellen auf Beginn des Schuljahres 2022/23 aufgeschaltet. Dies, obwohl die Kündigungsfrist auf Ende des laufenden Schuljahres erst im April ist.
Hugi ist überzeugt, dass die Lohnerhöhung beim Kampf gegen diesen Mangel hilft: «Das wertet diesen Frauenberuf auf.»
«Endlich ist unser Kampf für Lohngerechtigkeit nach 14 harzigen Jahren erfolgreich.»
Erfreut reagiert auch Ursina Zindel, Co-Präsidentin des Verbandes Kindergarten Zürich, einer Unterorganisation des ZLV. «Endlich ist unser Kampf für Lohngerechtigkeit nach 14 harzigen Jahren erfolgreich.»
In den vergangenen Jahren seien dem Kindergarten viele Lehrpersonen verloren gegangen, etwa weil sie wegen der besseren Löhne in die Primarschule gewechselt hätten.
Weitere Schritte gefordert
Zindel betont, die Anpassung der Löhne sei nur ein erster Schritt. So müsse auch anerkannt werden, dass die begleiteten Pausen für die Kindergärtnerinnen zur Arbeitszeit gehörten. Im Unterschied zu den Primarlehrpersonen müsse eine Kindergärtnerin in den Pausen die Kinder voll weiter betreuen. Dies sei bei der Berechnung der Pensen zu berücksichtigen und das Führen einer Kindergartenklasse als Vollzeitarbeit anzuerkennen.
Derzeit können Kindergärtnerinnen maximal 90 Prozent eines vollen Lohnes verdienen, weil ihre Unterrichtspensen mit 24 Wochenlektionen tiefer sind als jene der Primarlehrpersonen (28 Lektionen).
Zudem ist für Zindel die Unterstützung in den Klassen, etwa durch heilpädagogisches Personal, zu klein. Heute würden die Kindergärtnerinnen über ihre Grenzen hinaus beansprucht. Ursina Zindel zeigt aber Verständnis, dass diese Anpassungen nicht gleichzeitig möglich sind: «Wir sind dankbar, dass nun die Lohnfrage in unserem Sinne geklärt ist.»
«Ausserordentlich» erfreut reagiert auch der VPOD in einer Mitteilung: «Unser gewerkschaftlicher Kampf und unsere Ausdauer haben sich gelohnt.»
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