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Parlamentswahlen in Kroatien
Der unterschätzte Streber

Gegen heftige Widerstände der innerparteilichen Hardliner hat Andrej Plenkovic die Regierungspartei HDZ zur Mitte bewegt.
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Mit «Eye of the Tiger» feierte die Rockband Survivor einst einen Welterfolg. Diese Einlaufhymne aus dem Boxfilm «Rocky» wählte am Sonntagabend Kroatiens konservative Regierungspartei HDZ, um den Wahlsieg zu feiern. Sie kam auf 66 der 151 Mandate. Als der bisherige und künftige Ministerpräsident Andrej Plenkovic das Wort ergriff, waren keine Patriotismus-Schnulzen zu hören, auch Flaggen fehlten weitgehend.

Es ist vor allem Plenkovics Verdienst, dass die regierende Kroatische Demokratische Gemeinschaft entgegen allen Prognosen die Wahl klar für sich entschieden hat. Erwartet wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Sozialdemokraten (sie erlitten eine dröhnende Niederlage), und manche befürchteten, ohne die Rechtsextremisten des früheren Volksliedsängers Miroslav Skoro könne kein Kabinett gebildet werden. Die Hetzer werden zwar drittstärkste Kraft im Sabor, dem kroatischen Parlament, aber mit nur 16 Sitzen können sie die Rolle des Königsmachers nicht spielen. Der 50-jährige Plenkovic hat nun die Möglichkeit, mit Vertretern der nationalen Minderheiten und kleinen liberalen Parteien zu koalieren.

Traum jeder Schwiegermutter

Der Jurist ist der wohl meistunterschätzte Politiker Kroatiens. Er wurde als langweiliger und stiller Streber beschrieben, ein Technokrat und Traum jeder Schwiegermutter, der immer höflich und charmant ist. Plenkovic spricht vier Fremdsprachen, und er hat viele Jahre im Ausland verbracht: In Paris und Brüssel diente er als kroatischer Diplomat, im EU-Parlament war er Vorsitzender der Delegation für die Ukraine. Diese Erfahrung hilft ihm, souverän zu bleiben und nicht in jeden Sumpf der Lokalpolitik zu springen.

Unter Plenkovic hat Kroatien kaum Fortschritte im Kampf gegen die Korruption gemacht.

Gegen heftige Widerstände der innerparteilichen Hardliner hat Plenkovic die HDZ zur Mitte bewegt. Er gab auch dem Druck der mächtigen katholischen Kirche nicht nach, die eine Ratifizierung des Europarat-Abkommens gegen häusliche Gewalt ablehnte. Die sogenannten Wächter der Nation unterstellten Plenkovic, er wolle die gleichgeschlechtliche Ehe legalisieren und damit die «naturgegebene Geschlechterordnung» infrage stellen. Mitte März wurde er von der Basis als Parteichef mit achtzig Prozent der Stimmen wiedergewählt. Seine Herausforderer wollten die HDZ weiter nach rechts rücken und sehen den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban als Vorbild.

Unter Plenkovic hat Kroatien kaum Fortschritte im Kampf gegen die Korruption gemacht. Der Premier musste mehrere Minister auswechseln, die in Skandale verstrickt sein sollen. Der Filz hält sich hartnäckig – trotz des EU-Beitritts vor sieben Jahren. Seither haben Tausende gut ausgebildete Kroatinnen und Kroaten das Land verlassen.

Wahltermin vorgezogen

Am Sonntag profitierte Plenkovic vor allem von seinem Image als Corona-Krisenmanager. Darum hat er den Wahltermin vorgezogen. Mit 3151 Infizierten ist der 4,2 Millionen Einwohner zählende Staat einigermassen glimpflich durch die Pandemie gekommen. Bisher sind 113 Personen an der Lungenkrankheit gestorben. Wie den anderen Staaten der Region droht auch Kroatien nun eine zweite Welle, aber viele Menschen wollten offensichtlich keine Experimente und schon gar nicht einen Machtwechsel. Die Zeiten sind auch in der Adriarepublik unsicher, die wichtige Tourismusbranche rechnet mit dramatischen Einbussen. Die Krise wird wohl auch die Familie des Premiers treffen. Plenkovics Mutter stammt aus der Küstenstadt Makarska, sein Vater wurde auf Hvar geboren. Auf der Ferieninsel leben immer noch Verwandte, die sehr feine Weine produzieren.