Lukas Mandl übernimmt in BrüsselDer Österreicher, der die Schweiz und die EU versöhnen will
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind an einem Tiefpunkt. Nun übernimmt der österreichische Europaparlamentarier Lukas Mandl den schwierigen Fall.
«Auf gehts!», twitterte Lukas Mandl diese Woche nach einem Treffen mit Aussenminister Ignazio Cassis. Das Gespräch sei ein idealer Start gewesen. In den kommenden Wochen wird der 42-jährige Europaabgeordnete im Auftrag des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten einen Bericht über die Beziehungen zur Schweiz verfassen.
Lukas Mandl signalisiert Wohlwollen: Die Beziehungen seien trotz des Scheiterns der Verhandlungen zum Rahmenabkommen «jeden Tag und jede Minute aufrecht und exzellent», schrieb er in einem Statement. «Die Verhandlungen für einen Rahmenvertrag in der Vergangenheit haben gezeigt, wie es nicht geht. Auf beiden Seiten hat man dem Trennenden zu viel Aufmerksamkeit gewidmet und dem Gemeinsamen zu wenig. Dabei ist das Gemeinsame viel mehr.»
Neustart der Beziehungen
Schon beim Abbruch der Verhandlungen war Mandl mit ausnehmend Schweiz-freundlichen Aussagen aufgefallen: «Wir dürfen jetzt nicht wie beim Brexit den Fehler machen, die Gründe für den Abbruch ausschliesslich in Bern zu suchen», sagte er. «Die Gründe liegen schon auch in Brüssel.» Als neuer «Chefverhandler des Europaparlaments zur Schweiz» – so bezeichnet er sich selber – setze er auf einen Neustart der Beziehungen.
Bevor er diese Aufgabe übernahm, war die Schweiz kein Thema seiner politischen Arbeit. Dass er die Aufgabe anstrebte, hat mit dem früheren EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker zu tun. Mit der Schweiz keinen Durchbruch erzielt zu haben, gehöre zu den wenigen Dingen, die er bedauere, hatte Juncker gesagt. Da sei ihm klar geworden, wie wichtig dieses Thema sei, sagt Mandl im Gespräch. «Ich habe eine klare Vorstellung davon, wie wir in Europa zusammenhalten müssen – auch angesichts der Entwicklungen in anderen Teilen der Welt.»
Flugblätter zum EU-Beitritt
Die Europäische Union hat Lukas Mandl schon früh begeistert. Als 14-Jähriger verteilte er vor der Abstimmung über den Beitritt Österreichs zur EU an seiner Schule Flugblätter. «Es war die politische Initialzündung», sagt Mandl. Später trat er der ÖVP bei, der Partei des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Mandl bezeichnet sich als Kurz’ «Unterstützer der ersten Stunde».
Im Europaparlament sitzt er seit 2017. Neun Jahre vorher war der Kommunikationswissenschaftler in den Niederösterreichischen Landtag gewählt worden. Zu seinen politischen Stationen gehört auch das Amt des Vizebürgermeisters der Stadtgemeinde Gerasdorf bei Wien, wo er aufgewachsen ist. In der Freizeit unternimmt er regelmässig Pilgerwanderungen.
Mit vollem Respekt
Seinen Schweiz-Bericht gehe er «mit vollem Respekt für die Schweizer Position» an, sagt Mandl. Er will ausloten, wie die EU gemeinsam mit der Schweiz Innovation vorantreiben kann. Auch mögliche Kooperationen in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung sollen ein Thema sein. Als Rosinenpickerin sieht Mandl die Schweiz nicht. Manches werde übersehen. Zum Beispiel, wie die Schweiz Europa bei der Bewältigung der Migrationsherausforderungen unterstütze.
Im Herbst will Mandl seinen Bericht dem Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des Europaparlaments vorlegen. Das Plenum dürfte ihn Anfang nächsten Jahres diskutieren und zuhanden der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten verabschieden – als Empfehlung.
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