Der neue FCZ-Trainer«Dazu fragen Sie am besten Milos Malenovic»
Murat Ural stellt sich als Co-Cheftrainer des FC Zürich vor – dabei geht es nicht zuletzt um die besondere Rolle, die der Sportchef auf Wunsch der Canepas ausübt.
In Mainz ist es seit Dienstag laut. Bo Henriksen spielt neuerdings da seine Platte ab, in der er von «die», «believe» und «trust» redet, vom Sterben füreinander, vom Glauben und vom Vertrauen. Am neuen Ort wird er dafür von den Medien euphorisch begrüsst. «Er betritt eindrucksvoll die Bühne», heisst es. Oder: «Da ist Feuer drin.»
In Henriksens alter Heimat geht es beschaulicher zu und her, als der FC Zürich am Freitag seinen neuen Trainer vorstellt. Drei Journalisten schaffen es bis nach Schwamendingen, als Murat Ural seine erste Medienkonferenz gibt. Co-Cheftrainer ist sein Titel, weil es neben ihm noch Umberto Romano in der gleichen Funktion gibt.
Ancillo Canepa lässt sich bei dieser Gelegenheit nicht blicken. Dabei ist er immer vor Ort, wenn ein neuer Cheftrainer präsentiert wird. Das war er sogar, als Genesio Colatrella interimistisch die Nachfolge von Franco Foda antreten durfte. Canepa würdigte ihn als «Toptrainer». Jüngst hat sich Colatrella vom FCZ verabschiedet. Er wollte sich nicht von der U-21 in die U-19 zurückstufen lassen.
Turbulent und speziell seien die Tage seit Dienstag gewesen, sagt nun Ural. Und die Entwicklung zeige wieder einmal, wie schnelllebig der Fussball sei. Ural, erst 36, ist ein bedachter Redner, und das Überschäumende à la Henriksen ist nicht seine Sache. Trotzdem sagt Milos Malenovic: «In einer solchen Phase ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wie es gekommen ist.»
Malenovic ist der Sportchef, der eingeteilt ist, die beiden Trainer zu unterstützen. So hat es im Communiqué vom Dienstag geheissen. Und die Interpretation bei vielen ist sofort gewesen, dass er jetzt am Ziel sei und den Trainern in die Arbeit reinreden würde.
Auftritt Malenovic
Unter der Woche ist er jedenfalls mit auf dem Platz gestanden, um Trainer und Mannschaft zu begleiten. Dabei gibt es doch das Zitat von der Vorwoche, als er, damals noch neben Henriksen sitzend, sagte: «Ich habe mich von den besten Sportdirektoren in Europa ausbilden lassen und gelernt, dass du dich nie in die Aufstellung und die taktischen Details einmischen darfst.»
Wie ist das nun, Murat Ural? Dass Malenovic alles beobachtet, die Spieler und ihre Körpersprache, dass er Inputs gibt, wenn er Anlass dazu hat, das erzählt Ural. Aber bei der Frage, ob das nun ein Widerspruch zur Aussage von vergangener Woche sei, weicht er aus: «Für weitere Details fragen Sie Milos Malenovic.» Trotzdem ist ihm eine Bemerkung wichtig: «Wir entscheiden alles gemeinsam.»
Als Ural sich wieder zurückgezogen hat, schaut ebendieser Malenovic vorbei. Er hört sich die gleiche Frage an und sagt: «Ich würde mich beim Cheftrainer nie einmischen.» Und das will er auch jetzt nicht machen.
Nach dem Abgang von Henriksen hat Malenovic seinen Chefs, Ancillo und Heliane Canepa, eine interne Lösung für die Nachfolge vorgeschlagen. Die Chefs wiederum haben, so erzählt das Malenovic, «explizit einen Wunsch» geäussert: «Dass ich dabei bin, dass ich unterstütze, dass ich Tipps gebe, wenn ich etwas sehe. That’s it.»
Den Auftrag der Canepas fasst er in einem Wort zusammen: «Quality-Management». Er soll auf und neben dem Platz prüfen, ob diese Lösung mit Ural und Romano funktioniert. Bekäme er den Eindruck, nein, das gehe nicht und sie bräuchten einen neuen Trainer, sofort!, würde er das nach oben melden. An diesem Punkt ist er nicht, im Gegenteil: «Ich habe ein gutes Gefühl.»
Als Anhaltspunkte dafür gibt Malenovic wieder, was er in den ersten Trainings mit Ural und Romano festgestellt hat: den neuen Wind, die neuen Ideen, die Dynamik, Kraft und Energie. «Ein Ruck ist durch die Mannschaft gegangen», sagt er. So ähnlich tönte es von Canepa, als Henriksen im Oktober 2022 den FCZ als Tabellenletzten übernahm.
Ural und Romano sind erstmals in der Super League in verantwortlicher Rolle tätig. Der 51-jährige Romano war einmal wenigstens in der Challenge League der Chef, 2017 während zehn Monaten beim FC Winterthur, allerdings mit überschaubarem Erfolg. Ural, der Jurist, der als Jugendanwalt tätig war, betreute beim FCW gut sieben Jahre die Jugend und die U-21, bevor er im Januar vergangenen Jahres als Assistent von Henriksen zum FCZ wechselte.
«Das ist keine Hexerei»
Den grossen Leistungsausweis bringen die beiden Neuen also nicht mit. Da helfen auch die vier Einsätze nicht weiter, die Ural an der Seitenlinie hatte, weil Henriksen entweder gesperrt oder krank war. «Wir haben viel Know-how im Trainerteam», sagt er. Er, der frühere Stürmer, will sich zusammen mit Gianluca Frontino mehr um die Offensive kümmern. Romano, der frühere Verteidiger, hat mehr ein Auge auf die Defensive.
Alles soll Hand in Hand gehen, alle wollen die gleiche Ausrichtung des Fussballs verfolgen: defensiv stabil, offensiv mutig. Das tönt nett und pauschal. Alles Taktische soll gemeinsam im Team entschieden werden, auch die Wechsel während eines Spiels. «Das ist keine Hexerei», sagt Ural. Und sonst hat Malenovic das allerletzte Wort?
«Ich bin dabei, wenn die Trainer mich fragen: ‹Was denkst du?›», antwortet Malenovic. «Aber sie sind die Trainer, sie haben die Aufgabe bekommen zu entscheiden. Also sollen sie das auch machen. Sie sollen Verantwortung tragen. Und wenn sie von etwas überzeugt sind, soll ich noch Einwände haben? Das mache ich nicht.» Es sei denn, er hätte das Gefühl, die beiden Trainer würden gleich «total danebenliegen». Dann hätte er schon gern Erklärungen dafür, warum und weshalb sie sich so entschieden haben.
Am Sonntag steht in Luzern der Ural-Romano-Fussball erstmals auf dem Prüfstand. Ein schwieriges Spiel, sagt Ural und tönt wie ein alter Hase.
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