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Meinung

Kommentar zum Krieg gegen Russland
Der militärische Druck der Ukraine wächst

Amerikanische Schützenhilfe: Die ukrainischen Streitkräfte haben inzwischen Raketenwerfer vom Typ M142 HIMARS aus den USA im Einsatz. (Archivbild 23.5.2011)

Seit Tagen erreichen die Ukraine Nachrichten westlicher Geheimdienste, die einigermassen ermutigend klingen – wenn von Ermutigung in diesem barbarischen Krieg überhaupt gesprochen werden kann. Prognostiziert wird, dass die russische Armee bald eine «Einsatzpause» einlegen müsse, dass ihr «die Puste ausgehen» werde, dass ihr Soldaten und Material fehlten – und dass Putin seine Kriegsziele auf absehbare Zeit nicht erreichen werde.

Diese – zugegeben unsicheren – Vorhersagen aus London und Washington mischen sich mit Erfolgsmeldungen aus Kiew, nach denen vor allem die jüngsten Lieferungen schwerer Waffen, etwa amerikanischer Raketenwerfer, es den ukrainischen Verteidigern ermöglicht hätten, den Russen schwere Verluste zuzufügen.

Was sich bisher nicht bewahrheitet hat, sind die Ankündigungen des ukrainischen Präsidenten, dass seine Truppen strategische Geländegewinne erreichen und besetztes Gebiet im Süden rund um Cherson und die Region Saporischschja befreien würden. Dabei wären gerade dort, wo das Terrorregime der russischen Besatzer zu Folter, Massendeportationen und Zwangsrussifizierung führt, militärische Erfolge jetzt besonders wichtig.

Die besetzten Gebiete werden von Moskau zwangsverwaltet, die Verschleppten werden von der russischen Propaganda teils ausgestellt wie Vieh.

Weit mehr als eine Million Menschen wurden bereits nach Russland verschleppt, die russische Führung spricht von «Evakuierten» und bestätigt damit ein Verbrechen, das erstaunlich wenig Widerhall bei all jenen findet, die immer noch meinen, man müsse mit Wladimir Putin verhandeln, die Ukrainer müssten Gebiete abgeben, Kompromisse schliessen.

Neben der Vertreibung nach Westen haben die Deportationen nach Osten das grösste menschliche Leid in diesem Krieg angerichtet. Die besetzten Gebiete werden, wie weggesperrt von der Welt, von Moskau zwangsverwaltet; in Russland kümmert niemanden das Schicksal der Opfer in Mariupol, Melitopol oder Nowa Kachowka. Die Verschleppten werden von der russischen Propaganda teils ausgestellt wie Vieh: Seht her, wen wir hier vor den Faschisten gerettet haben.

Die jüngst gelieferte, hochmoderne Artillerie hat Gegenschläge ermöglicht und Hoffnung geweckt.

Jeder Quadratkilometer, den die ukrainischen Truppen zurückholen könnten, wäre auch deshalb lebenswichtig. Aber abgesehen von kleineren Geländegewinnen hat sich in den vergangenen Wochen wenig bewegt. Wenn nun Wolodimir Selenski erneut betont, die ukrainische Armee habe das Potenzial, Territorium zurückzuerobern und die Besatzer zurückzuschlagen, dann lässt sich das sicherlich zum einen unter Trost und Motivation verbuchen; der Krieg dauert schon fünf Monate, die emotionale Belastung ist schwer erträglich.

Den zweiten Grund nannte Selenski in seinem jüngsten Appell, der sich ebenso an seine Landsleute wie an die westlichen Partner richtete, erneut selbst: Jede Bombe auf ukrainische Städte sei ein «Argument für mehr, modernere und effektivere» Waffen. Und es stimmt ja auch: Die jüngst gelieferte, hochmoderne Artillerie hat die russische Armee entlang, vor allem aber hinter der Front schwer unter Druck gesetzt; sie hat Gegenschläge ermöglicht und Hoffnung geweckt.

Russlands Aussenminister Sergej Lawrow hat jetzt verkündet, die Kriegsziele des Kreml umfassten nicht mehr nur die «Volksrepubliken», sondern auch die Region um Cherson und Saporischschja. Das sei nötig, weil der Westen der Regierung in Kiew nun Waffen mit immer grösserer Reichweite liefere. Lawrow lügt, wenn er von «neuen» Zielen spricht. Aber seine Äusserungen zeigen, dass der Druck der ukrainischen Armee wieder wächst.