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Kenneth Branagh in «This England»
Der Mann, der es mit Boris Johnson aufnimmt

«Viel Schminke»: Ja, das ist Kenneth Branagh in «This England» – und nicht Boris Johnson.
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Die Zeitgeschichte und ihre Verfilmung rücken immer näher zusammen, und für Schauspieler bedeutet das, reale Vorbilder zu verkörpern, die noch ganz präsent sind. Es zeugt von ungeheurem Selbstbewusstsein, den Vergleich mit dem Original gleich selbst herzustellen. Kenneth Branagh spielt in der Serie «This England» Boris Johnson, erst seit wenigen Wochen nicht mehr Premierminister, und zu Beginn der ersten Folge mengen sich ganz langsam unter die echten Nachrichten-Schnipsel die Bilder aus der Fiktion.

Branagh, der grösste lebende Shakespeare-Mime, -Regisseur und -Spezialist, kann sich eine solche Gegenüberstellung leisten. Denn erstens bringt er den von der Pandemie überforderten Premier sehr überzeugend auf den Punkt – und zweitens ist er in einem Stadium seiner Karriere angekommen, in dem selbst ein Scheitern ihn nicht mehr nachhaltig beschädigt hätte. Aber er scheitert gar nicht, sein Boris – die Serie «This England» läuft derzeit bei Sky – ist ausgesprochen überzeugend.

Hercule Poirot und Oscar für «Belfast»

Hinter Branagh liegt ein glorreiches Jahr. Er hat zum zweiten Mal sich selbst als Hercule Poirot inszeniert im aufwendigen Kostüm-Krimi «Tod auf dem Nil», vor allem als Streaming ein riesiger Erfolg. Im Frühjahr war sein Film «Belfast» für sieben Oscars nominiert, den für das beste Drehbuch hat Branagh gewonnen. «Belfast» ist ein sehr persönliches Werk: Den kleinen Jungen im Zentrum, Buddy, dem der Bürgerkrieg die behütete Kindheit nimmt, hat er aus seinen eigenen Erinnerungen geformt.

Branagh wurde 1960 in Belfast geboren, die Familie siedelte nach England über, als das protestantische Viertel um sie herum am Nordirland-Konflikt zerbrach – er erzählt davon humorvoll und melancholisch gleichermassen. Man vergisst den irischen Hintergrund bei Branagh leicht, er gehört ja zu den grossen Shakespeare-Spezialisten, so wie Laurence Olivier oder Judi Dench. Das ist eine besondere Kunst, die viel damit zu tun hat, sich eine artifizielle Sprache so anzueignen, dass sie ganz natürlich klingt.

Tragischer Clown, komplex wie eine Shakespeare-Figur

Am Rande eines Interviews zum «Belfast»-Film antwortete Branagh auf die Frage, wie er denn den damals noch amtierenden Premier zu spielen gedenke, lakonisch: «Mit viel Schminke.» Das stimmt, und ist in Nahaufnahmen auch zu sehen. Aber es ist auch ganz falsch, weil er unter seiner blonden Perücke die Gesten, die Macken und die Stimme von Johnson so genau trifft.

So sieht er wirklich aus: Kenneth Branagh mit seinem Oscar, den er im Frühling 2022 für «Belfast» gewann.

Bei Branagh liegen zum Brüllen komisch und zum Heulen oft sehr nah nebeneinander, fast wie im richtigen Leben. Auch sein Boris Johnson ist ein tragischer Clown, so komplex wie eine Shakespeare-Figur. Grandiose Selbstüberschätzung prägt sein Handeln. Er weiss schon, dass eine Vision und ein wenig Empathie dazu gehören würden, um als zweiter Winston Churchill in die Geschichte einzugehen – nur hat er sich immer alles viel, viel leichter vorgestellt.

Wenn er seinen Kindern nicht sagt, dass seine Freundin Carrie schwanger ist, bevor sie es publicityträchtig im Internet gepostet hat, hat er als Vater versagt, das ist völlig klar – und ist dann doch überrascht und enttäuscht, wenn es nicht gereicht hat, den älteren Kindern kurz vorher ein paar Sätze auf eine Mailbox zu stammeln. Es ist noch ein bisschen zu früh, um zu wissen, ob diese Charakterisierung stimmt, noch ist ja nicht mal sicher, ob Johnsons Polit-Karriere überhaupt zu Ende ist. Aber wenn Branagh ihn spielt, erscheint sie zumindest sehr plausibel.

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