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Corona-Prognosen für Grossbritannien
Der Freiheitstag ist ein Experiment mit vielen Unbekannten

Trotz stark steigender Infektionszahlen: Gemütliches Zusammensitzen in einem Londoner Pub.
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Dass die britische Regierung einer steil ansteigenden Infektionskurve zum Trotz nächsten Montag praktisch alle Lockdown-Restriktionen für England aufheben will, hat enorme Unsicherheit ausgelöst auf der Insel. Experten erwarten bereits für August täglich 1000 bis 2000 Neuaufnahmen von Covid-Patienten in den englischen Kliniken und 100 bis 200 Tote pro Tag.

Allerdings könnten die Zahlen auch wesentlich höher liegen, fürchten viele Forscher. Und länger als die früheren Wellen würde sich diese neue Welle mit Sicherheit halten – weil ihr ja kein Riegel mehr vorgeschoben werden soll. Der nächste Montag soll gemäss Regierung zum Freiheitstag werden.

Im günstigsten Falle, lautet eine Prognose des renommierten Imperial College London, sei in den nächsten zwölf Monaten im Vereinigten Königreich mit annähernd 10’000 weiteren Covid-Opfern zu rechnen. Schlimmstenfalls könnten es aber 115’000 sein. Die bisherige Zahl der Todesopfer liegt zwischen 128’000 und 154’000, je nach Erfassungsmodell.

Zwei Drittel der Erwachsenen sind voll geimpft

Schon jetzt steigt die Zahl der Neuinfektionen in Grossbritannien steil an wegen der seit Wochen dominierenden Delta-Variante des Virus. Im Augenblick werden bereits mehr als 30’000 positive Tests am Tag gemeldet. Nach Schätzungen des britischen Gesundheitsministers Sajid Javid könnte sich diese Zahl im August auf 100’000 erhöhen. Die Höchstmarke der letzten Welle, im Januar dieses Jahres, lag bei 60’000.

Die Regierung besteht jedoch darauf, dass wegen der weitflächigen Impfungen diese Zahlen nicht automatisch zu schweren Erkrankungen führen werden – und dass deshalb der Lockdown aufgehoben werden kann. Rund zwei Drittel der Erwachsenen im Lande sind inzwischen voll geimpft. Die wissenschaftlichen Beratergremien der Regierung zögern aber im Spitalbereich mit Voraussagen.

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Generell wird auf der Basis der Forschungsdaten des Imperial College und zweier anderer Tophochschulen vermutet, dass die Höchstzahl der Spitaleinlieferungen bei 2000 am Tag liegen dürfte. Das wäre weniger als die Hälfte der täglichen Einlieferungen von Covid-Patienten Mitte Januar. Freilich sei «nicht auszuschliessen», dass es auch wieder so schlimm kommen könnte wie im letzten Winter, warnen die Forscher.

Und auf jeden Fall dürfte sich die neue Welle sehr viel länger, «möglicherweise sechs Wochen lang», hinziehen, weil diesmal alle Restriktionen aufgehoben würden, erklärt der Forschungsleiter des Teams der Londoner Schule für Hygiene und Tropenmedizin, Professor Graham Medley: «Was wiederum eine beträchtliche Belastung des Gesundheitssystems bedeuten würde.»

Letztlich wisse niemand, was die Kombination aus extrem hohen Infektionszahlen und einem Ende der Restriktionen bringen werde, meinen die an den Prognosen beteiligten Wissenschaftler. Eine Unbekannte im Kalkül sei das Verhalten der Bevölkerung – ob nach Aufhebung des Lockdown nächste Woche alle Disziplin zusammenbreche oder ob weiter Vorsicht herrsche bei sozialen Kontakten überall im Land.

Sorge um noch aggressivere Corona-Variante

Unklar sei auch, wie viel mehr «Long Covid»-Fälle zu erwarten seien und wie gross die weitere Impfbereitschaft sei und die weitere Effizienz der Impfstoffe. Selbstverständlich, meint Graham Medley, habe das Impfen eine ungleich bessere Situation geschaffen: «Ohne Impfstoff hätten wir schon jetzt 300, 400, 500 Tote am Tag» statt nur 2 bis 3 Dutzend. Im Januar war die Zahl einmal auf 1800 hochgeschnellt.

Der grösste Faktor der Ungewissheit bleibt, nach allgemeinem Konsens, die Möglichkeit, dass sich irgendwann eine neue, noch aggressivere Corona-Variante durchsetzen könnte, begünstigt von der mittelfristig hohen Infektionszahl im Königreich. (Lesen Sie auch den Artikel «Was Grossbritannien über Delta lehrt».)

Ein plötzliches neues Anschwellen der Zahl der Patienten und Todesopfer könne immerhin auch «von einem relativ niedrigen Ausgangspunkt her» kommen und «ernste Probleme schaffen», sagt der Statistiker Thomas House von der Universität Manchester. Für diesen Fall sei es «zweifellos eine gute Idee, wenn man auch für eine solche Situation einen Plan parat hat».